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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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Bereits am folgenden Tag kommt sie zu mir und sagt: »Marcus, wir werden eure Decke bezahlen, Hauptsache, du erledigst das selbst.«
    »Danke«, sage ich. »Das ist kein Problem.«

1981

Christian
    »Ist nicht nötig«, sage ich am Abend vor dem ersten Schultag.
    »Aber ich würde dich gern fahren«, erwidert Vater.
    »Es ist nicht nötig. Ich weiß, wo das Büro ist, ich gehe einfach hin und melde mich. Rogarth ist dabei. Und Nanna.«
    »Okay«, sagt Vater und fügt hinzu: »Es wird schon gehen.« Er klopft mir linkisch auf die Schulter.
    »Ja, sicher«, sage ich, obwohl ich Magenschmerzen habe. Was hilft es, wenn er mich in die Schule fährt? Das Schlachtfeld ist im Klassenraum und auf den Gängen. Dorthin kommt er nicht mit.
    Morgens ist es kühl hier. Ich beeile mich mit dem Frühstück. T-Shirt, Jeans, Turnschuhe – und ab zum Rand des TPC -Reihenhausquartiers. Nanna und Rogarth und ein paar jüngere Schüler tauchen auf. Der TPC -Bus erscheint, wir klettern hinein und fahren in die Schule. Ich sage kein Wort.
    Ich melde mich im Büro. Es klingelt, als eine stattliche Frau mir den Weg zu meiner Klasse zeigt. Es wimmelt von schwarzen, braunen und weißen Kindern – von Küken aus der ersten Klasse bis zu ihren Pendants im Gymnasium. Ich sehe mich mit ausdruckslosem Gesichtsausdruck in der Klasse um, als ich vorgestellt werde. Rogarth und Nanna sind nicht da – sie gehen vermutlich in die Parallelklasse. In der Pause nimmt der Lehrer mich mit, um mir meine Bücher zu geben. In der nächsten Pause gehe ich auf den Flur, der lediglich aus einem breiten Betonband unter dem vorspringenden Dach des Gebäudes besteht. Es gibt Blumenbeete und Gras zwischen den Gebäudeflügeln, außerdem Kinder und Jugendliche in allen Farben und Größen.
    Rogarth kommt auf mich zu.
    »Wie geht’s?«, fragt er.
    »Alles in Ordnung«, antworte ich. Nanna wirft mir einen Blick zu und nickt, während sie mit einer Freundin vorbeigeht; sie will offensichtlich nicht dabei gesehen werden, wie sie mit mir spricht, bevor sie nicht weiß, ob man mich für richtig oder falsch hält. Mika entdeckt mich und lächelt boshaft.
    »Der kleine Däne«, sagt er und tut so, als müsse er sich übergeben – er muss mich am ersten Abend gesehen haben. Arschloch. Ein weißer langhaariger Bursche aus meiner Klasse kommt zu mir.
    »Ich heiße Jarno«, sagt er. »Finne. Spielst du Fußball?«
    »Torwart.«
    »Bist du gut?«
    »Versuch’s doch«, antworte ich.
    »Wir haben eine All-Stars-Mannschaft, die gegen die Schulen in der Stadt spielt«, sagt Jarno und erzählt mir, wann sie trainieren.
    Es herrscht einen Moment Stille, während die Welt um uns herum summt.
    »Rauchst du?«, will Jarno wissen.
    »So viel ich kann.«
    »Ich zeige dir die guten Stellen nach dem Training«, verspricht er mir.
    In der nächsten Stunde hat die Klasse Englisch, und ich werde zusammen mit ein paar deutschen und einem norwegischen Schüler, die auch neu sind, zum Förderunterricht geschickt. Die Lehrerin ist eine knochentrockene Frau, aber sehr nett. Danach haben wir Sport mit der Klasse über uns. Zunächst sollen wir laufen. Ich gehe neben Jarno auf den Platz. Vor mir läuft ein schwarzes Mädchen barfuß. Sie hat bereits Brüste und einen Hintern. Ihre Augen sind hübsch.
    »Sie kann so doch nicht laufen«, sage ich.
    »Shakila. Wart’s ab. Sie ist die Schnellste der Schule«, entgegnet Jarno. Und er hat recht. Die Bahn ist von Unkraut überwuchert, dessen Samen kleine stechende Kletten bildet. Aber Shakila läuft mit bloßen Füßen schneller als alle anderen. Nach dem Lauftraining spielen wir Fußball. Der Lehrer ist Engländer. Er kommt zu mir.
    »Was spielst du normalerweise?«
    »Torwart.«
    »Fußballtraining ist Dienstag- und Donnerstagnachmittag. Willkommen in der Mannschaft«, sagt er.
    Nach der Schule werden wir von dem TPC -Bus abgeholt. Auf der Straße zwischen den Zuckerrohrfeldern winken die kleinen Kinder den Lokführern zu, die vorbeifahren. Sie winken zurück, und dann geht es offenbar darum, zu zählen, wie viele Finger sie haben. Rogarth erklärt es mir.
    »Die Weichen sind marode, darum springen sie von den Zügen und laufen voraus, um die Weichen in die richtige Richtung zu schlagen, außerdem klemmen sie Zuckerrohrstangen dazwischen, damit die Weichen nicht zurückspringen. Und wenn sie zu langsam sind, geht schon mal ein Finger verloren.«
    Am Nachmittag zeigt Rogarth mir den Weg zum Fluss. Wir setzen uns und rauchen Zigaretten, während Frauen in

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