Licht und Dunkelheit
Ausblick auf den Fluss und die Wälder, die dahinterliegen. Das andere Fenster geht zum Garten hinaus, ich möchte es nicht missen!«
Lady Eluis lächelte. Sie hob ihre Hand und strich ihr übers Haar. »Euer Lachen macht mein Herz leicht. Ihr erinnert mich mit Eurer Art an einen Menschen, den ich sehr liebte.«
Überrascht sah Levarda Lady Eluis an. »Aber Ihr sagtet doch, Ihr wäret nie verheiratet gewesen.«
»Nein, das war ich auch nicht. Obwohl das nie in meiner Entscheidung lag, und er hätte niemals die Erlaubnis erhalten, einen Heiratsantrag für mich zu stellen.« Sie brach ab, ihre Augen versanken in Erinnerungen, und ein weicher Schimmer legte sich auf ihre Züge.
Levarda wartete ab, bis sie sah, dass Lady Eluis wieder bei ihr war. Jetzt lächelte sie Levarda an. »Kommt, ich zeige Euch sein Bild. Reicht mir Eure Hand.«
Levarda half ihr beim Aufstehen, und gemeinsam gingen sie ins Schlafzimmer. Direkt gegenüber vom Bett hing ein Gemälde, das einen Gardeoffizier zeigte. Auf seiner Uniform prangte das Wappen mit dem Schild. Seine Figur wirkte zierlich, aber er hatte kräftige Schultern, dicht gelockte schwarze Haare, unglaublich helle blaue Augen. Auf dem Bild blickte er ernst in die Weite, und ein trauriger Zug lag um seine Lippen. Sein Gesicht war so ausgewogen proportioniert, seine Hautfarbe ein wenig dunkler als bei den Menschen in Forran üblich, und seine Augen standen ganz leicht schräg.
Wenn Levarda in ihrer Vorstellung diese Augen runder und braunschwarz werden ließ, die Wangenknochen etwas ausgeprägter malte, dann konnte sie in den Zügen des Offiziers das Gesicht von Lord Otis ohne die Narbe erkennen oder zumindest eine verblüffende Ähnlichkeit mit ihm. Die Augenfarbe des Mannes auf dem Gemälde war mit der von Sendad identisch.
»Wer ist das?«, fragte Levarda heiser, obwohl sie die Antwort kannte.
»Bihrok, ein Offizier der Garde. Glaubt mir, es gab keine Frau am Hof, die ihm nicht verfiel, keine, die ihn nicht gern getröstet hätte, wenn er diese Traurigkeit um sich trug wie einen Schutzschild. Wenn er lachte, fühlte man die gleiche Freude und Unbeschwertheit wie bei Eurem Lachen.«
»Bihrok«, hauchte Levarda und trat dichter an das Bild.
»Ihr kennt ihn?«, frage Lady Eluis überrascht.
»Nein, aber ich hörte die Offiziere von ihm erzählen.«
»Ja, ohne ihn wäre das Geschlecht des hohen Lords bereits ausgestorben. Alles, was die Garde heute leistet, all die Herausforderungen, denen die Leute sich stellen müssen – ohne die harte Schulung durch Bihrok hätten sie keine Chance, es zu meistern.«
Levarda fragte sich, ob Lady Eluis nicht auffiel, wie sehr die weiblichen Akzente in Bihroks Gesicht hervorstachen.
»Hat er Eure Liebe erwidert?«
Lady Eluis seufzte »Nein, aber ich verbrachte viel Zeit mit ihm.« Sie deutete auf ihren Nachttisch, auf dem ein dickes, schweres Buch lag. »Er bat mich, seine Geschichten, die er an den Ehrentagen auf den Burgen erzählte, wenn wir ihn alle darum baten, zu illustrieren. Er hatte sie auf ausdrücklichen Wunsch des hohen Lords für seinen Sohn Gregorius aufgeschrieben.«
Ein Leuchten trat in Levardas Augen. »Darf ich?«
Als Lady Eluis nickte, ging sie hinüber, öffnete vorsichtig den Buchdeckel. Sofort erkannte sie die klar gestochene Schrift von Larisan. »Minta und Taran«, las sie laut vor.
»Ihr könnt lesen!«, rief Lady Eluis entzückt aus.
Levarda nickte nur, gefesselt von dem Buch, das die Geschichten ihrer Heimat enthielt. Jede Seite war mit fein gezeichneten Bildern illustriert: Menschen, Tieren, Flüssen, Wäldern, dem Asambra mit einer leuchtenden Aura.
Wenn Larisan alle Erzählungen aufgeschrieben hatte, dann musste auch der See Luna vorkommen. Ihre Finger zitterten beim Blättern. – Da, die Geschichte des Sees Luna, und am Ende gab es ein Bild von ihm, so getreu gezeichnet, als wäre Lady Eluis selbst dort gewesen. Die Illustration löste ein Sehnen in Levarda aus, das ihr den Hals zudrückte.
»Die Legende vom See Luna.« Lady Eluis trat neben sie. »Ich hätte mir denken können, dass Ihr sie mögt. Schließlich habt Ihr vor, Euch zu opfern.«
»Ich opfere mich nicht, ich bin hier, um zu retten. Ihr vergesst, dass Lady Smira eine Frau mit Potenzial ist.«
»Oh ja, das bezweifle ich nicht, mein Kind, sonst wäre Lord Blourred das Risiko niemals eingegangen.«
Levardas Hand strich über das Bild. »Wie konntet Ihr ihn nur so getreu zeichnen?«, fragte sie leise.
»Seid Ihr ein Kind des Elements
Weitere Kostenlose Bücher