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Licht über den Klippen

Licht über den Klippen

Titel: Licht über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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herausgefunden.«
    »Ja. Da liegt Jack.« Ich deutete auf den zerbrochenen Grabstein.
»Der jüngere Bruder.«
    »Und wo ist Daniel?«
    »Keine Ahnung.« Vielleicht war es besser, es nicht zu wissen, dachte
ich.
    Oliver war zuversichtlich, dass er es herausfinden würde, wenn ich
ihm genug Zeit ließe. »Ich liebe Herausforderungen.«
    »Das merke ich.« Ich zeigte auf das Fahrrad. »Strampelst du zum
Spaß?«
    »Heute bin ich geschäftlich unterwegs.«
    »Geschäftlich?«, fragte ich erstaunt.
    »In einem meiner Cottages in St. Non’s gab’s einen Wasserschaden.
Ich treffe mich dort um zehn mit dem Klempner.«
    »Mit Susans Klempner?«
    »Hat sie einen?«
    Ich nickte. »Von
Andrews & Son in St. Non’s.«
    »Das könnte er sein. Er hilft ihr bei der Einrichtung der Teestube,
nicht?«
    »Ja.«
    »Felicity sagt, ich muss unbedingt vorbeikommen und mir ansehen, was
ihr geschafft habt. Außerdem hättet ihr gestern ein Messer oder so was
Ähnliches gefunden, das mich interessieren könnte.«
    »Ach ja. Daniels, ich meine, Marks Messer.« Oliver schien meinen
Versprecher nicht zu bemerken.
    »Vielleicht schaue ich auf dem Heimweg vorbei. Du bist doch da,
oder?«
    »Ja.«
    »Dann bis später.« Er schwang sich mit einem strahlenden Lächeln
aufs Rad.
    Ob er das fragliche Cottage an eine Frau vermietet hatte? Wenn ja,
konnte sie sich auf einen angenehmen Tag freuen; Oliver und Susans attraktiver
Klempner, das war ein doppelt appetitlicher Anblick.
    Fast hatte ich ein schlechtes Gewissen, dass ich nicht in der Lage
war, Olivers Interesse zu erwidern. Aber ich konnte es nicht ändern. Entweder es funkt, oder es funkt nicht ,
hatte meine Schwester einmal gesagt. Und was Oliver anging, funkte bei mir gar
nichts.
    Mit einem Blick auf Ann Butlers Grab fragte ich im Stillen: Du verstehst das, oder?
     
    Am Friedhofstor überlegte ich kurz, ob ich den Pfad über
den neu angelegten Parkplatz und die Gärten zum Haus nehmen sollte oder die
Straße, auf der ich gekommen war. Am Ende wählte ich die Straße, weil sie mehr
Schatten bot, und machte mich auf den Weg.
    Es würde ein heißer Tag werden, das spürten die Vögel, die verhalten
sangen, um ihre Kräfte zu schonen. Hier und da raschelte ein kleines Tier im
hohen Gras. Alles schien vor sich hin zu dösen; nicht einmal die Hunde kamen
mir zur Begrüßung entgegen …
    Wahrscheinlich waren sie bei Mark in den Gärten. Doch dass das Haus
so still war, fand ich seltsam.
    Noch etwas anderes stimmte nicht. Erst nach einer Weile merkte ich,
dass ich auf hartem Untergrund ging, nicht auf Kies. In dem Moment hörte ich
fröhliches Pfeifen an der Vordertür des Gebäudes.
    Es war die gleiche Melodie, die Jack Butler am Morgen seiner
Heimkehr auf der Treppe gepfiffen hatte. Mich in Jeans und T-S hirt zu treffen, würde ihn vermutlich
noch mehr überraschen als unsere erste Begegnung.
    Ich sah mich nach einem Versteck um.
    Die Bäume am Straßenrand waren zu weit weg, also schlich ich mich in
den Schatten des Hauses zur hinteren Seite.
    Dann hörte ich eine vertraute Stimme. Und Lachen. Daniel, dachte
ich. Vermutlich Daniel und Fergal. Sie würden mich sicher ins Haus bringen,
bevor Jack mich entdeckte.
    Ich ging um die Ecke.
    Daniel, der am anderen Ende des Hofs stand, sah mich, als ich aus
den Schatten ins Licht der Sonne trat. Aber er lächelte nicht und signalisierte
mir nicht, dass er mich bemerkt hatte. Mir war klar, warum.
    Er befand sich nicht in Gesellschaft von Fergal.

ZWANZIG

    I ch stand an einer ziemlich ungünstigen Stelle. Zurücktreten
konnte ich nicht, weil Jack jeden Augenblick auftauchen würde, und der Hof bot
keinerlei Versteck. Mir blieb nicht viel mehr, als bewegungslos zu verharren
wie ein vom Jäger gestelltes Tier.
    Daniel veränderte seine Position ein wenig, sodass der Mann sich von
mir wegdrehen musste. Ich erkannte Mr Wilson an der Kleidung, dem langen Rock
aus elegantem dunkelgrünem Brokat, den hohen schwarzen Stiefeln und der weißen
Perücke unter der breiten Hutkrempe.
    Daniel sah mich über die Schulter des Mannes hinweg an und gab mir
mit einem kurzen Nicken zu verstehen, dass ich zu den Stallungen laufen sollte.
    Das tat ich, ohne einen Blick zurück zu riskieren, nicht einmal, als
ich die Ställe erreicht hatte, in denen es angenehm nach Heu roch. Ein oder
zwei Pferde streckten bei meinem Eintreten neugierig den Kopf, wandten sich
jedoch schnell wieder ab. Am hinteren Ende fand ich eine leere Box, in der ich
mich mit zitternden Knien an die raue

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