Liberty: Roman
würde sie gern begrüßen.
»Nein, sehen wir zu, dass wir loskommen.«
TANSANIT
Wir gehen zur Container-Bar in meinem Wohngebiet. Sie ist in einem großen Metallcontainer untergebracht, der auf Schiffen aus Europa gekommen ist. An der einen Seite gibt es eine große Metallklappe. Die Klappe lässt sich öffnen, man kann hineinsehen: Der Container ist jetzt ein Kiosk mit allen Waren und einem Kühlschrank. Vor dem Container wurde eine Betonplatte gegossen und ein Dach darüber gesetzt – sogar in der Regenzeit sitzt man hier nachts trocken und kann sich innerlich benetzen. Mit Alkohol könnte ich in meinem Kiosk auch Geld verdienen, aber Claire ist da sehr streng: »Wenn du auch nur ein Bier verkaufst, bin ich fertig mit dir.« Gottes Heiligkeit. Mein Kiosk ist eher ein Süßigkeiten-Laden für Kinder, aber ich ziehe auch die frommen Frauen an, die Mehl und Öl nicht bei Dickson kaufen wollen, weil er viel Geld mit den gottlosen Getränken verdient und seine Kunden die ganze Nacht über Krach machen.
Dickson sitzt draußen. Ich stelle ihm Christian vor, obwohl ich eigentlich nicht möchte, dass er etwas mit Dickson zu tun bekommt.
Dickson stellt sofort seine Fragen: »Hast du Interesse an Steinen? Tansanit? Oder Diamanten aus Shinyanga? Ich kann sie besorgen.« Das Bier wird von dem Mädchen serviert, das sich um den Kiosk kümmert. Sie stellt es mit einer überlegenen Attitude auf den Tisch – als ob sie über diese Arbeit erhaben ist. Sie hat gleichmäßige, feine Gesichtszüge, aber ihr Blick ist hart. Und ich sehe, wie der weiße Junge bereits von zwei Seiten angegriffen wird: Im Ohr hat er das Gerede über Edelsteine und im Auge dieses Mädchen mit ihren festen Brüsten, der Taille, den kräftigen Oberschenkeln und diesem fabelhaften runden Arsch. Afrikas Hexerei.
»Dickson war in den Minen in Merelani«, sage ich.
»Fünf Jahre«, sagt Dickson und nickt. »Fünf Jahre habe ich in diesem Scheißloch gegraben und gegraben, bis ich meine Ader fand. Und fünf Jahre sind noch schnell.«
»Warst du tatsächlich unten in der Mine?«, fragt Christian.
»Ja«, sagt Dickson und nickt wieder. »In der Dunkelheit, tief unter der Erde. Überall Staub, so gut wie keine Luft. Ich habe Maisgrütze und Bohnen gefressen und gelebt wie ein Hund, bis ich auf Tansanit stieß – ein großer Fund.«
»Und dann hast du aufgehört?«
»Ja.« Dickson breitet die Arme aus: der Container mit dem Kiosk und der Bar, der große amerikanische Pick-up. »Jetzt bin ich Geschäftsmann.«
»Hast du noch andere Geschäfte?«, fragt Christian.
»Ich habe zwei matatu , die zwischen Marangu und Moshi beziehungsweise Holili und Moshi fahren.«
»Dann musst du nicht mehr da raus … in die Minen?«
»Nein, nein. Fünf Jahre! Das reicht. Man kann da draußen sterben. Es ist heiß da unten – du schwitzt, bis deine Klamotten so nass sind, dass du tropfst. Du arbeitest Tag und Nacht. In dem Loch ist der Tag Nacht, und es gibt keinen Grund, aufzuhören und nichts anderes zu tun, als bloß ein paar Stunden zu schlafen und weiterzumachen. Du bist da nicht zu deinem Vergnügen, sondern um den großen Coup zu landen. Dann kannst du pumpen, saufen und vergessen.«
Jetzt hat Dickson den Haken bereits tief in meinem weißen Jungen.
»Aber dann seid ihr auf eine große Ader gestoßen, oder wie?« Christian ist ganz gefangen in diesem Spinngewebe aus Lügen.
» Eeehhh , ja. Jede Menge Geld. Das erste halbe Jahr danach war ein einziges Fest. Jeder Abend – ein Fest!« Dickson erhebt sich und fasst mit der Faust nach seiner Pumpe, schüttelt sie durch den Hosenstoff. »Jeden Tag, eeehhh , ein neues Mädchen. Ich habe Hunderte gepumpt, vielleicht mehr.«
»Keine Mädchen – malaya «, sage ich.
» Tsk . Keine malaya «, erwidert Dickson und schüttelt den Kopf. »Junge Mädchen, große Ärsche, große Schenkel, kleine titi – sehr chiki-chiki .« Dickson tanzt ein bisschen auf der Stelle, setzt sich wieder. »Und jetzt habe ich meine Container-Bar, meine matatu und mein amerikanisches Auto mit einer guten Stereoanlage, zweitausend Watt.«
» Tsk , zweitausend«, sage ich.
»Das steht auf den Lautsprechern!«
Ich will ihn nicht zu hart korrigieren, Christian hört ja selbst, wie er übertreibt. Zweitausend Watt – Dicksons Eingeweide wären Mus.
»Lass uns was rauchen«, sagt Christian auf Schwedisch, damit Dickson die Botschaft nicht versteht. Wir trinken aus und stehen auf.
Dickson sagt: »Sag Bescheid, wenn du Steine kaufen willst,
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