Licht und Dunkelheit
daran, und mit einem leisen Schnacken öffnete sich ein schmaler Spalt in der Wand, um eine Öffnung erkennen zu lassen, drei Mann breit und anderthalb Mann hoch. Sie befand sich etwa drei Schritt weit vom Bett entfernt. War dies eine Tür, um einer Bettzofe unbeobachtet Zutritt zu gewähren? Doch weshalb sich mit Unbequemlichkeiten abgeben, wenn es doch kein Geheimnis war, dass eine Dienerin das Bett mit dem Lord teilte? Levardas Neugierde war geweckt. Sie stemmte sich gegen die Öffnung, und die getarnte Tür schwang komplett in die Dunkelheit zurück.
Levarda spürte, wie die Entdeckung eine Erregung durch ihren Körper spülte. Aus dem Raum schlug ihr Kälte entgegen und ließ sie frösteln. Sie huschte zur Truhe, holte sich ihren Reiseumhang und hüllte sich darin ein. Dann schloss sie die Augen, sammelte ihren Geist, bis dieser die Dunkelheit mit einem blauen Licht durchbrach.
Sie merkte, wie dies ihre volle Aufmerksamkeit erforderte, eine schwierige Übung auf höchstem geistigen Niveau. In Gedanken sah sie den Gang, konnte aber die Augen nicht gleichzeitig öffnen, damit sie das Bild nicht verlor. Langsam setzte sie sich so in Bewegung und folgte Schritt für Schritt dem Weg, den sie in ihrem Kopf sah.
Zuerst führte eine Treppe nach unten. Der Gang war so eng, dass ihr wenig Bewegungsspielraum blieb. Ein langer Weg in die Tiefe. An einem Absatz angelangt, machte der Gang eine Biegung nach links. Gleichzeitig verbreiterte er sich, sodass bequem drei Menschen nebeneinander gehen konnten. Levarda dachte nach. Dieser Weg führte sie also weg vom Hof und näher an die äußere Burgmauer heran. Irgendetwas flackerte in ihrem Blickfeld. Sie öffnete die Augen und sah das Licht einer Fackel, das von der Biegung her kommen musste. Genau in diesem Moment hörte sie Stimmen.
»Sie ist hier. – Lady Levarda! Ihr könnt Euch zeigen. Ich verspreche Euch, dass Euch nichts geschieht.«
»Sendad, deine Sinne in allen Ehren«, entgegnete Lemar, »aber wenn sie hier wäre, müssten wir ein Licht sehen oder hören, wie sie sich den Hals bricht, weil sie die Treppe hinunterfällt.«
Das also war der Vorteil des Zimmers? Ein Geheimgang, an dessen Ende die Mörder warteten? Sie war in eine Falle getappt! Ein abgekartetes Spiel, auf das sie in ihrer Naivität hereingefallen war. Einen Stich aber versetzte es ihr, dass Sendad hier unten mit den anderen auf sie lauerte und auch noch behauptete, ihr würde nichts geschehen. Entschlossen trat sie um die Ecke.
Die beiden Männer fuhren erschrocken zusammen, als Levarda aus der Dunkelheit im Licht erschien. Trotzdem lag eine Schwertklinge an ihrem Hals, bevor sie einen weiteren Atemzug gemacht hatte. Sie spürte, wie die Klinge ihre Haut anritzte. Ihr Körper spannte sich, bereit zur Gegenwehr, als die Waffe sich senkte.
»Verzeiht, Mylady, aber Ihr habt mir einen solchen Schrecken eingejagt. Ein Reflex, ich wollte Euch nicht verletzen.« Sendad trat zu ihr, hob die Hand an ihren Hals und wischte das Blut ab.
Überrascht von der intimen Berührung verharrte Levarda stocksteif. Der Mann, der sie um Haupteslänge überragte, sah auf sie herab. Für einen Moment, kamen ihr seine Züge, wie sie im Licht der Fackel warm schimmerten, irritierend vertraut vor.
Sendad, der sich ihrer Nähe erst jetzt bewusst zu werden schien, wich zurück. »Verzeiht, Mylady, mein Verhalten ist ungehörig.«
»Sendad, hast du völlig deine Manieren vergessen?«, schalt Lemar leise. »Übrigens – du schuldest mir zwei Goldstücke.«
»Noch nicht«, erwiderte Sendad mit gerunzelter Stirn. »Ist alles in Ordnung mit Euch?«
Levarda erwachte aus ihrer Erstarrung. Inzwischen begriff sie, dass dies keine Falle war, um sie zu töten. Allerdings hatten die beiden Offiziere sie erwartet.
Sendad schien ihre Verwirrung zu spüren. »Kommt mit, es ist einfacher, wenn wir es Euch zeigen. Lemar, geh mit der Fackel voran.«
Ohne ein weiteres Wort drehten sich die Männer um und liefen den Gang entlang. Zögerlich folgte ihnen Levarda, versicherte sich aber zuvor, dass keine weiteren Überraschungen auf sie warteten. Deutlich spürte sie außerdem Sitas Anwesenheit in der Nähe, was sie noch mehr verwirrte. War mit ihr etwas nicht in Ordnung? Stumm liefen sie den dunklen Pfad entlang, der sich schier endlos zog. Levarda bedauerte, dass sie keine Schuhe angezogen hatte, doch nun war es zu spät, also tapste sie auf nackten Füßen weiter hinter ihnen her.
Endlich sichtete sie das Ende des Ganges. Ein eisernes
Weitere Kostenlose Bücher