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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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Wasser?«
    Levarda nickte. Es überraschte sie nicht mehr, dass Lady Eluis sich mit diesen Dingen auskannte.
    »Der See liegt in Mintra, nicht wahr?«
    »Woher wisst Ihr das?«, fragte sie, obwohl sie die Antwort ahnte.
    »Er erzählte und zeigte es mir. Wenn er meine Hände hielt, zauberte er all die Landschaften, die Ihr in dem Buch seht, in meine Gedanken.«
    Levarda blätterte weiter und betrachtete die Bilder ihrer Heimat.
    »Würdet Ihr mir eine Geschichte vorlesen?«, bat die alte Frau.
    Levarda sah sie an, fühlte den Schmerz und seufzte tief. »Heute nicht, Lady Eluis. Heute würde es mir das Herz zerreißen, aber morgen wäre es mir eine Ehre, wenn ich Euch etwas vorlesen darf.«
    Lady Eluis nahm Levardas Hände in ihre. »Ihr seid ein Licht in meiner Dunkelheit. Ich bin froh, dass es Euch gibt.«
     
    Das Vorlesen von Geschichten aus Mintra wob ein starkes Band zwischen den Frauen. Beim Lesen schien es Levarda, als würden die Legenden von Mintra durch die Bilder lebendig. Auf Levardas Stimme zu lauschen, brachte Lady Eluis eine Ruhe und einen Frieden, wie sie sie lange nicht mehr empfunden hatte, das sagte sie ihr jeden Tag. Sie behielten dieses Geheimnis für sich.
     
    Beim nächsten Fest war Lady Eluis nicht dabei. Sie fühlte sich der Feierlichkeit nicht gewachsen. So blieb Levarda nichts anderes übrig, als sich zu den unverheirateten Hofdamen zu gesellen. Das hieß, den Abend im Tanzsaal zu verbringen.
    Egris konnte ihr nicht mit seiner Gesellschaft helfen. Es ziemte sich nicht, dass er sie zu sich holte, da Celina wegen einer Unpässlichkeit zu Hause geblieben war. Levarda hatte es durch den Tratsch der Hofdamen erfahren. Sie hielt sich im Hintergrund, vor allem, wenn Männer ihren Weg zu den Frauen suchten, um sie zum Tanzen aufzufordern. Zum Glück interessierte sich niemand für sie. Sie bemühte sich, in Serafinas Nähe zu bleiben. Die Gespräche der anderen Mädchen waren langweilig wie immer.
    Erst, als Lemars Name fiel, horchte sie auf. Zwar gab es viele Geschichten über ihn, was Levarda nicht überraschte, aber diesmal ging es darum, dass er eine Hofdame entehrt haben sollte. Man erzählte sich, sie sei von ihrer Familie daraufhin verbannt worden, und niemals hätte jemand mehr von ihr gehört oder sie gesehen.
    Für die Mädchen, die sich von Lemars Charme angezogen fühlten, galt dies als ernsthafte Warnung.
    Levarda gab sich einen Ruck und fragte, warum man Lemar nicht gezwungen hatte, die Frau zu heiraten.
    Hamada erklärte ihr mit herablassendem Unterton, dass ein Offizier der Garde schließlich keine im Ruf beschädigte Frau ehelichen könnte. Die Logik darin verstand Levarda beim besten Willen nicht. Er selbst hatte doch die Frau entehrt? Weil alle sie anstarrten, stellte sie diese Frage nicht, wollte aber wissen, welche Konsequenzen sein Handeln für ihn selbst gehabt hatte. Hamada erwiderte, Lord Otis habe ihn zur Strafe einen Monat lang die Ställe ausmisten lassen.
    »Mit anderen Worten: Das Mädchen verliert seine Familie und jeden Schutz, während Lemar einfach für einen Monat Stallknecht spielt?«, fragte Levarda fassungslos.
    »Glaubt mir, für einen Offizier ist das eine harte Strafe.«
    »Gewiss«, spottete Levarda, »dagegen ist die Frau wahrlich glimpflich davongekommen, nicht wahr?«
    »Ihr solltet Euch das zu Herzen nehmen, Lady Levarda. Solche Mädchen wie Ihr sind seine Spezialität.«
    »Mädchen wie ich? Könnt Ihr das präzisieren, Lady Hamada?«
    »Mädchen vom Land, die keine Erfahrung im Umgang mit Männern haben, und die sich hinter den anderen verstecken. Ihr seid wie meine Schwester Serafina«, sie warf einen herablassenden Blick auf Letztere, »einfach naiv und unerfahren!«
    »Wie Ihr meint«, lächelte Levarda und spürte fast Mitleid, wenn sie daran dachte, was für Hamada die sogenannte Erfahrung im Umgang mit Männern bedeutete.
    »Hast du gesehen?, flüsterte Ilana eben Hamada zu, »das ist heute bestimmt das sechste Mal, dass er zu uns herüberschaut.«
    Mit glänzenden Augen senkte diese ebenfalls die Stimme. »Ja, ich habe es auch bemerkt. Aber welcher von uns gilt sein Interesse?«
    Levarda stöhnte innerlich auf. Die Unterhaltung wurde unterbrochen, als neue Tanzpartner die beiden aufforderten. Selbst Serafina wurde geholt – von Timbor. So blieb Levarda allein zurück.
    Sie musste an Lemars Schmerz denken, den sie damals in der Nacht so deutlich empfunden hatte, als sie sich weigerte, zu fliehen. Sie fragte sich, ob er mit dieser Geschichte

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