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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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hast eine finstere Sicht auf die Menschen.«
    »Nein. Ich sage dir, wie es ist. Tansania. Du bist nicht in Europa. Wenn du fällst, hilft niemand dir auf. Und es wird nur noch schlimmer, wenn man nicht darauf vorbereitet ist. Hast du ein Mädchen?«
    »Ja, Rachel.«
    »Ist sie deine Freundin?«
    »Ja.«
    »Fest?«
    »Scheiße, ja! Wir wohnen zusammen. Ihre kleine Tochter lebt bei uns.«
    »Aber hast du sie geheiratet? Willst du sie mitnehmen, wenn du zurück nach Dänemark fliegst?«
    Ich bin drauf und dran, ihm zu erzählen, dass ich nicht nach Dänemark zurückkehre, aber ich weiß genau, es ist eine Lüge – es wird passieren –, und er weiß es auch. Ich zögere. Er fügt hinzu: »Man erlebt viele traurige Schicksale durch den Drang des weißen Mannes nach der schwarzen Möse.«
    Ich würde ihm gern sagen, dass es nicht so ist. Aber ich halte den Mund.
    Ich sitze mit Kaffee und Zigaretten auf der Veranda vor dem Haus. Halima sitzt neben mir auf einem Stuhl und imitiert meine Bewegungen – sie hat eine Tasse Milch und führt eine imaginäre Zigarette an den Mund, zieht und pustet. Ich lächele ihr zu und setze ihr meine Ray-Ban-Sonnenbrille auf. Sie sieht aus wie eine boshafte zweieinhalbjährige Voodoo-Priesterin. Ich gehe auf den Rasen und trete gegen einen Ball. Sie kommt zu mir, wir spielen Fußball. Geschickt hält sie den Ball an den Zehenspitzen, es ist unmöglich, ihr den Ball ohne ein unfaires Rempeln abzunehmen. Rachel kommt aus dem Wohnzimmer.
    »Du sollst nicht mit ihr Fußball spielen.«
    »Wieso nicht?«
    »Sie ist ein Mädchen.«
    »Na und?«
    »Mädchen spielen kein Fußball.«
    »Da kannst du mal sehen, sie spielt wie eine Göttin.«
    »Das soll sie nicht.« Rachel nimmt Halima auf den Arm, die in ihrem Kleinkind-Dänisch »Uboll, Uboll, Uboll«, sagt. Sie fängt an zu schreien und zu weinen, als Rachel sie mit ins Haus nimmt. Kurz darauf kommt Rachel wieder heraus: »Musst du nicht arbeiten?«
    »Beruhig dich«, sage ich. Sie geht wieder hinein. »Bekomme ich noch eine Tasse Kaffee?« Ohne ein Wort greift sie nach meiner Tasse und geht. Fuck. Ich folge ihr. Sie ist nervös, weil ich noch keinen Ersatz für das Golden Shower gefunden habe. Und ich bin gereizt. Halima sitzt im Wohnzimmer auf dem Boden, macht ein trotziges Gesicht und schlägt lautstark Legosteine gegeneinander. Rachel lehnt in der Küche gegen die Spüle und schaut mit leerem Blick aus dem Fenster. Ich umarme sie von hinten.
    »Es wird schon gehen«, sage ich. »Wir finden einen neuen Ort.«
    Sie dreht sich um und legt mir die Arme um den Hals. »Ich habe Angst, denn wie sollen wir zurechtkommen, wenn du nichts findest. Wo sollen wir dann wohnen?« Ich streichele ihren Rücken und puste ihr ins Ohr.
    »Es wird schon gehen. Mach dir keine Sorgen.«
    Es ist ein verdammt großes Problem, und im Augenblick kann ich es nicht lösen. Ich bin müde, brauche Veränderung. Rogarth ist auf den Berg gefahren, um seiner Mutter beim Bau ihres schäbigen Hauses zu helfen, denn der Vater sitzt noch immer im Karanga Prison. Ibrahim ist in Merelani und schlägt mit der Peitsche auf die Schlangen ein, damit sie sich in die Felsen winden und nach blauen Steinen suchen. Seit er einen Tritt bekommen hat, habe ich Khalid nicht wiedergesehen – es betrübt mich. Ich fahre in die Stadt und suche Firestone. Frage ihn nach Khalid.
    »Kha-Kha-Khalid ist Trä-Trä-Trä-Träger geworden, auf dem B-B-Berg. Er geht auf die Schu-Schu-Schule, da-da-damit er b-b-b-bald als Guide arbeiten kann, für die wazungu , d-d-die zum Gi-Gi-Gipfel gehen.«
    »Willst du eine Woche in meinem Haus wohnen?« Firestone nickt und setzt sich hinten aufs Motorrad. Er muss nichts mitnehmen. Er hat nichts. Ich fahre Rachel und Halima zur Busstation. Halima sitzt vor mir auf dem Tank, sicher zwischen meinen Schenkeln. Rachel sitzt hinten und hat die Arme um mich und Halima geschlungen. Ich setze sie in einen Bus nach Tanga. Bitte Rachel, Halima abzuliefern und sofort zurückzukommen – dann würden wir zusammen zu meinem Vater nach Shinyanga fahren. Aber noch bevor sie zurück ist, kommt Vater nach Moshi. Als Rachel heimkommt, sagt sie: »Du musst deinen Vater fragen, ob er helfen kann.«
    Wäre mein Vater ein afrikanischer Vater und so reich, wie er ist, dann würde er helfen. Dann würde er in einen Ort für die Disco investieren. Daran habe ich auch schon gedacht, aber ich weiß, er würde ablehnen. Er will mich in Dänemark haben. Ich soll eine Ausbildung antreten. Etwas in

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