Level 4.2 - Zurück in der Stadt der Kinder
dort seine Vorbereitungen beendet! Wir kommen
dann auch dorthin!«
Miriam nickte. Sie verstand es zwar nicht richtig, aber etwas Besseres fiel ihr auch nicht ein. Sie überlegte, wen sie mit
der Aufgabe betrauen konnte, schaute vom Dach des Busses über die Schar von Kindern hinweg und entdeckte plötzlich lächelnd
einen alten Bekannten. Sie hatte gar nicht mitbekommen, dass der sich unter die Helfer gemischt hatte.
»Norbert!«, rief sie.
Norbert, der Junge von der freiwilligen Jugendfeuerwehr. Sie sprang vom Bus und landete bis zu den Knien im Wasser. So schnell,
wie das Wasser gekommen war, so verschwand es auch wieder. Offenbarfolgte selbst so ein natürliches Element wie Wasser den virtuellen Regeln eines Computerspiels. Das Motorboot war schon auf
Grund gelaufen und in eine Schräglage gefallen. Gerade hatte Miriam noch gehofft, mit dem Boot zum Rathaus fahren zu können.
Sie lief auf Norbert zu und fiel ihm zur Begrüßung um den Hals. Die beiden hatten sich sehr lange nicht gesehen – zuletzt
bei ihrem ersten Abenteuer in der »Stadt der Kinder«. Nachdem sie damals aus dem Spiel herausgefunden hatten, war Norbert
nie wieder in Miriams Leben aufgetaucht. Man konnte fast glauben, er wäre nur eine Figur aus dem Computerspiel . . .
Leider blieb auch jetzt keine Zeit für einen langen Austausch von Nettigkeiten. Miriam erklärte schnell, worum sie Norbert
bat.
Der nickte ihr mit einem Lächeln zu, das ebenfalls ein großes Bedauern ausdrückte, sie so lange nicht gesehen zu haben.
»Danke!«, hauchte Miriam ihm entgegen, gab ihm ein Küsschen auf die Wange.
»Die werde ich nie mehr waschen!«, lachte Norbert und winkte Miriam hinterher, die schon wieder zum Bus zurückkehrte.
»Wir sehen uns im Museum. Verlass dich auf mich!«, rief Norbert.
»Endlich!« Jennifer platzte bald vor Ungeduld. Sie wähnte Ben in Gefahr und es wurde Zeit, ihm zu Hilfe zu eilen.
Miriam übernahm das Steuer des Busses, schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass der Motor die Überschwemmung gut überstanden
hatte, und drehte den Zündschlüssel herum. Der Motor sprang sofort an.
»Gute deutsche Wertarbeit!«, kommentierte Miriam.
»Das ist ein Japaner!«, korrigierte Jennifer.
Bürgerkrieg!
Die Fahrt zum Rathausplatz war sehr bedrückend, fand Jennifer. Als sie das erste Mal die Strecke in die entgegengesetzte Richtung
gefahren waren, weil sie eigentlich zum Zoo wollten, war die Stadt noch in Ordnung gewesen. Seltsam, aber in Ordnung. Viele
Kinder hatten die Funktionen der Erwachsenen übernommen, die Geschäfte geleitet, die Polizeifunktionen ausgeübt und sich wie
erwachsene Geschäftsleute benommen, auch wenn sie damit mitunter überfordert gewesen waren. Doch die Stadt hatte aufgeräumt,
organisiert und ordentlich gewirkt. Sogar ein bisschen zu ordentlich für Jennifers Geschmack.
Jetzt fuhren sie durch eine Stadt, die wirkte wie nach einem Krieg. Das Wasser hatte seine Spuren hinterlassen. Schaufenster
und Türen waren zum großen Teil zerstört, die Waren aus den Läden lagen verstreut in den Straßen, manche Häuserwände waren
eingestürzt und die Fassaden auseinandergebrochen. Jennifer sah Kinder verzweifelt am Straßenrand stehen oder damit beschäftigt,
notdürftig aufzuräumen. Andere irrten orientierungslos durch die Stadt. Einige durchforsteten die herumliegenden Reste nach
brauchbaren Dingen oder versuchten gar, die noch halbwegs unversehrten Geschäfte zu plündern. Hier und da triebenkleine Polizisten die Streuner und Plünderer mit Knüppeln auseinander, andere in Uniform aber vergaßen ihre Pflichten und
machten sich selbst daran, alles einzustecken, was nicht schnell genug bewacht oder weggeschlossen werden konnte.
Das Chaos, das Jennifer und Miriam früher in der Stadt der Kinder im Einkaufszentrum erlebt hatten und das noch am Morgen
von ihnen vermisst worden war, hatte sich nun im ganzen Zentrum der Stadt ausgebreitet.
Die Schüsse, die die Mädchen alarmiert hatten, waren nur noch vereinzelt zu hören. Miriam bog um die Ecke auf den Rathausplatz
ein und bremste scharf.
Jennifer konnte sich zwar gerade noch an einer Stange festhalten, fiel aber dennoch zu Boden.
»Mensch!«, fluchte sie. »Pass doch aufl«
Doch dann erkannte sie, weshalb Miriam so abrupt gebremst hatte. Keinen halben Meter vor ihnen lag ein riesiger Haufen Pflastersteine
mitten auf der Straße. Hätte Miriam nicht so geistesgegenwärtig reagiert, wäre sie direkt in den Steinhaufen
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