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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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meines Vaters – die mich, nebenbei bemerkt, vor ein paar Jahren das erste Mal ranließ und auf Frischfleisch steht – wohnt in einer vierten Wohnung drei Treppen weiter. Sie ist erstaunlicherweise noch immer verheiratet; mit meinem Halbvetter, aber dir das zu erklären, ist schlichtweg zu kompliziert. Gert, der Bruder meines Halbvetters, hat nicht alle Tassen im Schrank und wohnt eigentlich auch hier, aber im Augenblick sitzt er im Gefängnis, darauf komme ich noch. Na ja. Ich wohne jedenfalls in dieser Wohnung mit meinem Vater.«
    »Und dein verrückter Vetter?«
    »Der wahnsinnige Halbbruder meines Halbvetters«, korrigiert Anders. »Er ist in ein Haus in Hasseris eingebrochen, aber da lag eine Frau und schlief. Natürlich ist sie aufgewacht. Der Trottel hat sie vergewaltigt und hinterher erwürgt. Und dann hat er Angst bekommen. Er wirft alles Mögliche ein, das ist klar. Im Haus hat er ein paar Jagdpatronen gefunden, die hat er ihr zusammen mit einigen Gasfeuerzeugen in die Möse gesteckt und im Haus Feuer gelegt, um alle Spuren seines Samens zu verwischen. Die Frau wurde … beinahe gebraten. Aber seine kleinen fettigen Pfoten hatten auf der ganzen Hintertür, die er aufgebrochen hatte, Fingerabdrücke hinterlassen. Ich habe ihn einbuchten lassen.« Anders nickt vor sich hin, während er auf den Tabak schaut, den er mit Haschisch vermischt.
    »Wie?«
    »Er wurde im Radio gesucht. Die Polizei war bereits hier gewesen, als er auftauchte und sich bei mir verstecken wollte; ein halbes Jahr vorher hatte er mich mit einer Katze mit Milben verprügelt«, erzählt Anders und zündet den Joint an.
    »Eine Katze mit Milben …?«
    »Er hat mich unten an einen Baum gebunden«, fährt Anders fort und zeigt auf das Fenster. »Und dann hat er mich mit einer toten Katze verprügelt, die voller Milben war. Ein totaler Psychopath.«
    »Wie bist du entkommen?«
    »Er war es irgendwann leid und ließ mich stehen.«
    »Und du konntest dich befreien?«
    »Es kamen ein paar Leute vorbei und haben das Seil losgebunden.«
    »Was ist mit ihm passiert – diesem Halbvetter?«
    »Passiert?«
    »Ja … Hast du jemanden angerufen?«
    »Wen soll man denn anrufen, wenn man mit einer toten Katze verprügelt wurde?«
    »Keine Ahnung.«
    »Jemand hat Sand in den Benzintank seines Mopeds gekippt.«
    »Wer?«
    »Rate mal.«
    »Und als er auf der Flucht war …hast du ihn reingelassen?«
    »Ja, sicher. Und er schickte mich los, um ein paar Flaschen Starkbier zu besorgen, mit denen er seine Beruhigungsmittel herunterspülen konnte. Ich hab das Geld genommen und bin runter zur Telefonzelle, um die Bullen anzurufen – mit seinem Geld«, erzählt Anders und lacht laut. »Jetzt hat ihn ein Gericht eingewiesen, und er ist genau dort eingesperrt, wo er hingehört.«
    »Okay«, sage ich. Anders zieht an dem Joint. Reicht ihn mir. Wir rauchen.
    »Und mit der Schwester deiner Mutter hast du das erste Mal …?«
    »Mit der Schwester meines Vaters. Ist ’ne hübsche Frau, das kann ich dir sagen. Groß an allen richtigen Stellen.«
    »Wie … ging das ab?«
    »Na ja, sie war voll. Und geil«, antwortet er und grinst.
    Wir hören Metallica, und Anders’ jüngere Schwester erscheint.
    »Ich will dich hier nicht haben«, sagt Anders.
    »Ach, hab dich nicht so«, mault sie. Zwischen ihren Zähnen knallt ein Kaugummi, die Lippen glänzen vor Lipgloss. Er wirft sie hinaus, und sie wackelt übertrieben mit dem Hintern, als sie den Flur hinuntergeht.
    »Der Joint hat mich ziemlich umgehauen. Ich würde gern eine Tasse Kaffee trinken«, sage ich.
    »Du kannst dir gern eine ganze Kanne kochen. Mach es einfach. Auf meinen Vater brauchst du keine Rücksicht nehmen, er sagt nie etwas.« Ich gehe in die Küche.
    »Hej«, werde ich von der kleinen Schwester begrüßt. Ich erwähne den Kaffee. »Ich werde dir helfen«, erklärt sie und stellt sich auf die Zehenspitzen, um an die Kaffeefilter zu kommen, beugt sich dicht zu mir hinüber und kichert. Sie heißt Linda, ist dreizehn und fragt mich aus. Ich erzähle ihr ein bisschen von Afrika. »Wow«, sagt sie. »Du bist ja beinahe ein Neger.«
    »Professioneller Afrikaner«, entgegne ich.
    »Bis bald«, sagt sie, als ich mit dem Kaffee gehe. Heute wird es nichts mehr mit dem Gymnasium.
    Zu Hause im Keller liege ich auf meinem Bett und starre an die Decke. Lene ruft von oben: »Dein Vater ist am Telefon.« Ich springe die Treppe hinauf.
    »Hej, Vater.«
    »Christian«, sagt er. »Es gibt da etwas … das ich dir erzählen

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