Licht (Gone) (German Edition)
wüsste, würde Gaia ihn umbringen.
Als hätte sie sie mit ihren Gedanken heraufbeschworen, tauchte Sinder an der Seite des Hotels auf. Wahrscheinlich war sie auf dem Weg zur Barriere, um sich zu den anderen zu gesellen, die dort auf das Ende warteten. Ob Sinders Mutter auch da war? Astrid hatte sich nie mit ihr über ihr Leben vor der FAYZ unterhalten.
So wie sie viele der Kids nie richtig kennengelernt hatte. Was sie nie mehr nachholen könnte.
Als sie die Augen schloss, sah sie das schreckliche Licht aus Gaias Händen. Und roch den Gestank nach verbranntem Gummi, nach Asche und nach verkohltem Fleisch.
Wenn Sam gleich sterben würde, wäre Gaia schwächer und alle anderen könnten vielleicht überleben.
»Ich habe diese Wahl schon einmal getroffen«, sagte sie zum dunklen Himmel. »Ich habe Pete geopfert.«
Der Himmel gab ihr keine Antwort. Im Süden schimmerte er im sanften Licht der Schiffe und Gebäude. Im Norden färbten die Flammen ihn blutrot. Der Brand breitete sich aus und wurde größer. Er musste den Waldrand inzwischen erreicht und das angrenzende Grasland erfasst haben. Danach wären die Felder an der Reihe, die sie ernährten.
Sie hätte beinahe gelacht. Ein Brand? In der FAYZ fast schon eine Lappalie.
Irgendwo da draußen lag das Monster Gaia auf der Lauer und plante den nächsten Angriff. Es gab nur zwei Möglichkeiten, sie aufzuhalten: Sie brauchten einen Märtyrer, der Pete freiwillig in sich aufnahm, oder Sam müsste zum Wohle aller anderen sterben.
Sie hatte Sam beschworen, alles zu tun, um zu überleben. Selbst wenn er dafür Diana töten oder die ganze Welt in Brand stecken müsste. Weil sie ohne ihn nicht leben wollte.
Bleib am Leben, Sam!, flehte sie ihn in Gedanken an. Du darfst einfach nicht sterben!
Astrid schloss die Augen, blendete die Schiffe, die Sterne und den Brand aus und wisperte: »Pete …«
Caine war auf dem Weg zum Hafen. Für ihn lag die Antwort auf der Hand: Wenn er überleben wollte, musste er auf die Insel. Weg von hier. Weg von Gaia. Nicht, dass sie ihn dort nicht finden würde, aber wie gesagt, der Trick bestand eben nicht darin, ewig zu leben, sondern als Letzter zu sterben.
Und nie wieder solche Qualen zu erleiden.
Einer von Quinns Leuten hielt Wache. Er passte auf die Fischerboote auf.
Caine tat ihm nicht weh, er warf ihn nur auf die Planken und nagelte ihn so lange fest, bis er zu schreien aufhörte. Dann fesselte er ihn und knebelte ihn mit einem Lappen, damit er nicht Alarm schlug. Gaia würde auch ihn finden, früher oder später. Mit etwas Glück erst später.
Caine betrat den Steg, an dem die Boote für Notsituationen vertäut waren. In einem müsste noch ein wenig Treibstoff sein. Viel wäre es nicht. Vor ein paar Tagen, als er noch König war …
Bei dieser Erinnerung verzogen sich seine Lippen zu einem düsteren Lächeln. König Caine. Wie schnell sich die Dinge ändern konnten. Jetzt machte er sich aus dem Staub, um sich noch ein paar Stunden länger an sein Leben zu klammern.
Der König, der zum Verräter wurde.
In seiner Überheblichkeit hatte er tatsächlich geglaubt, er hätte sich aus den Fängen des Gaiaphage befreit. Das würde ihm nie gelingen. Solange die Dunkelheit existierte, bliebe stets eine Hintertür für sie offen, durch die sie in seinen Kopf gelangen und ihn dazu bringen konnte, lieber sterben zu wollen, als noch eine Sekunde länger leiden zu müssen.
Er stieß ein Wimmern aus. Wie ein verängstigtes Kind. Im Grunde war er ja auch nichts anderes.
Er sprang ins Boot. Auf dem Tank befand sich keine Kraftstoffanzeige, also suchte er eine Weile herum und wünschte sich, er hätte Sams Leuchtkraft.
Nach ein paar Minuten fand er, was er brauchte. Einen Stab, der lang genug war, um damit den Benzinstand zu messen. Als er ihn wieder herauszog, waren ungefähr zweieinhalb Zentimeter dunkel verfärbt.
Draußen auf dem Ozean fuhr etwas Großes vorbei – womöglich ein Tanker, der bis zum Anschlag mit Benzinfässern beladen war.
»Das wäre was«, sagte er.
»Was wäre was?«
Sie hatte sich unbemerkt an ihn angeschlichen. Diana, eine dunkle Silhouette auf dem Steg über ihm.
Er wollte etwas sagen, bekam aber keinen Ton über die Lippen.
Seine Diana.
Schließlich fragte er: »Was willst du hier?«
»Ich habe dich gesucht. Du warst auf einmal weg.«
»Tja. Jämmerlich, was?«, sagte er verbittert, bereute es jedoch sofort. Es klang nach Selbstmitleid. Na ja, war es ja auch.
»Hier sind wir gelandet, als wir von der
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