Level 4.2 - Zurück in der Stadt der Kinder
mit Palmenblättern Luft zufächerten.
Links vom Thron baumelte eine Hängematte zwischen zwei weiteren Palmen, rechts vor dem Thron stand ein Formel- 1-Ferrari . Hinter dem Thron türmten sich so gewaltige Lautsprecher-Boxen auf, dass den Bikini-Mädchen davor eigentlich die Ohren wegfliegen
mussten, wenn jemand Musik anstellte.
An der Decke hingen neben prächtigen Kronleuchtern farbige Spots und Discokugeln, an den Wänden prangten zwischen Gemälden
alter Meister überdimensional vergrößerte Playboy-Poster. Auf der linken Seite des Saales standen wie in einer Fressmeile
eines Jahrmarktes eine Popcorn-Maschine, ein Eiswagen, eine Dönerbude und ein Fritten-Imbiss. Auf der gegenüberliegenden Seite
war ein kleines DV D-Kino aufgebaut und davor etwas, das Frank sofort als eine Trainingsstätte für Kickboxer erkannte: Boxring, Sandsack, Hantel- und
Fitnessgeräte, Poster von Kickboxern.
Auf dem Thron lümmelte sich der König! Pickeliges Gesicht, Haare, von denen man nicht wusste, ob sievor Fett oder Gel so glänzten. Auf der gepiercten Nase saß eine schwarze Sportlerbrille und statt Gewand und Schärpe trug
dieser König Schlabberhosen, Nike T-Shirt , Baseballkappe und Sportschuhe.
Als Ben, seine Freunde und die Gefangenen vor ihm standen, richtete sich der König, den Miriam auf etwa fünfzehn schätzte,
leicht auf und sah sie durch seine kleinen, schmalen Augen einerseits misstrauisch, andererseits zufrieden an.
»Kolja?«, fragte er und zeigte auf ihn.
Kolja schluckte. Und nickte.
»So, so!«, schmunzelte der König. »Al-Cas Hauptmann! Welch nettes Geschenk!«
Al-Ca?, schoss es Ben durch den Kopf.
Jennifer hatte sofort eine schreckliche Assoziation mit der weltweit gefürchteten Terrortruppe. Was hatte die mit dieser Stadt
der Kinder zu tun? Der Anführer der Vermummten hatte doch wohl nicht etwa die Terroristen zum Vorbild?
Al-Ca! Diesen Namen kannte Ben doch. Er hatte ihn schon einmal gehört. Ganz sicher!
»Dann ist seine Truppe ja deutlich angeschlagen!«, freute sich der König, während Kolja mulmig in der Magengegend wurde.
War er eine so wichtige Figur bei den Vermummten gewesen? Und wer waren diese Vermummten wirklich? Was hatte er alles angestellt?
Kolja spürte, wie schwer es ihm plötzlich fiel, seine Rolle als gefangenerHauptmann weiterzuspielen. Was würde der König mit ihm anstellen? Was, wenn er als Terrorist angesehen wurde? Mit gefangenen
Terroristen spaßten Könige nicht. So viel stand mal fest. Er sah verstohlen zu Jennifer hinüber. Auf welche Schnapsidee hatte
er sich hier eingelassen? Für einen Moment überlegte Kolja, ob er die ganze Sache nicht auffliegen lassen sollte.
Jennifer erwiderte Koljas Blick. Sie sah die Furcht in seinen Augen. Schnell schaute sie weg. Und rief sich in Erinnerung,
weshalb sie hier waren: Sie wollten herausbekommen, wer und wo der Anführer der Vermummten war. Sie wollten herausbekommen,
wo die Programmierzentrale der Königstreuen war und wie man sie abstellte. Doch all diese Gedanken spielten plötzlich keine
Rolle mehr, als der König freundlich seinen Befehl gab: »Nehmt sie fest! Alle!«
»Was?«, schrie Frank. Da waren schon zwei Leibwächter bei ihm, die ihn festhielten.
»Was soll das?«, empörte sich Miriam. »Wir haben dir schließlich den Hauptmann ausgeliefert!«
»Das war auch sehr nett von euch!«, schmunzelte der König. »Über kurz oder lang hätte ich ihn sicher selbst gefangen, aber
so ging es schneller!«
Jennifer rief den Leibwächtern, die sie festhielten, schnell das Codewort zu, in der Hoffnung, sie damit aus ihrer Rolle zu
befreien.
Doch nichts geschah.
Der König lachte: »Gar nicht so dumm! Aber diesind gar nicht programmiert! Sie machen es aus Überzeugung. Genau wie ihr!«
»Ihr seid unabhängig?«, wunderte sich Ben.
Die Leibwächter nickten. Ben begriff. Er hatte geglaubt, alle Unabhängigen hätten sich bei Thomas und Achmed im Museum versammelt.
Auf die Idee, dass es auch Unabhängige geben konnte, die sich aus freiem Willen und Überzeugung dem König oder den Vermummten
angeschlossen hatten, war er gar nicht gekommen. Aber es war ja nur logisch. Auch in der realen Welt gab es schließlich genug
Gauner und machthungrige Karrieristen. Die brauchte man gar nicht zu programmieren. Die waren auch so blöd genug.
»Nur, dass eure Zeit jetzt abgelaufen ist«, sprach der König weiter. »Ich habe keine Lust, mir von euch in die Suppe spucken
zu
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