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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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durchschritten, doch war er einem weiten kreisförmigen Bogen gefolgt, dessen Inneres verborgen lag.
     
    Levarda beschloss, die Offenheit ihrer Magd als Informationsquelle zu nutzen, »Diese Rika«, tastete sie sich vor, »nimmt sich für eine Dienerin viel heraus.«
    Adrijana zuckte mit den Schultern. »Für die Bettzofe eines unverheirateten Lords nicht ungewöhnlich.«
    Levarda stutzte, aber Adrijana fuhr unbeirrt mit dem Nähen fort.
    »Für die was?«, hakte sie verwirrt nach.
    Die Magd sah überrascht auf. »Die – naja – Bettzofe?« Als habe sie ihr ein klares Stichwort geliefert, wartete sie offenbar auf Levardas Zustimmung, so etwas wie ‚ach so‘ oder ‚Das meinst du!‘
    »Ihr kennt – keine Bettzofe?«, fragte das Mädchen unsicher und schaute befremdet.
    Levarda schüttelte den Kopf, obwohl sie bereits eine Ahnung beschlich. »Nein, kannst du es mir erklären?«
    Eine feine Röte schlich sich in das Gesicht der Jüngeren, konzentriert blickte sie auf ihre Näharbeit und Levarda musste genau hinhören, um ihre leisen Worte zu verstehen.
    »Manche Herren halten sich mehrere Bettzofen. Lord Otis hat eigentlich nur Rika. Ihr könnt Euch doch bestimmt denken, was damit gemeint ist.«
    Ja, Levarda dachte es sich. In ihr wallte Zorn hoch über die Art der Dienstleistung, die er seiner Magd abverlangte. Sie wusste, dass die weiblichen Dienstboten außer einem Dach über dem Kopf, Kleidung und etwas zu essen keinerlei Lohn erhielten, im Gegensatz zu den männlichen Dienern. Sie galten als Besitz und durften ohne Erlaubnis des Lords ihren Herrn nicht wechseln. Das alles hatte ihr Lady Tibana erklärt, doch das Wort Bettzofe war von ihrer Seite niemals gefallen.
    »Nein«, stieß sie schärfer als beabsichtigt hervor. »Ich habe keine Ahnung, was du meinst.« Sie wollte eine Erklärung.
    Adrijana zuckte zusammen, duckte den Kopf noch tiefer über ihre Arbeit. »Naja, er – ist ein Mann, und – ähm, jeder Mann hat körperliche Bedürfnisse, die er befriedigen muss. Also wählt er sich aus seiner Dienerschaft eine Frau, die die Nächte mit ihm verbringt.« Es klang, als würde die Magd ihren Herrn verteidigen.
    Obwohl sie es geahnt hatte, traute Levarda ihren Ohren nicht. Sie hockte sich vor der Magd auf den Boden und hielt deren Hände fest.
    »Was macht er?«, fragte sie fassungslos nach.
    Adrijana sah ihr jetzt ängstlich ins Gesicht. »Ihr braucht keine Sorge zu haben«, stammelte sie, »er ist nicht so wie andere. Wenn Ihr seine Gemahlin seid, hat das sicherlich ein Ende. Darum mag Rika Euch ja nicht.«
    Der Widerstreit ihrer Gefühle gegenüber Rika ging Levarda durch den Kopf, aber Adrijana verstand ihren Ausdruck falsch.
    »Er hat sie diesmal nicht angerührt. Ehrlich! Und Rika hat sich deshalb gestern Nacht in den Schlaf geweint.«
    »Weil sie ihn liebt?« Levarda wurde bewusst, dass ihre Frage eher nach einer Feststellung klang.
    »Nein, weil sie es vermisst. Lieben tut sie Bernar, doch der will sie nicht, solange sie eine Bettzofe ist.«
    »Aber Lord Otis zwingt sie doch, seine Bettzofe zu sein«, in Levardas Stimme schwang Abscheu mit.
    »Nein, der Herr zwingt keine Dienerin in sein Bett«, Adrijana kicherte verunsichert, »das hat er nicht nötig.« Sie zwinkerte Levarda verschwörerisch zu. »Er versteht etwas von diesen Dingen, Ihr werdet es sehen. Schade, dass ich keine Lady bin.«
    Was Adrijana damit meinte? Ein Bild aus ihrem gestrigen Traum schob sich in Levardas Gedanken. Kein Wunder, dass dieses Bett eine solche Aura ausströmte und ihr so einen Albtraum beschert hatte. Sie würde heute Abend dagegen vorgehen, versprach sie sich grimmig. Dann erst formten die verschiedenen Äußerungen der Dienerin einen Sinn in ihrem Kopf. Fassungslos von den wirren Worten der Magd holte sie sich einen Sessel vom Kamin, den sie ans Fenster zu Adrijana stellte. Bevor sie die nächste Frage formulierte, musste sie sich setzen. Allein der Gedanke daran jagte ihr das Grauen durch ihren Körper, aber es musste geklärt werden.
    »Wie kommst du auf die absurde Idee, dass mich Lord Otis zur Frau nehmen will?«
    Erstaunt sah das Mädchen sie an. Es hob die Hand und umfasste mit einer Bewegung den Raum, hob die Schultern. »Deshalb.«
    Nachdenklich sah sich Levarda um. In einem war sie sich sicher, nämlich dass dies auf keinen Fall der Grund war, weshalb sie in diesem Zimmer schlief. Sie brauchte nur an die Nacht am See zu denken und an seine Haltung wie eine steingemeißelte Statue. Lord Otis hegte genauso

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