Liberty: Roman
könnte. Nur die Strenge Gottes, die der Pastor verkörpert, hält ihn davon ab, mich zu verprügeln. Fünfzehn Jahre alt. Du kannst dir vorstellen, wie populär ich bin, wenn ich die Faulheit verpetze. Mein Essen besteht aus Weißbrot und saurer Milch. Ich schlafe in einem Schuppen. In Tansania kannst du die Handlungen großer Männer eigentlich nicht infrage stellen, aber ich habe Erfahrung durch die Methoden der Weißen. Also frage ich den Pastor ganz offen.
»Bis wann? Ich will zurück in die Schule.« Und meine Arbeit ist gut, daher meldet der Pastor mich auf der Kibo Secondary School in Moshi an und bezahlt für das erste Jahr. Der Pastor zeigt mir die Dienstbotenwohnung hinter dem Haus, ein kleines Gebäude mit zwei Räumen, in einem wohnt bereits das Hausmädchen. Am Ende des Hauses gibt es einen Zugang zu einer Dusche und einem Loch in der Erde; aber mit Abzug und Papier. Ich habe mein eigenes Zimmer, das besser ist als unser Haus in Seronera. Ich betrachte es in meinem Leben als einen Schritt nach vorn, denn ich bin weg von der Überbevölkerung im Zimmer der Tante.
»Okay«, sagt der Pastor. »Du kannst hier wohnen, während du zur Schule gehst und etwas lernst. Aber wenn du Ferien hast, musst du mir auf der Farm helfen.«
»Gut, das werde ich tun.«
Doch die Schule ist eine Überraschung für mich. In Seronera hatten wir mit dem Lehrer wie mit einem Menschen zu reden. Doch auf der Kibo Secondary School bin ich eine Kuh: Wenn ich einen falschen Schritt mache, justiert der Lehrer meine Richtung mit seinem Stock, eeehhh .
In dieser Zeit ergeben sich auch Probleme mit meiner Position, zumindest ist der Pastor ein großer Mann. »Ich bin Experte für die Feldarbeit, darum hat er mich aufgenommen und bezahlt mir die Schule. Ich soll seinen Arbeitern beibringen, wie man die Dinge anbaut.« Ich habe in der Schule geprahlt. Aber die Prahlerei war bei Weitem nicht so schön, wenn die anderen nach der Schule nach Hause gehen konnten, wo eine Mutter Tee mit Milch und Zucker und einen Snack für sie bereithielt. Meine Mitschüler hatten Zeit zum Spielen und eine Familie. Ich ging nach Hause zur Arbeit. Ich wollte weg. Aus meiner Zeit bei den Deutschen im Nationalpark war ich an ein weißes Leben ohne Staub und Armut gewöhnt. Der Pastor war schwarz, aber er betete zu dem weißen Gott; und bei seinen Nachbarn handelte es sich um weiße Missionare, einige von ihnen kamen sogar aus Deutschland.
Christian
Rogarth holt mich morgens mit einer Golftasche ab, die er sich über die Schulter gehängt hat. Ich habe eine Golftasche, die irgendjemand im Haus vergessen hat, als Vater einzog. Wir gehen zum Platz. Auf dem Fairway grasen Ziegen und Kühe, denen ein kleiner Hirte hinterherläuft.
»Es ist keine besonders gute Bahn«, sagt Rogarth.
»Alles vollgeschissen.«
»Ja«, bestätigt Rogarth. »Es gibt spezielle afrikanische Regeln beim Golf. Man darf keine Tiere treffen, und man muss seinen Ball schnell wiederfinden, sonst riskiert man, dass er in einen Kuhfladen getreten wird.« Zerlumpte Jungen laufen auf uns zu. »Die Caddies«, sagt Rogarth.
»Können wir unsere Taschen nicht selbst tragen?«
»Nein, das können wir nicht«, erwidert Rogarth. Ich erkenne Emmanuel wieder und nehme ihn. Die Caddies schleppen die Taschen, behalten den Ball im Auge und stehen jederzeit mit dem Schläger bereit, den man benutzen will. Ich gerate mitten in eine Herde träger Zebu-Rinder, die um meinen Ball grasen. Ich muss ihn vorsichtig herausrollen.
»Schwierige Verhältnisse«, sage ich.
»Man bekommt einen Freischlag, wenn der Ball von einer Schlange verschluckt wird, die ihn für ein Vogelei gehalten hat«, antwortet Rogarth.
»Spielst du?«, frage ich Emmanuel.
»Ja«, sagt er und grinst, »aber ich habe nur einen Schläger.«
Rogarth redet nicht mit seinem Caddie. Wenn er schlagen will, streckt er lediglich den Arm mit geöffneter Hand nach hinten, und der Caddie legt ihm den richtigen Schläger mit dem Griff in die Handfläche. Plötzlich rennt Emmanuel mit fuchtelnden Armen davon, er schreit und brüllt.
»Affen«, sagt Rogarth, und jetzt sehe ich sie auch. »Sie stehlen die Bälle.« Rogarth hilft mir bei der Handhaltung. Er spielt gut. Ich spiele miserabel.
Nach dem Mittagessen langweile ich mich. Vater muss arbeiten, er hat keine Zeit für mich. Ich stecke Zigaretten und Feuerzeug ein, nehme meinen Lederfußball und gehe hinüber zu den Jungs, um zu spielen. Ich fange an, ein paar Brocken Swahili auszuschnappen.
Am
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