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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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meine Faust in seine Niere schlagen lässt. Sein Ellenbogen knallt mir ins Gesicht, ich taumele zurück. Anders windet sich los und versetzt dem anderen einen Stoß mit der Stirn. Massenschlägerei. Schläge und Tritte. Sirenen heulen, die Polizei umzingelt uns. Wir werden auf die Rückbank eines Streifenwagens geworfen. Der Polizist auf dem Beifahrersitz dreht sich um und gibt Anders eine Ohrfeige, als er versucht, etwas zu mir zu sagen. Zum Revier. Jeder wird einzeln verhört.
    »Ich weiß es wirklich nicht«, erkläre ich, denn ich weiß es tatsächlich nicht. Am nächsten Morgen bekommen wir lauwarmen Kaffee und werden entlassen. Schmerzen im Körper, Schrammen im Gesicht.
    »Tut mir echt leid, Mann«, sagt Anders. Ich stelle ihm Fragen. »Ach, Scheiße«, sagt er und schüttelt den Kopf. »Sie ist ’ne Burgernutte.«
    »Was?«
    »’ne Burgernutte. Sie hängen am späten Abend bei McDonald’s herum und warten auf Männer, die sie abschleppen. Sie nehmen sie mit in ihr Auto oder einen Hinterhof, und dann bekommen sie von den Mädchen einen geblasen. Und das Geld geht drauf für Burger, Klamotten, Schminke und Schmuck – solchen Scheiß halt. Burgernutten werden sie genannt – ausschließlich Fellatio. Soweit ich weiß.«
    »Aber sie ist doch kaum älter als … vierzehn.«
    »Dreizehn«, sagt er. »Aber die Schnauze ist groß genug für einen Schwanz.«
Marcus
    KINDERWEISHEIT
    Katriina hat gesagt, sie würde mir Bescheid geben, wann ich zu Besuch kommen kann. Aber sie hat nichts von sich hören lassen, und ich will nicht warten. Vor vier Monaten sind sie umgezogen, und ich habe die Mädchen nicht einmal gesehen. Ich gehe zu Fuß, weil ich kein Geld für Benzin habe, das sehr teuer ist, wenn die Versorgungssituation schlecht ist. Ich habe Glück, das Tor steht offen. Katriina sitzt auf der Terrasse und sieht mich ein wenig erschrocken an.
    »Ist bwana Knudsen auch zu Hause?«, frage ich sie.
    »Er ist in Shinyanga, arbeiten.«
    »Kommt Christian Weihnachten?«
    »Nein. Frühestens nächstes Jahr, wenn er in der Schule Sommerferien hat«, sagt Katriina. Tsk .
    Ich höre die Mädchen im Haus. Aber bin ich eingeladen, hineinzugehen? Nein. Katriina ruft den alten Issa, mir wird auf der Terrasse ein Bier serviert, aber die Mädchen halten sich fern.
    »Wie geht es den Mädchen?«
    »Es geht ihnen gut«, sagt Katriina und ruft: »Kommt mal raus und begrüßt Marcus, Mädchen!«
    » MARCUS !«, ruft Rebekka, fliegt mir entgegen, umarmt mich, zeigt mir Zeichnungen, redet blitzschnell auf Swahili auf mich ein und fragt mich nach meinem neuen Haus, dem Kiosk und Claire aus. Etwas später kommt auch Solja – fast schon wie eine Fremde, die ihren afrikanischen Vater nicht mehr erkennt und mir wie einem Geschäftsmann die Hand entgegenstreckt. Tsk . Es ist gemütlich, aber auch traurig. Ich trinke aus und verabschiede mich, gehe fort von meiner alten Familie. Hinter mir höre ich Schritte. Es ist Solja. Sie läuft neben mir.
    »Hej«, sage ich.
    »Hast du eine Zigarette?« Ich gebe ihr mein Päckchen und eine Schachtel Streichhölzer. Sie zündet sich die Zigarette an und will mir die Schachteln zurückgeben.
    »Behalt sie, aber gib mir auch eine«, sage ich. Sie schüttelt eine Zigarette aus der Packung und reißt ein Streichholz für mich an. Solja geht weiter. Wir gehen. Man muss nur abwarten.
    »Sie sind bekloppt«, sagt sie. »Die Erwachsenen.«
    »Wie? Bekloppt?«
    »Sie haben beide ein Zimmer im Haus, aber nachts schleichen sie sich zueinander, und wir dürfen es nicht wissen.«
    »Du musst das verstehen«, sage ich und bleibe stehen.
    »Aber sie sind jetzt verheiratet. Wusstest du das?«
    »Wer ist verheiratet?«
    »Meine Mutter und Niels Knudsen.«
    »Wirklich?«
    » Eeehhh «, sagt sie.
    »Dann dürfen sie auch zusammen schlafen.«
    »Sie sagen, sie hätten nur geheiratet, weil Niels’ Arbeitgeber dafür bezahlt, dass ich auf die ISM gehen kann.«
    »Wahnsinn.«
    » Tsk «, sagt Solja – total mswahili . Dann wirft sie die Zigarette auf die Straße und tritt sie mit der Schuhspitze aus.
    »Danke für die Zigaretten«, sagt sie, dreht sich um und läuft zurück zum Haus. Kinder wissen immer, was bei ihnen zu Hause alles passiert.
    BETTELEI
    Wieder schreibe ich Christian, wie gern ich Sachen wie Schmuck oder Kuriositäten nach Dänemark schicken würde. Er könnte die Sachen verkaufen, und das verdiente Geld könnte geteilt und auf ein Konto eingezahlt werden, das er in einer dänischen Bank einrichtet und mich

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