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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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um selbst an die Mine zu kommen.« Draußen ertönt ein Schuss.
    »Verschwindet, das ist nicht eure Mine!« Vor dem Tor stehen jetzt mehr Leute. Kalter Schweiß läuft mir den Rücken hinunter. Savio kommt auf uns zugelaufen.
    »Ans Steuer!«, befiehlt er Conte, der sofort gehorcht.
    »Der Mann lebt noch. Hast du keine Angst, ihn liegen zu lassen? Er kann erzählen, dass du es warst«, gebe ich zu bedenken.
    »Wir kommen jetzt rein!«, wird von draußen gebrüllt.
    »Er stirbt bald«, gibt Savio zur Antwort, beugt sich mit dem Oberkörper über den Motor und hält ein paar Kabel in den Händen.
    »Das kannst du nicht wissen«, erwidere ich.
    »Setz dich ins Auto«, sagt er, während er mit einem Kabel in jeder Hand stehen bleibt. Er hält sie dicht aneinander, als würde er auf etwas warten.
    »Vielleicht überlebt er.«
    »Ich habe schon mal Tieren durch die Brust geschossen«, erwidert Savio. »Du kannst an der Atmung hören, dass die Lungen bald voller Blut sind.«
    Aus dem Schacht ertönt ein gewaltiger Schlag. Der Explosion folgt das Rumpeln von Felsen. In diesem Moment führt Savio die Hände mit den Kabeln zusammen, der Motor springt an. Ich werfe mich auf den Rücksitz. Savio steht an der Wagentür und zündet ein Feuerzeug an – in seiner Hand eine Stange, eine Lunte, die angesteckt wird. Dynamit. Er wirft die Stange hinüber zum Tor, wo die Stimmen herkommen, und springt auf den Beifahrersitz. Er hält den Revolver in der Hand, das Fenster ist heruntergekurbelt. Conte legt einen Gang ein. Die Explosion am Tor: gewaltig, gefolgt von einem Schlackeregen. Conte setzt zurück, bremst, wechselt den Gang und gibt Gas. Wir rasen auf den Bretterzaun zu. Holz splittert, als wir ihn durchbrechen und durch die Schlackehaufen fahren, die im Licht der Scheinwerfer funkeln. In hohem Tempo fahren wir an Savios Mine vorbei, auf der Reifenspur in Richtung Dorf.
    Savio legt den Sicherheitsgurt an. Er zieht seinen Gürtel aus der Hose und zurrt ihn um seinen Oberschenkel, wobei er leise auf Portugiesisch flucht. Ohne ein Wort zu sagen, fahren wir, bis wir uns Merelani Township nähern.
    » Mama war ein Schwein«, sagt Conte plötzlich.
    »Ja«, bestätigt Savio. »Die Jungs haben alles verdient, was sie von dort mitgenommen haben.«
    »Wieso hast du ihren Stellvertreter erschossen?«, will ich wissen. Savio dreht sich um: »Weil er ihre Steine gestohlen hat.« Und Savio hat die Steine ihm gestohlen, aber das sage ich nicht.
    »Aber sie war tot.« Savio dreht sich wieder in Fahrtrichtung und übertönt den Motorlärm: »Alle gehen davon aus, dass die Minenarbeiter stehlen. Das ist klar, schließlich bekommen sie ja keinen Lohn. Meine klauen auch. Aber seiner rechten Hand muss man vertrauen können, sonst ist man tot. Er wird für seine Loyalität bezahlt.«
    »Loyalität kann man nicht kaufen«, wende ich ein.
    »Nein. Darum habe ich ihn ja auch erschossen.« Ich sage nichts mehr, verstehe nichts. »Ich bin auch eine rechte Hand«, fügt er hinzu. »Ich musste ihn erschießen, um meinen Job zu behalten. Den Glauben an mich. Jetzt muss ich an ihren Fund. Dann kann ich aufhören.«
    Ich zittere noch immer, es hört nicht auf. Conte dreht sich um und sieht mich an.
    »Der mzungu kommt in Zaire nicht zurecht«, sagt er zu Savio. Wir fahren ein Stück weiter, ohne dass ein Wort gewechselt wird. Savio gräbt in seiner Tasche. Er dreht sich auf seinem Sitz um und reicht mir einen kleinen unförmigen Stein.
    »Bitte sehr«, sagt er. »Willst du in die Branche?« Ich schüttele den Kopf. »Nimm ihn, er gehört dir.« Ich nehme den Stein. Spüre seine Oberfläche, wie verschrammtes, körniges Glas.
    Savio entspannt sich und erzählt: »Als Gott die Welt schuf, versah er Afrika mit einem so wunderbaren Reichtum an Naturressourcen, dass die Engel protestierten: ›Warum bekommen die so viel?‹ Gott lachte die Engel aus. ›Bleibt entspannt‹, sagte er. ›Wartet’s ab, bis ihr die Menschen seht, die ich da hinsetze.‹« Conte grinst.
    » Kweli« , sagt er – wohl wahr.
    Wir fahren durchs Dorf zum Flughafen und von dort bis zur Hauptstraße, auf der sie mich absetzen wollen. Ich soll einen Bus anhalten, wenn es hell wird. Savio will zu einem Arzt in Arusha, den er kennt.
    »Bist du okay?«, erkundigt er sich.
    »Ja.«
    »Afrika«, sagt er mit einem Achselzucken und einem Lächeln. »Sag Bescheid, wenn du ein paar Steine kaufen willst.«
    »Okay«, sage ich, als Conte den Gang einlegt. Sie fahren.
    Der Plan, eine Band mit Marianne als

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