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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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unerbittlich.
    Sie holte Luft zum Protestieren, doch er ließ ihr für eine Antwort nicht die Zeit.
    »Ihr müsst aufhören, mit Eurem Herzen zu denken, und Euren Verstand einschalten. Es nützt nichts, wenn Ihr versucht, die Menschen in der Stadt zu retten, und dabei selber Euer Leben aufs Spiel setzt. Schaut Euch an, Ihr besteht ja selbst nur noch aus Haut und Knochen. Also konzentriert Euch auf die, die es mit Eurer Hilfe schaffen können. Wenn Ihr dazu selber nicht in der Lage seid, werde ich dafür sorgen.«
    Sie stand auf, wollte ihm keinen Moment länger zuhören.
    »Setzt Euch!«
    Seine sprungbereite Haltung signalisierte ihr, dass er seinen Befehl bei ihr mit Gewalt durchsetzen würde. Widerwillig gab sie nach.
    »Gebt mir Eure Hände.«
    Langsam streckte sie ihre Hand aus.
    »Beide.«
    Als sie sah, wie er die Augen schloss, sich auf sein Innerstes konzentrierte, verstand sie, was er machen wollte. Sie bildete mit den beiden Händen eine Schale und nahm seinen Energieball an. Er fixierte sie mit einer Miene, die ihr Angst einjagte.
    »Ihr esst jeden Tag Euren Teller leer, samt der Pramplon.«
    »Pramplon?«
    »Die Früchte. Wagt es nicht, Euch meinen Anweisungen zu widersetzen.«
    »Darf ich mich jetzt in mein Gemach zurückziehen?«
    »Ihr dürft.«
    Sie stand auf, würdigte ihn keines weiteren Blicks. An der Tür hielt seine Stimme sie auf.
    »Und Levarda – nehmt noch ein Gramm ab, und ich streiche Euch die Stadtaufenthalte komplett, auch die bei Celina und Levitus.«
     
    Erst in ihrem Zimmer fiel ihr auf, dass er die höfliche Anrede ausgelassen hatte. Auf ihrem Schreibtisch standen eine angezündete Kerze, ein Teller mit Brot, ein Krug mit Wasser und ein Becher mit einem Schluck Wein. Sie setzte sich, dachte über das nach, was im Wachzimmer geschehen war. Hatte er ihr tatsächlich eine Tagesplanung aufgedrückt, es gewagt, sie, Levarda von Mintra, zu bedrohen? Was nahm sich dieser überhebliche Kerl ihr gegenüber heraus? Verärgert schlug sie eines der Bücher auf und suchte nach der Stelle, an der sie ein ähnliches Symptom beschrieben gefunden hatte, wie es ihr heute bei einem älteren Mann aufgefallen war. Sollte es sich bewahrheiten, könnte die Krankheit auf andere übergreifen. Beim Lesen stopfte sie sich Brot in den Mund. Sie fand die Stelle im zweiten Buch. Aufmerksam las sie den Abschnitt durch und fühlte Erleichterung. Nein, es handelte sich nicht um dieselben Symptome.
    Grimmig lächelnd schlug sie das nächste Buch auf. Lord Otis mochte ihre Tage einteilen, aber er konnte nicht bestimmen, wann sie zu Bett ging und wann sie aufstand. Zufrieden griff sie nach dem Becher mit Wein und trank ihn in einem Zug leer.
    Als sie die Bitterkeit im Nachgeschmack wahrnahm, war es zu spät. Fassungslos betrachtete sie den leeren Becher. Dieser skrupellose, machtbesessene Sohn einer Schlange hatte ihr einen Schlaftrunk in den Wein gemischt.
     
    Levarda fragte sich, wie kalt es noch in diesem Land werden konnte. Das Essen erfuhr eine weitere Rationierung. Ihre Portionen blieben groß genug, sodass sie ein wenig an Gewicht zunahm. Die Früchte verliehen ihr ausreichend Kraft, dass sie ihre Aufgaben wahrnehmen konnte. Sie versuchte an den zwei Tagen, die sie in die Stadt durfte, der Anzahl an Hilfebedürftigen gerecht zu werden. Ohne Erbarmen achteten die zwei Soldaten, die sie begleiteten, darauf, dass sie pünktlich den Rückweg in die Festung antrat. Selbst mit Bitten und Betteln schaffte sie es höchstens, die Zeit um eine halbe Stunde zu dehnen. Es gab Augenblicke, da hätte sie Lord Otis am liebsten einen Pfeil mitten in sein finsteres Herz geschossen – wenn er überhaupt eines besaß.
    »Worüber grübelt Ihr nach? Euer Gesicht sprüht vor Zorn.«
    »Das wollt Ihr nicht wissen«, antwortete sie Lemar, der ihr im Wachzimmer gegenübersaß und darauf achtete, dass sie ihr Essen zu sich nahm. Sie verzog ihr Gesicht, als sie den letzten Löffel der Pampe in ihren Mund schob.
    »Es ist unglaublich, wie sehr Euch Sita ähnelt. Sie macht das gleiche angewiderte Gesicht, wenn ich ihr den Hafer gemischt mit Fett ins Maul schiebe. Angelegte Ohren, die Nüstern hochgezogen, die Lippen zusammengepresst, als würde ich ihr faule Äpfel vorlegen.«
    Levarda musste grinsen. »Und Ihr bekommt es in ihr Maul?«
    »Mit viel Geduld.«
    »Wie geht es ihr? Wer reitet sie?«
    »Ich.«
    »Ihr?«
    »Nachdem sie ihren ersten Reiter mithilfe eines Astes abstreifte und den nächsten beim Aufsteigen gebissen hat, meinte

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