Liberty: Roman
Steinen«, sagt Jonas.
»Vermutlich wohnen wir beide in Glashäusern.«
»Hört jetzt auf«, sagt Katriina. »Ich hole jetzt Kaffee, und dann reden wir über uns, Jonas. Über dich und mich. Was wir wollen. Und über die Kinder.«
Ich sitze mit dem Rücken an der Hintertür und höre sie in der Küche, bis sie wieder ins Wohnzimmer geht. Dann schleiche ich auf nackten Füßen in den Flur. Ja, zu lauschen ist meine Art zu leben, denn schließlich reden sie auch über mein Leben. Ich gucke um die Ecke. Katriina nimmt sich das Milchkännchen und schenkt sich ein. Dann fragt sie Jonas: »Möchtest du Milch in den Kaffee, Schatz?«
»Nein«, sagt Jonas.
»Ach ja, tagsüber trinkst du ihn ja schwarz. Pechschwarz«, sagt Katriina. Jonas sagt nichts. Katriina sieht Knudsen an: »Damals in Schweden trank Jonas seinen Kaffee gern milchig weiß, aber hier in Tansania will er ihn schwarz. Milch?« Sie hält das Kännchen über Knudsens Tasse.
»Ja, danke«, sagt bwana Knudsen ein wenig verwirrt.
Sie reden hin und her. Jonas lügt konstant. Katriina lügt auch. Schließlich stoppt Knudsen beide: »So führt das zu nichts. Ihr müsst ein bisschen nachdenken. Jeder für sich muss entscheiden, was ihr wollt. Einer von euch muss den Wagen und die Kinder nehmen und eine Weile wegfahren. Dann treffen wir uns in einer Woche wieder.«
»Was soll das nützen?«, fragt Katriina.
»Ihr habt zwei Kinder«, sagt Knudsen. »Wenn du zurück nach Schweden gehst, dann … Es ist wichtig, das zu durchdenken.«
»Okay, dann fahre ich morgen«, sagt Katriina.
Als bwana Knudsen gefahren ist, geht Sia zum Haus, um zu arbeiten. Kurz darauf fährt Katriina los, um die Kinder abzuholen. Nach einer Stunde kommt Sia zurück zum Ghetto.
»Dieser mzungu ist verrückt«, sagt sie.
»Was ist passiert?«
» Tsk . Ich bügele, und er sitzt die ganze Zeit auf dem Suhl und starrt mich so hungrig an.« Sia schüttelt den Kopf. Sogar an Sias hängenden titi möchte Jonas schaukeln.
Am nächsten Tag fährt Katriina mit den Kindern. Bwana Knudsen kommt am Nachmittag vorbei, aber Jonas ist zu bedröhnt, um mit ihm zu reden.
Sia geht ins Haus und kocht Pilaf. Ich helfe ihr.
»Ich gehe nicht hinein und decke den Tisch, wenn mama nicht da ist«, sagt Sia, also nehme ich mir Teller, Besteck und Gläser und decke den Tisch.
»Es gibt gleich Essen«, sage ich. »Pilaf.«
»So was esse ich nicht«, sagt Jonas. Ich trage die Sachen wieder hinaus. Wir bereiten einen Teller für die Nachtwache vor und gehen hinunter in unser Ghetto. Claire kommt, und wir essen Pilaf. Hinterher nimmt Sia die Teller und geht in die Küche, um abzuwaschen, und ich versuche, Claire näherzukommen, aber die Pfingstkirche steht zwischen uns. Dann geht Claire heim. Nach wenigen Minuten kommt Sia zurück.
»Er ist shenzi «, sagt sie.
»Wieso?«
» Tsk . Ich stehe an der Spüle, und er kommt wie ein harter Knüppel von hinten an meinen Hintern und fasst mir an die titi .« Sia ist nicht beschämt oder ängstlich. Nur wütend.
»Und was hast du gemacht?«, frage ich. Sia lächelt.
»Ich habe ihn dahin geschlagen, wo es einem Mann am meisten wehtut.«
» Eeehhh «, sage ich. Sia verschwindet durch das Loch im Zaun, um bei einer Freundin zu schlafen, bis Katriina zurück ist.
Später kommen bwana D’Souza und John von der TPC . Sie trinken Sundowner auf der Veranda, und ich sehe, dass Jonas wie eine Kuh kaut. Auf dem Tisch liegt eine große Papiertüte mit mirungi – die frischen grünen Blätter, die die Somalier und Araber kauen, um high zu werden und sich wach zu halten. Wenn man sie kaut, kann man trinken wie ein Fisch im Wasser; vielleicht ist es ein Ersatz für die Erde im Mund? Jonas stellt auf dem leeren Grundstück alte Flaschen auf den Rasen. PAW , der Revolver. Sie spielen mit dieser todbringenden Waffe. PAW , PAW . Eine verirrte Kugel könnte auf die Straße oder aufs Nachbargrundstück fliegen und einen Mann oder ein Huhn töten. Vielleicht eine Ziege. Niemand kommt gegen den weißen Mann an. Wenn er irgendetwas trifft, kann er bezahlen. Sogar wenn er tötet. Die Polizei und die Richter wollen auch gern gut leben. Ein Unfall kann gekauft werden. Vielleicht war diese Ziege in Wahrheit ja ein Dieb, der auf das Grundstück eingedrungen ist, um die Stereoanlage des weißen Mannes zu stehlen. Ich klettere über den Zaun an meinem Ghetto, so dass das Gebäude mich vor der Schießerei schützt. Dann laufe ich weit weg und schlafe bis zum nächsten Tag in einem
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