Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lewis, Michael

Lewis, Michael

Titel: Lewis, Michael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: The Big Short
Vom Netzwerk:
Reaktion zu sehen, eine physische Reaktion, denn aussprechen
wollte es keiner. Ich sah lediglich ein breites Grinsen.« Da er der Sache auf
den Grund gehen wollte, rief er S&P an und wollte wissen, was mit der
Ausfallquote passiert, wenn die Immobilienpreise sinken. Der Mann von S&P
wusste darauf keine Antwort, denn bei ihrem Modell für Hauspreise konnte keine
negative Zahl eingegeben werden. »Sie gingen einfach davon aus, dass die
Immobilienpreise konstant nach oben kletterten«, sagte Eisman.*
     
    * Ein Sprecher von S&P bezweifelte später, dass ein
Mitarbeiter von S&P das gesagt hätte, da in ihr System selbstverständlich
negative Zahlen eingegeben werden können.
     
    Schließlich
setzte er sich mit Vinny in die U-Bahn und fuhr in die Wall Street, um die
S&P-Mitarbeiterin Ernestine Warner zu treffen. Sie arbeitete als Analystin
in der Überwachungsabteilung. Diese Abteilung war für die Beobachtung und
Abwertung von Subprime-Anleihen zuständig, falls die zugrunde liegenden
Darlehen faul wurden. Tja, sie wurden zwar faul, aber es kam nichtsdestotrotz
zu keiner Abwertung - und so fragte sich Eisman erneut, ob S&P mehr wisse
als er selbst. »Als wir die Anleihen leerverkauften, standen uns lediglich die
Daten auf Poolebene zur Verfügung«, erläuterte er. Diese enthielten allgemeine
Merkmale - die durchschnittlichen FICO-Werte und Beleihungsquoten, die
durchschnittliche Anzahl von Krediten, die ohne Einkommensnachweis vergeben
wurden, und so weiter - doch keine Beschreibung einzelner Darlehen. So wusste
man anhand dieser auf Poolebene erhobenen Daten, dass 25 Prozent der
Eigenheimkredite eines bestimmten Pools ausfallversichert waren, aber man
erfuhr nicht, welche das waren - die mit sehr hoher Ausfallwahrscheinlichkeit
oder die mit sehr niedriger. Es war unmöglich zu sagen, wie übel die
Wall-Street-Unternehmen das System manipuliert hatten. »Wir gingen natürlich
davon aus, dass die Ratingagenturen über mehr Daten verfügten als unsereins«,
berichtete Eisman. »Aber da hatten wir uns getäuscht.«
    Ernestine
Walter arbeitete mit genau denselben ungenauen Zahlen, wie sie auch Händlern
wie Eisman vorlagen. Das war doch krank: Diejenigen, die den Wert von Anleihen
ermitteln sollten, hatten keinen Zugriff auf relevante Informationen darüber.
Vinny erinnerte sich: »Als wir sie nach dem Grund fragten, sagte sie uns:
>Die Emittenten wollen sie uns nicht geben.< An dem Punkt stieg ich aus:
>Na, dann müssen Sie diese Informationen eben anfordern!< Sie sah uns mit
diesem Blick an, der uns sagen sollte: Aber das geht doch nicht! Wir erwiderten:
>Wer ist hier der Boss? Sie sind doch eine erwachsene Frau! Es ist doch Ihr
Job als Aufpasser! Sagen Sie denen einfach, die sollen Ihnen diese Scheißdaten
geben, verflixt noch mal!!!<« Eisman kam zu dem Schluss: »S&P hatte ganz
einfach Angst, dass die Wall Street ihre Bewertungen hinfort bei Moody's
erstellen lassen würde, wenn S&P auf diesen Daten beharrte.«*
     
    * Am 22. Oktober 2008. sagte der ehemalige Mitarbeiter von
S&P Frank Raiter, der sich als Analyst mit Subprime-Hypothekenanleihen
befasst hatte, vor dem Kontrollausschuss des US-Repräsentantenhauses aus, dass
der Geschäftsführer von S&P, der die Abteilung für die Überwachung von
Subprime-Hypothekenanleihen leitete, »der Ansicht war, dass Daten auf
Darlehensebene überflüssig sind, was zur Folge hatte, dass sämtliche Anträge
auf Bewilligung von Mitteln zur Generierung interner Datenbanken abgelehnt
wurden«. Raiter legte dem Ausschuss eine E-Mail von Richard Gugliada, dem für
CDO-Bewertungen zuständigen Geschäftsführer von S&P, vor, in der es hieß:
»Sämtliche Anfragen nach Daten auf Darlehensebene sind ausgemachter Schwachsinn!!
Die meisten Kreditgeber haben so etwas nicht und können es auch nicht
beibringen. Trotzdem müssen wir
natürlich Kreditschätzungen durchführen... Kreditschätzungen fallen in Ihren
Zuständigkeitsbereich, und es ist Ihre Aufgabe, vernünftige Methoden dafür zu
entwickeln.«
     
    Als
Investor durfte Eisman der vierteljährlichen Telefonkonferenz von Moody's zwar
zuhören, aber es war ihm nicht gestattet, Fragen zu stellen. Die Mitarbeiter
von Moody's hatten jedoch Verständnis für Eismans Verlangen nach einer
authentischen Form der Interaktion, weshalb CEO Ray McDaniel Eisman und sein
Team in sein Büro einlud - diese freundliche Geste sicherte ihm einen Platz in
Eismans Herzen. »Werden Leerverkäufer denn irgendwo gerne gesehen?«, fragte
Eisman. »Wer

Weitere Kostenlose Bücher