Licht und Dunkelheit
zusammenhing. Sie wusste zwar, dass Lemar mit den Frauen spielte, dennoch kannte sie ihn als verlässlichen und ehrenwerten Mann. Der Gedanke, dass er eine Frau entehrte und dann ihrem Schicksal überließ, passte nicht zu ihm.
Als Egris mit fragendem Blick um einen Tanz an sie herantrat, schüttelte sie leicht den Kopf. Es reichte ihr, dass man sie für naiv hielt, sie wollte nicht auch noch als Tollpatsch auf der Tanzfläche dastehen.
Gerne hätte sie sich zu Sendad gesellt, der nicht weit von ihr entfernt in einer Männergruppe stand. Von allen Offizieren vermisste sie ihn am meisten. Er bemerkte ihren Blick und sah sie fragend an, machte mit der Hand ein Zeichen zum Tanzen, zog die Brauen hoch. Levarda musste kichern, schüttelte erneut den Kopf.
Mit dem Weinglas prostete er ihr zu, bevor er sich wieder seinen Gesprächspartnern zuwandte. Diese hatten das stumme Gespräch zwischen ihnen verfolgt, und an seinen unruhigen Bewegungen und seinem Gesicht erkannte sie, dass sie ihn damit neckten. Sie fragte sich, was Hamada wohl von ihren stummen Zwiegesprächen mit den Offizieren der Garde halten würde, und seufzte tief. Wie einfach war ihr Leben in Mintra gewesen.
Auf der Tanzfläche hatte sich ein weiter Platz um Lord Otis und Lady Smira gebildet, die über die Fläche zu schweben schienen. Lady Smira war eine begehrte Tanzpartnerin. Jeder Mann glänzte auf der Tanzfläche mit ihr. Sie hatte eine so anmutige Art, sich zu bewegen, dass man die Musik an ihrem Körper sehen konnte. Levarda beneidete sie um diese Art des Tanzens.
Lord Otis‘ Geschick im Tanzen stand dem ihrer Cousine in nichts nach. Seine Partnerwahl beschränkte sich an diesem Abend auf Lady Smira und die Ehefrauen der Offiziere sowie einige Damen der Herrschaftshäuser, allesamt verheiratete, wie Levarda amüsiert feststellte, nachdem sie seine Wahl eine Weile beobachtet hatte. Die Hofdamen forderte er nie zum Tanzen auf.
Sein Blick streifte ihren kurz und eine steile Falte erschien zwischen seinen Augenbrauen. Sie fragte sich, worüber er sich diesmal ärgerte.
Die Offiziere der Garde tanzten nicht mit Lady Smira.
Die Tanzrunde war beendet und die Hofdamen kehrten zu Levarda zurück. Manche Tanzpartner brachten ihre Dame ohne Umwege an ihren Platz, andere wiederum ließen sich Zeit.
»Deiner Mutter sind seine Blicke ebenfalls aufgefallen«, sagte Felicia kichernd.
Hamada verzog das Gesicht, als hätte sie in eine saure Frucht gebissen. »Ich bezweifle, dass sein Interesse Serafina gilt.«
»Vielleicht ja doch Lady Levarda?«, mutmaßte Galina.
Sie sprachen über sie, als wäre sie nicht anwesend.
»Ich glaube eher, dass es ihm um Dajana geht«, murmelte Hamada mit einem neidischen Blick auf eine andere Dame, deren vorheriger Tanzpartner den Rückweg möglichst lange ausdehnte.
Inzwischen war Levarda klar, dass es sich bei ‚ihm‘ um Lord Otis handelte. Die Mutmaßungen hielten an. Jedes Mal, wenn sein Blick auch nur kurz über die Hofdamen hinwegging, wurde dies ausführlich diskutiert. Sie verdrehte die Augen, betete vorwurfsvoll fragend zu Lishar, weshalb sie diesen Frauen ein Hirn gab, wenn sie es nicht einzusetzen gedachten.
Endlich kam der Zeitpunkt, an dem Levarda sich zurückziehen konnte, ohne die Regeln des Anstandes zu verletzen. Dankbar verabschiedete sie sich von den anderen.
Lady Smira bekam ihre Monatsblutung. Den Tag verbrachte Levarda damit, ihre Cousine zu trösten, erklärte, wenn es so einfach wäre, dass schon vor ihr ein Mädchen vom hohen Lord schwanger geworden wäre. Daraufhin wandelte sich das Selbstmitleid in einen Wutanfall. Gelassen nahm Levarda ihre Launen hin, massierte sie mit Ölen und verwöhnte sie mit heißem Kräutersud.
Abends waren ihre eigenen Muskeln verkrampft von der Anspannung, die die Geduld ihr abforderte. Sie brauchte selbst ein Bad und hätte gern jemanden gehabt, der ihr die Schultern massierte. Leider verfügten Lady Smira und Lady Eluis als Einzige über den Luxus eines eigenen Raumes für ein Bad. Die übrigen Hofdamen teilten sich ein gemeinsames Zimmer und sie hatte keine Lust, irgendeiner der tratschsüchtigen Frauen über den Weg zu laufen.
Immerhin gelang es ihr, Lady Smira klarzumachen, dass sie, wenn ihr Gemahl sie das nächste Mal besucht hatte, umgehend nach Levarda schicken sollte. So konnte sie feststellen, ob ihr Mann über lebensspendende Kräfte verfügte.
Auf dem nächsten Fest, das schon bald darauf stattfand, gab die Anwesenheit von Lady Eluis Levarda
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