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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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Gitter schützte den Zugang vor ungebetenen Gästen von außen. Fast lautlos ließ es sich in die Höhe ziehen. Sie hörte ihre Stute leise schnauben. Sie traten ins Freie.
    »Lemar, was ist mit Sita? Warum ist sie hier? Warum habt Ihr mir beim Abendessen nichts gesagt?«, schossen ihr die Fragen aus dem Mund.
    Die Stute rieb ihren Kopf an Levardas Schulter, ließ sich von ihr liebkosen und kraulen.
    Lemar lachte. »Mit Eurem Pferd ist alles in bester Ordnung. – Na los, Sendad, her mit meinen Goldstücken«, triezte er seinen Kumpan gutgelaunt weiter.
    »Falls es deinem scharfen Sinn entgangen sein sollte, mein Freund, schau mal genauer hin! Sie trägt ein Nachthemd unter dem Umhang und sie ist barfuß!«, gab Sendad zurück.
    Sie sah von einem zum anderen. »Was soll denn das alles? Und um was für Goldstücke geht es überhaupt? – Lemar?«
    Sendad trat zu ihr neben die Stute und blickte ihr forschend ins Gesicht. »Ich verdanke Euch mein Leben, Levarda. Heute bietet sich mir die Gelegenheit, es Euch zu vergelten. Sitas Satteltaschen sind gepackt mit Proviant, einem Fell zum Schlafen und ein paar Decken. Wir haben den Köcher mit Pfeilen voll gemacht, sodass Ihr unterwegs jagen könnt.«
    »Oh, und –«, fügte Lemar hinzu und wies auf Sitas Beine, »seht Euch Eure Stute an! Ihre Hufe sind frisch beschlagen und ich habe ihr die letzten Tage nur das beste Futter gegeben.« Er tätschelte Sita die Kruppe.
    Levarda legte ihren Kopf an den Hals ihres Pferdes, ließ dabei den Blick nicht von Sendad. Wenn sie einem der Offiziere vertraute, dann ihm. Sein Gesicht war offen, voller Ehrlichkeit, und doch gab es da eine kleine Spannung in ihm.
    »Ihr habt mir immer noch nicht gesagt, was hier los ist.«
    War das die Falle? Sollte sie wegreiten und sozusagen auf der Flucht getötet werden? Ein kluger Plan, der aufgehen konnte. Allerdings musste den Männern klar sein, dass sie eine gefährliche und wehrhafte Beute darstellte. Sie zu töten war ungleich härter, doch das wussten sie nicht.
    »Na, für eine intelligente Frau, wie Ihr es seid, ist das nicht so schwer zu erraten. Ihr setzt Euch aufs Pferd und reitet einfach zurück nach Hause«, mischte sich jetzt Lemar in das Gespräch ein.
    Levarda sah unverwandt Sendad an.
    »So ist es gedacht, und Ihr braucht von uns nichts zu befürchten. Ihr solltet allerdings dem Pass über den Berg folgen. In Eurer Satteltasche steckt eine Karte, mit der Ihr den Weg findet. Seid Ihr in der Lage, eine Karte zu lesen?«
    Unwillkürlich musste sie lächeln. Sie konnte die ehrlichen Absichten der Männer spüren. Keine Falle, sie boten ihr die Freiheit an.
    »Glaubt mir, es ist besser so«, beschwor sie Sendad. »Seid Ihr in der Festung des hohen Lords, gibt es kein Zurück mehr. Und es gibt nichts, wirklich überhaupt nichts, was ich tun könnte, um Euer Leben zu retten. Also ergreift bitte diese letzte Gelegenheit zur Flucht!«, sprach er eindringlich auf sie ein.
    »Wenn Ihr mich fliehen lasst, seid Ihr tot!« Levarda hoffte, ihre Worte klangen so nachdrücklich, wie sie gemeint waren. »Lord Otis wird Euch töten lassen.«
    Seine Lippen verzogen sich zu einem spitzbübischen Grinsen, als er erwiderte: »Ich würde ja gerne behaupten, dass dies meine Idee war, aber, um ehrlich zu sein – sie stammt von ihm.« Er kratzte sich verlegen im Nacken und wich ihrem verdutzten Blick aus.
    »Oh.« Mehr brachte sie nicht heraus, so ungeheuerlich erschien ihr alles. Außerdem spürte sie, dass die Ereignisse des Tages langsam ihre Kräfte überstiegen: angefangen vom Aufwachen im Zimmer des Lords über die Sache mit den Kleidern, die Kiste mit den versteckten Büchern, die Geschichte von Larisan auf Burg Ikatuk, das Abendessen unter erhöhter Konzentration, bis hin zu der geheimen Tür und dem Gang. Sie gab sich Mühe, einen klaren Kopf zu bewahren. War das hier der wahre Grund, weshalb Lord Otis ihr seine Gemächer überlassen hatte? Er überraschte sie.
    Levarda verbarg ihr Gesicht an Sitas Hals, nahm tief den Pferdegeruch in sich auf. Das beruhigte sie. Es bedeutete Leben und Freiheit und nach der Geschichte von Larisan erkannte sie die Kostbarkeit des Geschenks.
    Sie fühlte in sich hinein und fragte sich, ob sie es schaffte, dieses Angebot abzulehnen. Einen Tag zuvor hätte sie keinen Gedanken daran verschwendet. Doch jetzt, mit all dem Wissen aus Larisans Tagebuch? Wollte sie in dieser Welt leben? Sie retten? Für immer ein Teil im Besitz des hohen Lords sein? Ohne jemals wieder eigene

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