Level 4.2 - Zurück in der Stadt der Kinder
warnatürlich nicht auf diese Idee gekommen. Mit einem Satz hüpfte Achmed auf den ersten Kübel. Es funktionierte besser, als er
gehofft hatte. Mit riesigen Schritten holte er Kolja schnell ein, hüpfte an ihm vorbei und rief ihm mit gestrecktem Mittelfinger
zu: »Ey, du lahme Socke!«
Kolja schaute ihm nach. Achmed rutschte auf der Kante des letzten Kübels aus und landete mit einem Bauchklatscher im Wasser.
Kolja schüttete sich aus vor Lachen: »Besser eine lahme Socke als ein nasser Sack!«
Achmed tauchte auf, nun von Kopf bis Fuß durchnässt, fluchte und schüttelte sich.
Die beiden bogen um die nächste Ecke – und blieben mit offenen Mündern stehen. Keine zwanzig Schritte vor ihnen verließ der
kindliche König das Schlauchboot und betrat das Haus zur linken Seite. An dieser Stelle aber gab es im Haus weder Türen noch
Fenster.
»Der . . . der . . .«, stotterte Achmed und vergaß vor lauter Verblüffung sogar sein obligatorisches »ey«.
Kolja wusste, was Achmed sagen wollte. Der König war durch die Wand gegangen! Seine Helfer schoben das Schlauchboot wieder
fort. Niemand, der es nicht zufällig gesehen hätte, wäre je auf die Idee gekommen, dass an dieser Stelle das Haus betreten
werden konnte.
Kolja watete auf die Stelle zu, tastete sie ab. Er fühlte eine feste, undurchdringliche Wand, schlug mitder Faust dagegen. Das war eine Wand, zweifelsohne.
Achmed begann schon an seinem Verstand zu zweifeln. »Du hast es doch auch gesehen, oder, ey? Der Typ ist doch hier durchgegangen!«
Zur Unterstreichung seiner Worte pikste er mit dem Finger gegen die Mauersteine.
Kolja nickte ihm zu.
»Wie kann denn das sein, ey?«
Kolja zuckte mit den Schultern, kratzte sich am Kopf.
Achmed zog sein Handy hervor.
»Wir müssen den anderen sagen, dass wir den König verloren haben!«
Er wählte Bens eingespeicherte Nummer.
»Das glauben die uns nie, ey!«
Während er auf die Verbindung wartete, schaute er auf seine Schuhspitzen. Das machte er oft beim Telefonieren. Es war eine
unbewusste Handlung. Diesmal wurde ihm bewusst, wohin er schaute. Durch das Wasser hindurch konnte er seine Schuhspitzen nicht
sehen.
»Geh schon ran, ey!«, sprach er mit sich selbst, blickte auf und . . .
Er ließ seinen Arm sinken.
»Kolja?«
Achmed drehte sich einmal um sich selbst. »Wo steckst du, ey?«
»Hallo?«, meldete sich Ben aus dem Handy.
Achmed hörte ihn nicht. Verwundert stand er da. Von Kolja keine Spur.
»Was soll das, ey?«, schimpfte er. »Wo steckst du?«
»Hallo!«, rief Ben in den Hörer.
Jetzt hatte Achmed es gehört. Er legte sich das Handy ans Ohr und sagte: »Kolja ist verschwunden!«
Überfall
Ben nahm Achmeds Schilderungen mit versteinerter Miene entgegen. Zuerst drehte Kathrin durch, dann mutierte Miriam zu einer
stumpfsinnigen Busfahrerin und jetzt war auch noch Kolja verschwunden.
»Und warum hat es uns noch nicht erwischt?«, fragte Frank.
Ben wusste es nicht. Vielleicht war es nur Zufall. Doch bevor sie weiter darüber nachdachten, musste das Wasser gestoppt werden.
Wenn ihnen das erst einmal gelänge, könnten sie sich anschließend ins Museum zurückziehen und in aller Ruhe die nächsten Schritte
planen. Aus einem Gefühl heraus glaubte Ben, dass sie im Museum halbwegs sicher waren. Jetzt aber mussten sie alle verfügbaren
Kräfte im Kampf gegen das Wasser mobilisieren. Also beorderte er Achmed zum Wasserwerk und bat auch Jennifer, dorthin zu kommen.
Wie Ben befürchtet hatte, weigerte sich Jennifer. Sie wollte ihre beste Freundin nicht im Stich lassen. Es dauerte eine ganze
Weile, ehe Ben sie überzeugt hatte, dass Jennifer im Moment nichts für Miriam tun konnte und sie Miriam auch sicher nicht
aus den Augen verlieren würden. »Sie folgt einem Programm«, war Ben sich sicher. »Sie wird einfach immer nur die Busstrecke
rauf-und runterfahren, bis der Spieler ihr eine andere Rolle zuteilt!«
Jennifer ließ sich überzeugen, wenngleich sie Miriam nur ungern verließ. Sie stieg an der nächsten Station aus. Sie waren
schon recht weit vom Stadtzentrum entfernt. Bis hierher war das Wasser zwar noch nicht gekommen, aber zu Fuß zurückzukehren
würde zu lange dauern. Jennifer hoffte sich irgendwo ein Fahrrad besorgen zu können, ohne gleich von einem der kindischen
Polizisten angehalten zu werden.
Auf der gegenüberliegenden Straßenseite entdeckte sie ein schönes rotes Mountainbike, das an der Hauswand lehnte. So eines
hätte sie sich gern zum
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