Liberty: Roman
leben, wie ein geprügelter Hund. Sofort gehe ich zu der englischen Dame und erzähle alles, was ich gesehen habe; ich will nicht zurück in diese Schule.
In Moshi erkläre ich es den Larssons.
»Okay«, sagt Jonas, »wenn das mit der Schule nichts wird, dann musst du im Projekt arbeiten. Später kannst du dann vielleicht auf die Sägewerksschule in Schweden gehen.«
»Ja«, sage ich. Aber Jonas ist nicht mehr in der Waldschule FITI . Die mobilen Sägewerke am West-Kilimandscharo sind in Betrieb. Ich soll im Büro in Moshi sitzen, das für Vertrieb, Buchhaltung und Administration zuständig ist. Jonas hat einen Holzlagerplatz an der Sperrholzfabrik in Boma la Mbuzi in der Nähe von Pasua gemietet, dort soll das Büro gebaut werden. Aber das ist noch nicht klar.
Ich bin wieder im Haus gestrandet. Sie erwarten, dass ich auf Solja und Rebekka achte und mich zusammen mit dem Wachmann und dem Gärtner um das Haus kümmere. Katriina mag ihnen keine Befehle geben, und Jonas spricht Swahili noch immer wie ein Tauber. Er ist auch viel weg, weil er mit Asko nach Dar und Mbeya reisen muss, um sich andere Sägewerksprojekte anzusehen. Katriina bleibt bei Rebekka, damit sie ordentlich Schwedisch lernt und nicht nur Swahili.
Ich bin es, der Solja morgens weckt, ihr das Pausenbrot schmiert, sie zur Schule fährt, dem Gärtner sagt, was er zu tun hat, auf den Markt fährt und Essen für alle Münder beschafft, in jeder Pause Titas Papaya pumpt und das Abendessen, das Essen für den Hund und den Kaffee für den Wachmann zubereitet – alles.
MÄDCHEN FÜR ALLES
Nach einer Weile beginne ich für das Projekt zu arbeiten. Ich fange mit dem Lager an – kümmere mich um die Reserveteile und das Arbeitszeug. Alles kommt aus Schweden, und ich sorge dafür, dass wir ein paar einbruchssichere Räume bauen, die mit Regalen und großen Vorhängeschlössern versehen werden.
Asko ist beim FITI .
Eines Tages sind alle aus der Verwaltung bei einer Sitzung im FITI . Asko spricht darüber, dass einige von uns später nach Schweden geschickt werden sollen, um ein paar Dinge zu lernen. Alle wollen gern fahren.
»Aber das ist erst möglich, wenn das Projekt rund läuft – dann müssen einige Leute angelernt werden, die unsere Posten übernehmen können, wenn wir nach Hause fahren. Es geht um ein Praktikum in Tansania, aber auch in Schweden.«
Die Tagelöhner wohnen bei den Sägewerken in den Bergen. In der ersten Zeit musste für sie ein Dorf gebaut werden. Ständig ist Baumaterial beizuschaffen: Fensterglas, Nägel, Schrauben und Beschläge für die Dachsparren. All dies besorge ich in Moshi und Arusha. Dachbleche sind schwer zu beschaffen; das Projekt versucht sie in Schweden zu bestellen, aber dort sind sie zu teuer, stattdessen beziehen wir sie aus Kenia. Doch die Grenze ist im Prinzip geschlossen, was zu einer Menge Bürokratie führt.
Ich arbeite zwischen Moshi und dem West-Kilimandscharo. Meine Arbeit besteht darin, sicherzustellen, dass am West-Kili alles glattgeht – drei-, viermal in der Woche fahre ich mit dem Motorrad hinauf. Finde heraus, was ihnen fehlt, besorge die Waren in Moshi und transportiere Kleinigkeiten hinauf: Ketten für die Motorsägen oder neue Treibriemen für die Sägemaschinen, bei denen die Rundsäge über einen SCANIA -Dieselmotor angetrieben wird, der irgendwann einmal in einem Lastwagen in Schweden gesessen hat und nun in einem zusammengeflickten Holzschuppen in Tansania steht. Die Tagelöhner der mobilen Sägewerke auf dem Berg bekommen ihren Lohn alle vierzehn Tage. Im Büro in Moshi sitzt ein Buchhalter, aber um Kosten zu sparen, kann ich das Geld ebenso gut mit hinaufnehmen. Es ist ein Geheimnis zwischen mir und dem Büro – alle Banditen glauben, das Geld käme mit dem Projektfahrzeug. Und plötzlich bin ich da, auf dem Motorrad mit einer Menge Geld – und bezahle die Arbeiter.
Hinterher wollen eine Handvoll Arbeiter Hilfe aus der Stadt. Einer braucht Kopfschmerztabletten, einem fehlt Creme für den Ausschlag seiner Frau, und der Nächste hat eine Armbanduhr, deren Zeiger gestorben ist. Ich soll das in Moshi erledigen. Oder es gibt Fragen nach der Firma. Meine Rolle ist zentral. Denn wie soll ein Waldarbeiter mit seinem schwedischen Boss reden, wenn der Boss beim Bier im Moshi Club sitzt? Bwana Omary, der Vorarbeiter der Tagelöhner, kommt zu mir: »Du musst mit bwana Larsson reden. Uns wurde gesagt, wir sollen Sandalen aus Autoreifen benutzen, aber in Arusha werden Tretorn-Gummistiefel, die
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