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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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jeder anderen Person hätte sich das beleidigend angehört, aber nicht aus dem Victorias. Sie wandte sich an Albert. »Was meinst du, mein Lieber?«
    »Hmm …«
    Sie nickte in Richtung Col. »Ich bin mir sicher, dass er nur unser Bestes will.«
    »Zweifelsohne. Zweifelsohne. Und wir müssen auch an die kleine Henrietta denken.«
    »Oder den kleinen Henry.«
    »Henrietta.«
    »Henry.«
    Albert nahm Victorias Hand. »Wir werden ja sehen.«
    »Das werden wir. Das werden wir.« Victoria strahlte über das ganze Gesicht.
    Sie gingen so zärtlich miteinander um, dass Col sofort an Riff denken musste – und schon fühlte er einen stechenden Schmerz. Er fiel wieder in seine düstere Stimmung zurück; die Welt vor ihm verschwamm. Er sah auf seine Füße, denn Tränen standen in seinen Augen.
    Victoria, die seinen Stimmungsumschwung bemerkt hatte, flüsterte in Alberts Ohr: »Sieh nur, er denkt gewiss an Sephaltina.«
    »Meinst du?« Flüstern gehörte nun gerade nicht zu Alberts Repertoire. »Die Frau, die ihn …?«
    »Verlassen hat. Genau.«
    »Schlechter Stil! Schlechter Stil! Sie hätte bei ihm bleiben sollen.«
    »Psst.«
    Col hatte sich inzwischen gefangen. »Also, begleiten Sie mich nun zur Norfolk-Bibliothek?«
    »Ähm, ich glaube …«, Albert zwirbelte seinen nicht mehr vorhanden Schnurrbart, »ich glaube … ja.«
    Victoria nickte und drehte sich zu ihrem Majordomus und ihrer Hofdame um. »Ihr werdet uns doch begleiten?«
    »Selbstverständlich, Eure Majestät«, sagte Morkins sofort.
    »Selbstverständlich, Eure Majestät.« Beddle nahm eine Position ein, als wollte er gleich zu einem Boxkampf antreten.
    Col erklärte, dass sie wirklich nur die allernotwendigsten Sachen mitnehmen konnten, was Victoria und Albert viel weniger ausmachte als ihren Bediensteten Beddle und Morkins. Die nächste halbe Stunde verging mit Packen.
    Col konnte Riff nicht aus seinem Kopf bekommen. Gestern war es ihm leichter gefallen. Es schien von Tag zu Tag schwerer zu werden, die Beziehung als beendet zu betrachten.
    Zurück in der Bibliothek, half er Gillabeth, ein Regal zu verschieben, um Platz für das Ex-Königspaar und Beddle und Morkins zu schaffen. Col half zwar, aber er war nicht mit seinen Gedanken dabei. Er bewegte sich wie in einer Wolke, und nur Gillabeths schärfste Befehle konnten ihn in die Realität zurückholen. Die dunkle Stimmung hielt sich bis zum Abend. Nun sei doch vernünftig, versuchte er sich zusammenzureißen. Aber nichts half.
    In der Nacht wurde der Kummer noch unerträglicher. Er drehte und warf sich auf seiner Matratze herum und presste seine Hände gegen den Schmerz in seinem Kopf. Wieso spürte er seinen Schmerz so körperlich? Er hätte niemals gedacht, dass es so wehtun würde.
    33
    Am nächsten Morgen tauchte Mr. Gibber wieder auf. Er hatte es aufgegeben, beleidigt zu sein, und sich entschieden zu vergeben und zu vergessen. Er stand in der Tür und gab bekannt, dass er sich mit Murgatrudd wieder vertragen wolle.
    »Wo sind Sie gewesen?«, wollte Gillabeth wissen.
    »In tiefster Verzweiflung!« Mr. Gibber stöhnte und warf seine Arme in die Luft. »O Murgatrudd!«
    Wie sich herausstellte, war Murgatrudd auf der Suche nach Fressen gewesen, und als Mr. Gibber ihn entdeckte, leckte er gerade einen Teller ab, den eines der Kinder des Silberschmieds auf dem Boden vergessen hatte.
    Mr. Gibber eilte auf sein Schoßtier zu. »O Murgy, mein Murgatrudd!«
    Col und alle anderen unterbrachen ihre Tätigkeit und sahen Mr. Gibber zu, den das nicht im Geringsten zu stören schien. Ganz im Gegenteil, nun verdoppelte er die Dramatik seiner Vorstellung.
    »Wie konnten wir uns nur voneinander trennen, wie konnten wir nur falschen Stolz zwischen uns treten lassen? Was ist schon Stolz, verglichen mit dem, was wir gemeinsam erlebt haben?«
    Murgatrudd hatte den Teller abgeleckt und bedachte sein Herrchen mit einem unergründlichen Blick aus seinen bernsteinfarbenen Augen.
    »Ach ja, du und ich, alter Freund!« Mr. Gibber näherte sich dem Tier halb auf Knien. »Du räudiges altes Klappergestell. Arthritis in deinen Gelenken und Motten in deinem Fell! Du vierbeiniges Gerippe. Und für mich noch immer das beste Schoßtier der Welt!«
    Er hielt Murgatrudd eine Hand hin, aber das Tier beachtete sie nicht. Als nächstes setzte Mr. Gibber seine einschmeichelndste Stimme ein. »So klapprig und zerschlissen. Das nennst du Fell? Das einen Schwanz? Ach, Murgy, wir sind doch füreinander gemacht! Du bist das, was ich verdiene. Du ein

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