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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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wollen.« Er denkt einen Augenblick nach.
    »Auch ungeschliffene?«
    »Lassen Sie uns erst einmal dieses Geschäft zu Ende bringen«, antworte ich und zeige auf die geschliffenen Steine.
    »Okay. Ich nehme sie.«
    »Gut.« Ich stecke die Hand in die Tasche. »Und hier sind die ungeschliffenen.« Ich lege einen kleinen Beutel auf den Tisch. Sofort nesteln seine Finger den Beutel auf.
    »Ach, so etwas ist auch zu kaufen?«, sagt er so nebenbei.
    »Ohne Papiere«, erwidere ich.
    »Ja, ja«, murmelt er und prüft die Steine. »Woher haben Sie die?«
    »Ich habe sie bei den Minen gekauft.«
    »Und Sie haben keine Papiere dafür?«, fragt er, ohne den Kopf zu heben, der über die rohen Steine auf der Filzunterlage gebeugt ist. Dann blickt er auf und sieht mich fragend unter den gepflegten Augenbrauen an. »Sie müssen verstehen«, sagt er vorsichtig. »Unter diesen Umständen kann ich nicht so viel dafür zahlen.«
    »Wie viel?« Er hat Interesse. Wir einigen uns auf einen Preis. Dann ziehe ich den großen Stein aus der Tasche. Er will ihn haben. Er würde gern mehr abnehmen.
    »Kommen Sie um sechs zurück, dann habe ich das Geld«, erklärt er. Ich schüttele den Kopf.
    »Wir könnten doch in einem Restaurant in der Nähe Ihrer Bank zu Mittag essen«, schlage ich vor. »Und Sie heben zwischendurch das Geld ab.«
    »Ich kann das Geschäft nicht verlassen«, behauptet er, obwohl draußen eine junge Frau steht.
    »Es muss jetzt sein«, erkläre ich und schiebe die Steine auf dem Tisch zusammen. »Ich muss ein Flugzeug erreichen.« Er erhebt sich.
    »Lassen Sie uns gehen.«
    Wir essen zu Mittag. Er geht auf die Bank. Ich bekomme das Geld, er die Steine. Es ist viel zu wenig, um das Royal Crown zu erwerben, aber genug für die Kleinigkeiten und die neuen Platten, die ich kaufen will. Ich muss Mutter fragen, ob sie mir hilft. Ich muss ihr Fotos von Halima zeigen – mal sehen, ob Blut durch ihr Herz fließt.
    Anders’ Vater im Skelagergaarden – noch mehr Puzzlespiele an der Wand – erzählt mir, wo Anders jetzt wohnt. Er teilt sich eine kleine Zweizimmerwohnung mit einem Gärtnerlehrling, arbeitet bei einer Baufirma, bereitet sich auf sein Examen auf dem Gymnasium vor, spielt Bass in einer Partyband und will ein Studium als Bauingenieur beginnen.
    »Hast du Mädchen?«, frage ich.
    »Manchmal«, antwortet Anders grinsend. »Und wie geht’s Matilda?«
    »Sie fragt noch immer: ›Wann kommt Anas zurück? Wenn du Anas in Dänemark siehst, sag ihm, ich vermisse ihn die ganze Zeit …‹, und so weiter.«
    »Sie war klasse. Ich bin noch nie mit einer Weißen zusammen gewesen, die sich so fantastisch vögeln ließ.«
    »Gehst du ins Narrenschiff , um die Erinnerung an sie hochzuhalten?«
    »Nein. Dazu ist mir mein Blut zu wertvoll.«
    »Was meinst du?«
    »Aids«, erwidert er. »Ich hoffe, du weißt, was das ist.«
    »Ich bin nur mir Rachel zusammen.«
    »Und sie ist nur zusammen mit dir? Bist du sicher?«
    »Ja. Und sie wurde getestet. Ich wurde auch getestet. Wir sind absolut clean.«
    »Gut.«
    Nach dem Abendessen in einem Kebab House gehen wir zurück in Anders’ Wohnung, um vorzuglühen, bevor wir in die Jomfru Ane Gade aufbrechen. Wir unterhalten uns über die Zeit auf dem Gymnasium und Anders’ Reise nach Tansania. Wir werden betrunken, hören Platten. Ich mag nicht nach seiner kleinen Schwester Linda fragen, aber plötzlich taucht sie auf.
    »Ich habe gehört, der Neger ist hier«, sagt sie, läuft auf mich zu, wirft sich mir an den Hals, presst ihren Körper an mich, küsst mich auf die Wange, lacht und gibt mich wieder frei. Dann schlängelt sie sich zum Kühlschrank, wobei sie mir einen aufreizenden Blick zuwirft.
    »Wieso hast du die Negermädchen nicht mitgebracht?«, fragt sie und wirft die Kühlschranktür zu. Anders seufzt.
    Ich sehe mir Linda an, während sie schwatzt. Die Art, wie sie dasitzt, aus der Flasche trinkt, mir schöne Augen macht, lacht. Alles erinnert mich an Rachel, nur dass Linda dabei wie ein Vamp wirkt, voller … Ironie. Sie nimmt mich und meine Lust, den Schwanz in sie zu stecken, nicht ernst – sie verhöhnt mich. Ein richtiges kleines Luder. Es ist eine Variation der Instrumentarien, die Rachel an mir ausprobiert – oder ausprobiert hat, denn sie setzt sie nicht mehr so oft ein. Jetzt mault sie nur noch, dass ich sie nicht mit nach Dänemark nehme. Aber was soll sie in Dänemark? Eine schwarze Linda sein? Im Narrenschiff? Was sonst könnte sie hier tun? In Tansania, ja – dort hat sie

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