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Liberty: Roman

Liberty: Roman

Titel: Liberty: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbob
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einem Anflug von Hysterie in der Stimme. Ich lehne mich gegen die Türfassung. Sie steht mit dem Rücken zu mir und wühlt in der Schreibtischschublade. Auf dem Bett liegt ein offener Koffer, darin ein Durcheinander von Kleidern.
    »Was machst du da?«
    Sie wirbelt herum. »Oh!«, sagt sie. »Hast du mich erschreckt.«
    Ich sehe, dass sie geweint hat.
    »Was ist passiert? Wo ist Vater?«
    »Ich …«, beginnt sie und sieht mich an. Dann bricht sie ab, dreht mir den Rücken zu und durchsucht nun systematischer die Schreibtischschubladen. »Ich kann nicht mehr mit deinem Vater zusammenleben. Ich muss hier weg.«
    »Wovon redest du?«
    Ihr Rücken beginnt zu beben. Müsste ich jetzt zu ihr gehen und eine Hand darauflegen? Das will ich nicht. »Wollt ihr euch scheiden lassen?« Es scheint, als würde sie sich zusammennehmen. Das Zittern hört auf. Sie bleibt mit beiden Handflächen auf die Schreibtischplatte gestützt stehen, bis sie sich umdreht und mir in die Augen sieht.
    »Er treibt mich zum Wahnsinn. Ich muss einfach hier weg.«
    Ich breite die Arme aus. Schaue sie fest an und frage: »Wo ist er denn?«
    Sie schließt den Koffer auf dem Bett. Sieht mich nicht an.
    »Er kommt bald«, sagt sie. Nicht mehr. Ich müsste fragen, was aus mir werden soll. Aber ich frage nicht, denn ich kenne die Antwort: Es ist ihr gleichgültig – sie weiß es nicht. Ich gehe ins Wohnzimmer und setze mich aufs Sofa, die Füße auf dem Couchtisch. Nach einer Weile kommt sie mit einer Reisetasche über der Schulter und dem Koffer in der Hand herein. Sie stellt das Gepäck ab, legt ein zusammengefaltetes Blatt Papier auf den Esstisch und stellt die Blumenvase darauf. Schaut mich kurz und hektisch an. Bleibt mitten im Zimmer stehen und starrt auf die Verandatür. Ich sage nichts, rühre mich nicht.
    »Es tut mir leid, Christian.« Ich antworte nicht. Sie kommt zu mir. Ich rühre mich nicht. Sie steht vor mir – will sich zu mir hinunterbeugen, um mich zu umarmen.
    »Lass das«, sage ich. Sie richtet sich auf.
    »Es ist nicht meine Schuld.« Tränen laufen ihr die Wangen hinunter.
    »Doch, ist es«, sage ich.
    Sie dreht sich um und nimmt ihre Sachen. »Du verstehst das nicht.« Sie sieht sich im Wohnzimmer um – mit ausdruckslosem Gesicht. Ganz plötzlich tritt sie an die Anrichte und greift nach dem Rahmen mit dem Foto von Annemette, stopft es in die Reisetasche. Sie schaut mich an. »Ich rufe morgen an.« Ich sehe sie an, blase meine Backen auf, stoße die Luft aus und schüttele den Kopf. »Auf Wiedersehen, Christian«, sagt sie und öffnet die Tür.
    »Du bist blöd«, sage ich. Und dann ist sie draußen, und ein Schluchzen steigt in meinem Hals auf. Ich unterdrücke es, während ich hastig aufstehe, ins Badezimmer gehe und mir Wasser ins Gesicht schütte. Das Bild der Toten nimmt sie mit, und mich lässt sie wie ein Stück Scheiße auf dem Sofa sitzen. Ich höre, wie der Wagen angelassen wird und davonfährt. Ich trete auf die Veranda und zünde mir eine Zigarette an. Der Wachmann kommt. Wieso kann er nicht einfach wegbleiben?
    »Wo will mama denn hin?«, erkundigt er sich.
    »Weiß ich nicht.« Ich gehe wieder ins Wohnzimmer. Sitze auf dem Sofa. Mir fällt der Zettel ein. Wie konnte ich das vergessen? Ich schaue auf das Blatt Papier auf dem Esstisch. Es ist nicht an mich gerichtet. Ich habe keine Lust, es zu lesen. Aber … ich stehe auf und gehe steif auf den Tisch zu. Falte das Blatt auseinander:
    »Liebster Niels, ich halte es nicht länger aus. Du willst nicht mit mir über Annemette sprechen. Es hat mir das Herz gebrochen – auch, dich so zu sehen. Du zerstörst dich selbst. Du wirst uns nicht weiterhelfen. Ich spüre, dass du mich hasst. Ich kann nicht mehr. Ich fahre nach Hause. Pass gut auf Christian auf. In Liebe, Kirsten.«
    Wie banal. Ihr Herz gebrochen. Krank. Ich lege das Blatt wieder unter die Vase. Setze mich.
    Erwache. Sitze auf dem Sofa. »Wache!«, höre ich draußen die Stimme meines Vaters. Das Tor wird geschlossen. Ich fahre mir durchs Gesicht. Er kommt herein.
    »Wo ist deine Mutter?« Sein Gesicht, seine Kleider und Hände sind schwarz vor Ruß.
    »Was ist passiert?«
    Er winkt ab.
    »Deine Mutter?«, fragt er wieder.
    »Sie ist gefahren«, sage ich und zeige auf den Esstisch. »Dort liegt ein Zettel. Was ist passiert?« Er liest den Zettel.
    »Ach, verdammt«, murmelt er und hält das Blatt hoch, sieht mich fragend an.
    »Ja, ich hab ihn gelesen.« Er ist eindeutig betrunken, aber erregt genug, um es sich

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