Liberty: Roman
nicht, ob ich sie begleiten will, und es gibt vormittags auch niemanden, mit dem man Fußball spielen könnte. Ich gehe zu Nanna. Es ist niemand zu Hause, also schwimme ich ein paar Bahnen, bis mir langweilig ist. Ich gehe wieder heim.
»Christian!«, ruft mich Irene aus der Küche. » Njoo kunisaidie « – komm, hilf mir.
» Kufanya kitu gani « – wobei?
» Mama hat gesagt, das Mittagessen soll fertig sein, aber ich weiß nicht, was ich machen soll«, sagt Irene. »Möchte sie, dass ich Fleisch brate, oder was?«
»Hat sie nichts gesagt?«
»Nein, nur Mittagessen für vier, dann sind sie gegangen.«
» Tsk .« Ich zeige ihr, wie man einen grünen Salat anrichtet.
»Wie wäre es mit einem Omelett?«, fragt Irene.
»Ja, das wäre gut«, sage ich und decke den Tisch. »Ich gehe noch eine rauchen, bevor sie kommen.« Irene lacht.
»Dank dir, Christian. Du bist mein Freund.«
»Ich danke dir«, erwidere ich und gebe ihr auf dem Weg aus der Hintertür einen Klaps auf den Hintern.
»Na!«, ruft sie und schlägt mit dem Omelettheber nach mir, aber ich bin bereits draußen. » Wewe ni mshenzi kabisa « – du bist total verrückt.
»Ich bin verrückt nach dir«, sage ich durch die Tür.
» Toka !«, erwidert Irene – verschwinde. Ich rauche. Léon und Mutter kommen zurück, kurz darauf Vater. Wir essen zu Mittag. Sie trinken Bier und hinterher Kaffee. Bald ist es Zeit, nach Moshi zu fahren.
»Kann ich mit dir fahren?«, frage ich Léon, weil ich noch nie in so einem Jeep gefahren bin.
»Ja, natürlich«, sagt er und legt mir einen Arm um die Schulter. Wir steigen ein, und er gibt ordentlich Gas, aber schon bald fährt Léon wieder langsamer.
»Christian«, übertönt er den Fahrtwind. »Ich möchte dich etwas fragen.«
»Was denn?«
»Es ist eine hypothetische Situation. Weißt du, was das bedeutet?«
»Ja.«
»Gut«, sagt er und starrt vor sich hin. »Was denkst du, wie sollte man handeln, wenn man sich in eine Frau verliebt hat, die verheiratet ist und Kinder hat, und man selbst ist geschieden, lebt also allein. Was wäre in einer solchen Situation richtig?«
»Öh«, gebe ich zur Antwort, »das kommt vermutlich auf die Frau an, oder … also, über wen redest du?« Ich schreie fast, damit er mich trotz des Fahrtwinds in dem offenen Jeep hören kann.
»Na ja«, erwidert er und schluckt, sieht erst mich an, dann wieder auf die Straße, räuspert sich dann und atmet tief ein. »Also, es ist so … aber das darfst du niemandem erzählen.«
»Nein, nein, ganz ruhig.«
»Katriina«, sagt er. Katriina? Na ja, Jonas ist ein Arschloch, aber Katriina und Léon? Die Vorstellung fällt mir schwer. Der große Farmer und Jäger zusammen mit der etwas hilflosen Frau, die ein bisschen zu dick geworden ist und Hängetitten hat? Andererseits, Katriina ist nett, kein Zweifel, aber … was weiß ich.
»Aber …«, erkundige ich mich. »Weiß sie es?«
»Katriina?«
»Ja.« Wer sonst?
»Ja, sie weiß es. Und sie würde auch gern«, sagt Léon und nickt düster.
»Davon habe ich keine Ahnung.« Wovon redet der Mann? Woher soll ich so etwas wissen?
»Nein, aber findest du es … falsch? Also, wenn man … einer verheirateten Frau nachsteigt?«
»Ich kenn mich da nicht aus. Dazu bin ich nicht alt genug«, erwidere ich. Eine Weile fahren wir, ohne ein Wort zu sagen. Nähern uns Moshi.
»Versprich mir, dass du niemandem etwas sagst, okay?«, bittet Léon.
»Ja, ganz bestimmt.«
Wir kommen bei den Larssons an. Solja ist glücklich, es gibt Milchbrötchen und Kuchen, Kakao und Kaffee, Luftballone und Klassenkameraden, einige Erwachsene und eine von Katriina im Garten organisierte Schatzsuche. Sie besteht darauf, dass ich teilnehme, obwohl ich eigentlich zu alt für so etwas bin. Aber okay. Ich sehe mir Katriina an. Mit Léon – das ergibt keinen Sinn. Bei ihr könnte ich es mir vorstellen, aber ich habe nicht das Gefühl, dass er scharf auf sie ist. Später gibt es Pizza und Lasagne von mama Androli. Wir sitzen im Wohnzimmer und auf der Veranda verstreut und essen. Ich beobachte Katriina und Léon. Ich sehe nichts zwischen ihnen. Léon sitzt neben meiner Mutter, redet über Golf und lacht. Er verbirgt es ziemlich gut. Und ich merke auch Katriina nichts an, die ins Wohnzimmer kommt und meinen Vater fragt, ob er ihr nicht in der Küche helfen kann. Sie versucht nicht einmal, mit Léon allein zu sein. Léon und Katriina – ich glaube es nicht.
1983
Marcus
MAMA FRIENDS GUESTHOUSE
Die internationalen Kontakte
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