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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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Hocker beim Fenster und nähte, wobei sie leise ein Lied summte. Levarda lief unruhig auf und ab, erntete fragende Blicke, die sie aber nicht beachtete. Sie konnte beim Nachdenken nicht stillsitzen. Alles war ihr so einfach erschienen: Sie begleitete Lady Smira an den Hof des hohen Lords, sorgte dafür, dass diese ihm ein Kind gebar, und der Lauf der Dinge würde sich ändern.
    Vor allem trug sie die tiefe Hoffnung in sich, dass sich das Leben der Frauen im Land Forran ändern würde. Sie hatte immer gedacht, die Frauen hier lebten in einem Zwang, einer Sklaverei, aus der sie sich befreien wollten. Langsam beschlich sie das Gefühl, dass diese Frauen gar nicht mehr fähig waren, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. Sie schnaufte verärgert. War sie überhaupt in der Lage, diese Gesellschaft in eine andere Richtung zu schubsen? Wollten diese Frauen überhaupt ein anderes Leben? Mit gleichen Rechten?
    Sie fragte sich, wie es kam, dass ein Mann wie Lord Otis auf das weibliche Geschlecht so anziehend wirkte. Bemerkten die Frauen seine Grausamkeit nicht? Seine Art, Menschen für seine Zwecke und sein Wohlbefinden auszunutzen? Sie hatte nur eine Verbündete, die ihre Fragen beantworten konnte, eine, die ihr half, zu verstehen.
    Das Sims war leer. Suchend sah sie sich im Zimmer um. Larisans Buch war fort. Bevor sie Adrijana fragen konnte, ob sie es gesehen hatte, klopfte es.
    Es war Bernar. »Herr Lemar lässt anfragen, ob Ihr Eure Verabredung vergessen habt.«
    »Ist es so spät?«, entfuhr es Levarda. »Warte, ich komme gleich herunter, ich ziehe mir etwas anderes an.« Der Diener zog die Tür zu. Sie schlüpfte in ihre Beinkleider, zog ihr Reisekleid aus dunkelbraunem Stoff über den Kopf. Sie zerrte ihren geflochtenen Zopf aus dem Kleid, schnürte hastig das hochgeschlossene Oberteil zu und ließ die Bänder nach innen verschwinden. Zuletzt zog sie ihre Stiefel an.
    »Wollt Ihr nicht was Hübscheres anziehen? Seht mal das Kleid da vorne.« Adrijana deutete auf ein Gewand, das sie auf Levardas Bett drapiert hatte. Der Stoff war in einem dunklen Grün gehalten, ein langer, weiter Rock ließ viel Bewegungsfreiheit, so wie sie es mochte. Das Oberteil war nicht zu aufwendig genäht, aber dennoch mit Stickereien verziert, die es elegant wirken ließen.
    »Ich gehe in den Stall, nicht zum Nachmittagskaffee!«
    Beleidigt schob Adrijana die Unterlippe vor.
    Levarda eilte aus der Tür und stoppte abrupt vor den gekreuzten Lanzen der Wachen vor ihrem Gemach.
    Ärgerlich pustete sie eine Strähne aus dem Gesicht, die sich beim hektischen Anziehen aus dem Zopf gelöst hatte. Bevor sie den Mann zurechtweisen konnte, stand bereits Bernar bei ihr. Auf seinen Wink hin ließen die Soldaten sie beide gehen.
    Seltsam – einerseits besaß sie einen Geheimgang aus dem Zimmer, andererseits wurde die Tür bewacht. Wie absurd das war! Die letzten Stufen sprang sie in die Halle hinab, froh, endlich rauszukommen. Noch lieber wäre es ihr gewesen, wenn sie heute den Spaziergang mit Sendad hätte machen können.
    Am Treppenabsatz warteten Lemar – mit einem breiten Grinsen – und Rika. Höflich verbeugte er sich und reichte ihr den Arm. Sie legte leicht ihre Hand darauf.
    Bernar reihte sich mit ausdruckslosem Gesicht hinter ihnen ein, während Rika ein Gesicht machte, als hätte sie Zahnschmerzen.
     
    Die Ställe waren hier ähnlich angelegt wie auf Burg Hodlukay. Im Norden lag der Eingang des Burghofes, westlich davon die Ställe – ein innerer und ein äußerer. Im inneren Stall standen die Pferde der Offiziere. Sie hatten große, bequeme Boxen, dick mit Stroh ausgepolstert. Die Gänge waren sauber gefegt, und durch Rillen in den Mauern kam frische Luft herein. Auch Sita stand in einer eigenen Box. Das Tier drehte sich im Kreis, als es Levarda sah, und wieherte schrill.
    Sie lachte. »Ich glaube, Lemar, so werdet Ihr mit meinem Pferd nicht glücklich.«
    »Euer Wort in Lethos‘ Mund. Zuerst stand sie in dem äußeren Stall. Sie hat sich zweimal befreit, und beim zweiten Mal nahm sie zwölf weitere Pferde mit sich. Aus dieser Box ist sie erst einmal geflohen«, entgegnete er.
    Als hätte das Pferd gehört, was sie sprachen, steckte es seinen Kopf durch das Gitter und zog mit dem Maul an dem Riegel, den eine Kette sicherte.
    »Dieses Biest ist unglaublich.« Lemar sprang zu der Box und Sita zog flink ihren Kopf zurück.
    »Habt Ihr hier eine Stutenherde für die Zucht?«
    »Ja, außerhalb der Burg, im Westen, geschützt von einem Berg und

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