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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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eine Funktion, als meine Frau. Sie sorgt für das Kind, unser Zuhause und mich. Aber hier? Sie wäre ein Beifahrer, eine tote Last, ein Klotz am Bein, unwirksam, unnütz, hilflos.
    Wir gehen in die Stadt. Anders redet mit einem Mädchen, das er kennt. Linda stellt sich dicht neben mich.
    »Na, hast du mich vermisst, Christian?«, fragt sie und lacht laut und perlend. Ich vermisse den Moment von damals, als Rachel mit mir spielte, aber nicht Lindas zynische Art.
    »Ja, ganz bestimmt«, sage ich zu ihr.
    »Jungs wie du sind ganz einfach zu leicht.«
    »Ja, du hast ganz sicher bessere Möglichkeiten klarzukommen.« Ihr Gesicht verdüstert sich.
    »Was hat Anders dir erzählt?«
    »Worüber?«
    »Über mich. Was hat dieses prüde Arschloch über mich gesagt?«
    »Überhaupt nichts«, entgegne ich und denke daran, dass er mir vor anderthalb Jahren erzählt hat, sie wäre eine teure Hure. Seither habe ich nichts Neues gehört. Aber teuer erscheint sie mir nicht.
    »Verdammt«, flucht sie und dreht sich um. Geht, hinaus, verschwindet.
    »Was hast du gemacht?«, fragt mich der Zahnarzt, zu dem ich in Aalborg gehe, und richtet sich auf.
    »Wie, gemacht?«
    »Du hast sehr viele kleine Löcher, und deine Zähne sind braun … überall.«
    »Kaffee?«, versuche ich es.
    »Das ist kein Kaffee.« Mirungi vermischt mit Kaugummi.
    »Kriegst du es wieder hin?«
    »Ich möchte gern wissen, was das ist.«
    »Die Araber nennen es khat . Grüne Blätter, die eine sanft euphorisierende Wirkung haben. Vermischt mit Kaugummi.«
    »Nicht sonderlich klug«, meint er, repariert die Löcher und zieht mir einen großen Teil des Geldes aus der Tasche, das ich für die Tansanit-Steine bekommen habe.
    Ich gehe zurück zu Anders. Trinke eine Unmenge schwarzen Kaffee, um meinen Magen zu aktivieren. Meine Darmflora ist so auf tansanische Zustände geeicht, dass mein Magen seine Tätigkeit vollkommen aufgegeben hat. Mein Stuhl liegt wie Lehm in mir. Und nachts kann ich nicht einschlafen, weil es hier so verdammt hell ist. Es dauert noch ein paar Tage, bis meine Mutter aus Genf kommt.
    »Nein, Christian!«, ruft Mutter und schlägt die Hand vor den Mund. »Du siehst ja fast aus wie ein Inder.« Ich schaue an mir herab. Nein. Ich sehe aus wie ein hellhaariger Araber. »Wollen wir etwas essen gehen?«, fragt sie.
    »Gern«, erwidere ich und warte einfach ab. Wann kommt es? Wir essen, reden über Nebensächliches. Wir nehmen ein Taxi zum Haus in Hasseris und kochen Kaffee. Trinken einen Cognac aus dem Barschrank. Meine Mutter enttäuscht mich nicht.
    »Hast du dir gedacht, zurückzukommen und das Gymnasium zu beenden?« Es klingt fast beiläufig, so leicht und locker erkundigt sie sich.
    »Ich lebe in Tansania.«
    »Ja, aber du bist kein Eingeborener, Christian.«
    »Nein, aber davon gibt es ziemlich viele in Tansania.« Das war sie auch nicht, als sie dort lebte. Auch nicht der, mit dem sie gevögelt hat.
    »Du kannst doch nicht davon leben, eine Diskothek zu betreiben.«
    »Das läuft ziemlich gut.«
    »Ja, im Moment. Aber doch nicht auf Dauer.«
    »Nein«, gebe ich zu. »Dann muss ich mir ein anderes Geschäftsfeld suchen.«
    »Aber Christian, das ist doch … unrealistisch.«
    »Mutter. Ich habe vier, fünf Leute angestellt, ich wohne in Moshi zusammen mit meiner Freundin Rachel und ihrer kleinen Tochter Halima. Es ist mein Leben.«
    »Du brauchst eine Ausbildung. Dann kannst du immer noch nach Tansania zurückkehren und etwas Richtiges anfangen.«
    »Was ich jetzt mache, ist nicht … richtig?«
    »Meiner Ansicht nach nicht«, erklärt sie und schüttelt den Kopf. Eigentlich hatte ich mir gedacht, sie zu fragen, ob sie ins Royal Crown Hotel investiert. Naiv – der Wind weht aus einer ganz anderen Richtung.
    »Und Rachel und Halima, was ist mit ihnen? Soll ich sie einfach im Stich lassen?«
    »Nein, aber … also – hast du mal darüber nachgedacht, ob sie möglicherweise mit dir zusammen ist, weil du Geld hast?«
    »Ja, darüber habe ich nachgedacht.«
    »Und?«
    »Ich sehe nicht viele UNO -Angestellte, die Straßenfeger heiraten«, gebe ich zur Antwort.
    »Was willst du damit sagen?«
    »Ich sage, dass es normal ist zu versuchen, im Leben weiterzukommen. Und Rachel ist normal.«
    »Ja, aber sie ist doch nur …« Mutter unterbricht sich.
    »Sie ist doch nur was?«
    »Ein Mädchen vom Dorf.«
    »Ja.«
    Mutter zieht ein Taschentuch aus ihrer Tasche und wendet den Kopf ab, als sie sich den Mund abwischt. Sie zündet sich eine Zigarette an. Ich sage:

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