Level 4.2 - Zurück in der Stadt der Kinder
sofort ein. »Ich kann die nicht bezahlen!«
Daran hatte Ben nicht gedacht. Die Stadt funktionierte diesmal ganz anders. Alle Posten waren besetzt. In den Läden gab es
Verkäufer. Eine starke Polizei kontrollierte die Stadt. Wie sollten sie ohne Geld an Lebensmittel herankommen? Wie sollten
sich die Kinder der Stadt ernähren?
Ben erinnerte sich an den Jungen, der Geld aus dem Automaten gezogen hatte. An das kindliche Pärchen, das sich Eheringe angeschaut
hatte. Wo hatten die das Geld her?, fragte er sich.
»Wieso?«, wunderte sich Thomas über die Fragen. »Das ist doch ganz einfach: die arbeiten. Wie Erwachsene es auch machen! Ihr
habt es doch gesehen: Es gibt Verkäufer, Polizisten . . .«
»Aber woher können die das?«, präzisierte Ben seine Zweifel.
Wenn eine ganze Stadt mehr oder weniger reibungslos funktionierte, als wären Erwachsene da, ging etwas nicht mit rechten Dingen
zu.
»Man müsste mal jemanden fragen, wie das Ganze hier funktioniert!«, meinte Ben. Kaum hatte er das ausgesprochen,fiel ihm ein: »Himmel, wir haben noch den Polizisten im Kofferraum!«
Kolja und Achmed grinsten sich an und liefen los, um den Gefangenen aus dem Kofferraum zu holen. Sie kamen zu spät. Der Wagen
stand mit offener Kofferraumklappe vor der Schule. Der Polizist war verschwunden.
Untergrund
Die Kinder versammelten sich im Musikraum. Thomas zählte die Gruppe durch. Sie waren 54 Personen. In dem Moment kamen Achmed und Kolja herein und berichteten, dass der gefangene Polizist sich befreit hatte. Allen
war klar: Er würde zurückkommen, und zwar mit Verstärkung.
Damit war die Schule als Unterschlupf zu unsicher geworden. Nicht nur Thomas ärgerte sich darüber. Nirgends würden sie so
optimale Bedingungen vorfinden wie in der Schule: genügend Platz, Duschen, Toiletten und eine komplette Küche.
»Lasst uns trotzdem erst einmal hierbleiben«, meinte Jennifer. »Miriam und ich schauen uns in der Stadtbücherei und im Museum
um. Vielleicht können wir dorthin umziehen! In der Zwischenzeit könnt ihr doch schon mal Lebensmittel besorgen!«
»Wie denn?«, fragte Ben.
Frank griff in seine Hosentasche und fand dort fünf Euro. Er legte den Schein auf einen Stuhl und forderte die anderen auf,
ebenfalls ihr gesamtes Bargeld hervorzuholen. Es kamen dreihundertzwölf Euro und achtundsiebzig Cent zusammen.
»Krass, ey!«, freute sich Achmed. »Davon kann man voll fett einkaufen!«
Miriam lachte auf. »Du warst wohl noch nie einkaufen! Was meinst du, wie schnell die Kohle weg ist, wenn man für . . . wie
viele sind wir?«
»54!«, antwortete Thomas.
». . . für 54 Personen einkauft!«
Achmed zuckte mit den Schultern. Er hatte mal an einem großen Hochzeitsfest seines Cousins teilgenommen, erzählte er. Dort
waren 120 Gäste gewesen. Sein Onkel hatte drei Lämmer geschlachtet und . . .
»Das kommt nicht infrage!« Der Einwand kam von Kathrin. »Wir werden kein Tier töten!«
»Wieso das denn nicht, ey?«, wunderte sich Achmed. »Wie sollen wir uns denn sonst ernähren?«
»Wir holen Essen aus den Supermärkten!«, verlangte Kathrin.
Achmed tippte sich an die Stirn. »Meinst du, die Rinder, aus denen die Supermarkt-Steaks gemacht sind, haben sich alle selbst
umgebracht?«
»Von mir aus brauchen wir überhaupt kein Fleisch!«, entgegnete Kathrin, aber sie wusste, dass ihr Vorschlag keine Mehrheit
finden würde.
Noch bevor Achmed, Frank, Kolja und einige andere Jungs auf sie losgehen konnten, willigte sie ein, vorhandenes Fleisch zu
kaufen, lehnte es aber nach wie vor ab, dass extra ein Tier geschlachtet werden würde.
Murrend stimmten die anderen zu; weniger, um Kathrin einen Gefallen zu tun, sondern mehr, weil sich niemand wirklich getraut
hätte, ein Tier zu töten.
»Ob auf dem Schlachthof auch Kinder arbeiten?«, fragte sich Jennifer.
Kathrin quiekte auf. Das wollte sie gar nicht wissen. Achmed nutzte die Gelegenheit, um sich an Kathrin zu rächen. »Bestimmt,
ey!«, vermutete er. »Vielleicht gibt es dort jetzt neue Spezialitäten wie Löwenfleisch und . . .!«
»Der Zoo!«, schrie Kathrin. Ihr Gesicht war rot angelaufen. Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. Man sah ihr förmlich
an, wie sie sich vorstellte, dass eine Horde fieser, kleiner Schlachter mit blutigen Schürzen und gewetzten Messern einen
Marsch auf den Zoo unternahm, um alles, was sie für essbar hielten, niederzumetzeln.
»Wir müssen den Zoo schützen!«, rief Kathrin in die
Weitere Kostenlose Bücher