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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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nächsten Morgen gehe ich zu Rogarth, aber seine Mutter sagt, er sei nicht zu Hause. Ich gehe auf den Platz, und Emmanuel läuft mir entgegen. Ich gebe ihm die Golftasche. Wir gehen zum ersten Loch.
    »Willst du spielen?«, frage ich ihn.
    »Ja, sehr gern.« Also wechseln wir uns ab. Er reicht mir den Schläger, und ich gebe ihn ihm zurück, damit er schlagen kann. Allerdings ist es eigenartig, dass er die ganze Zeit die Tasche tragen und auf seinen nackten Füßen unter ihrem Gewicht dahinschlurfen soll. Damit wird der Wettkampf ungerecht. Während er schlägt, werfe ich mir die Tasche über die Schulter.
    »Nein, lass sie mich tragen«, sagt Emmanuel.
    »Ich kann sie auch mal eine Weile nehmen.«
    »Es ist besser, wenn ich sie trage«, entgegnet er mit einem besorgten Blick. Okay. Wir spielen weiter. Ein Stück hinter uns tauchen zwei weiße Damen auf, bei einer von ihnen handelt es sich um Miriam aus dem Haus mit dem rutschenden Koch und der Zigarre. Emmanuel will nicht schlagen, als er dran ist. »Es ist nicht gut, wenn sie sieht, dass ich spiele.«
    »Wieso nicht?«
    »Es ist nicht gut. Sie mag das nicht.«
    »Das ist doch vollkommen egal«, sage ich. Er schüttelt den Kopf.
    »Sie hat ein Jagdgewehr in ihrer Tasche«, flüstert er mir zu, als die Frauen sich nähern. »Schau mal zwischen ihre Schläger.« Ich sehe hin: ein bläuliches Metallrohr.
    »Glaubst du, sie erschießt dich, wenn du spielst?«
    »Nein, nein«, erwidert Emmanuel und grinst. »Das ist dazu da, falls ein wütender Büffel oder ein Löwe kommt.«
    Ich spiele den ganzen Vormittag Golf, und nach dem Mittagessen spiele ich Fußball. Am Abend ist mein Gesicht rot, und ich habe große nässende Blasen auf Schulter und Rücken – die Haut lässt sich in großen Fetzen abziehen.
    Wir rufen Mutter an.
    »Erzähl nicht, dass du dich verbrannt hast«, sagt Vater. »Sonst beschimpft sie mich nur.«
    »Ich werde nichts sagen.« Hinterher gehen wir zum Abendessen in die Messe.
    »Wir müssen Rasmussens begrüßen«, sagt Vater. »Sie sind aus Dänemark zurück.« Nanna erinnert mich an die Mädchen, die auf der Schule in Køge nicht mit mir reden wollten – hübsch und hochnäsig.
    »Hej«, sage ich.
    »Hej.« Sie überlässt ihrer Mutter das Reden.
    »Du kannst einfach rüberkommen und den Swimmingpool benutzen, wenn du Lust hast.«
    »Danke«, sage ich, während Nanna bedrückt aussieht. Ihre Mutter fährt fort: »Nanna, du kannst Christian ein bisschen über die Schule erzählen.« Nanna schaut sie unwillig an.
    »Was soll ich denn erzählen? Es ist einfach eine Schule.«
    »Rogarth hat mir schon von der Schule erzählt.«
    John und Miriam kommen auf die Terrasse der Messe. Setzen sich an den Nebentisch. Miriam wendet sich an Vater.
    »Es ist nicht gut, dass dein Sohn die Caddies auf dem Golfplatz mitspielen lässt. Das ist überhaupt nicht gut.«
    »Wieso nicht?«, will Vater wissen.
    »Weil sie ihren Platz kennen müssen. Wenn wir ihnen nicht ihren Platz zeigen, sind sie verstört. Sie glauben dann, unser Platz wäre ihr Platz. Als wären wir dasselbe. Und das sind wir nun wirklich nicht«, erklärt Miriam.
    »Aha«, sagt Vater und sieht mich an. »Verstehst du, was sie sagt?«, fragt er mich auf Dänisch.
    »Na ja, ja und nein.«
    Vater lacht.
    »Was ist denn daran so komisch?«, erkundigt sich Miriam auf Englisch.
    »Christian entscheidet selbst, mit wem er Golf spielt«, antwortet Vater.
    »Du wirst sehen, dass ich recht habe«, sagt Miriam und blickt in die andere Richtung.
    Am nächsten Morgen erscheint Rogarth wieder.
    »Du kannst den Caddie nicht spielen lassen«, sagt er, als wir durch das Loch in der Hecke schlüpfen.
    »Wieso denn nicht?« Ich bleibe stehen.
    »Er kommt auf falsche Gedanken«, erklärt Rogarth. »Jetzt glaubt der Caddie, dass er wie du ist. Er kennt seinen Platz nicht mehr.«
    »Er ist so wie ich«, erwidere ich.
    »Nein«, sagt Rogarth. »Der Caddie wird für seine Arbeit bezahlt – das ist alles; er ist nicht dein Freund. Er ist nur ein Neger aus dem Busch.« Rogarth ist auch ein Neger. Soll ich ihn daran erinnern?
    »Und wenn er aus dem Busch ist, na und?«
    »Er weiß nichts. Er wird dich bestehlen, sobald du ihm den Rücken zuwendest.«
    »Ich bin nicht deiner Ansicht.«
    »Du wirst es merken«, behauptet Rogarth. Ich diskutiere nicht weiter. Ich brauche eine Zigarette. Vielleicht wird Rogarth petzen, wenn er mich rauchen sieht. Ich riskiere es, hole die Zigaretten heraus und reiche ihm das Päckchen. Er sieht sich

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