Licht und Dunkelheit
vom See.«
»Steckt sie dort hinein und Ihr habt Eure Ruhe. Außerdem verspreche ich Euch, dass sich die Fohlen in Zukunft leichter einreiten lassen. Sita ist in der Erziehung der Jungpferde äußerst geschickt.«
»Ich werde Euren Rat befolgen, sobald wir aufbrechen. Im Moment habe ich keine Wahl – fällt Euch etwas ein?«
Levarda ging zu Sita, öffnete die Tür und betrat die Box.
Lemar wahrte Abstand, sodass sie in Ruhe mit ihrer Stute sprechen konnte. Danach verhielt sich das Tier ruhig.
Gemeinsam gingen sie in den äußeren Stall. Hier waren an die fünfzig Pferde untergebracht. Sie standen an der Wand angebunden und Levarda bedauerte die Tiere.
Obwohl sie sich bestimmt nur eine begrenzte Zeit in dem Stall aufhielten, entsprach das doch nicht der Lebensweise dieser Geschöpfe. In Mintra wurden Pferde in Herden gehalten. Die Weideplätze waren so angelegt, dass entweder ein Stück Wald oder eine Höhle den Tieren Schutz bot, wenn die Hitze es erforderte. Sturm, Regen und Schnee waren meist kein Anlass für die Tiere, Schutz zu suchen.
Sie seufzte, und als Lemar sie nach dem Grund fragte, erklärte sie ihm, wie sie es in ihrer Heimat mit den Pferden hielten.
Eines musste Levarda diesem Stall aber lassen: Er war genauso sauber, ordentlich, hell und gut durchlüftet wie der andere.
Rika war draußen geblieben, während Bernar ihnen in einigem Abstand folgte.
Levarda senkte die Stimme. »Lemar, darf ich Euch etwas Persönliches fragen?«
»Gewiss, Mylady«, flüsterte er genauso leise zurück, ohne ihr sein Gesicht zuzuwenden, doch sie sah auch so das Zucken seiner Mundwinkel.
»Worum ging es gestern bei Eurer Wette mit Sendad?«
Er schwieg. Sie schlenderten weiter durch den Stall und er wandte sich an den Diener: »Bernar, hol bitte Lady Levarda einen Becher Wasser aus der Kanne in der Sattelkammer.«
Als Bernar außer Hörweite war, sprach Lemar: »Im ersten Teil um den Zeitpunkt, wann Ihr den Gang entdecken würdet.«
»Die Wette habt Ihr gewonnen?«
Lemar grinste. »Ich habe Eure Fähigkeiten erlebt, habt Ihr das vergessen? Timbor dachte, Ihr würdet niemals darauf kommen. Die anderen meinten, Ihr würdet länger brauchen.«
»Und der zweite Teil?«
Er brummte. »Ob Ihr die Gelegenheit zur Flucht nutzt oder nicht. Da waren sich alle einig, nur Sendad glaubte, Ihr würdet Euer Wort Eurem Onkel gegenüber nicht brechen.«
Er wandte sich zu ihr, diesmal nicht mit dem üblichen Schalk in seinen Augen, sondern mit der Traurigkeit des gestrigen Abends. »Eines habt Ihr allerdings vergessen.«
»Und was wäre das?«
»Was, wenn Ihr keine Möglichkeit bekommt, den Lauf der Dinge zu ändern? Euer Tod wäre völlig umsonst!«
Seine Worte trafen sie mehr, als sie es sich anmerken ließ. Immerhin wurde sie von denselben Zweifeln geplagt. Sie betrachtete ihn aufmerksam, kämpfte mit sich, ob sie ihn berühren und ihm ein Stück seiner Traurigkeit nehmen sollte. Sie bezweifelte, dass er ihr seine Geschichte erzählen würde.
»In dem Fall habe ich wenigstens alles in meinen Kräften Stehende versucht, um einer Frau das Leben zu retten. Und würde es nicht gleichzeitig die politische Situation in diesem Land klären? Meint Ihr nicht, das wäre das Risiko meines eigenen Todes wert?«
Er sah sie an und nickte schließlich. »Ihr seid eine aufmerksame Zuhörerin, versteht etwas von Politik, könnt kämpfen und seid mutig.« Seine Hand griff nach ihrer Strähne, er zog daran und grinste. »Ihr seid eine gefährliche Frau.«
Bernar kam mit einem ramponierten Holzbecher voll Wasser. Lemar ließ ihr Haar los und wich zurück.
»Verzeiht, Mylady, aber ich habe nichts anderes gefunden.«
»Danke, Bernar, das war sehr zuvorkommend.«
Überrascht sah der Diener sie an. Eine Lady dankte einem Dienstboten nicht. Sie nahm den Becher aus seiner Hand und trank ihn in einem Zug aus. Ihr Magen knurrte, weil sie noch nicht zu Mittag gegessen hatte.
Lemar zauberte aus seiner Tasche einen Apfel und reichte ihn ihr. »War eigentlich für mein Pferd, aber ich glaube, Ihr braucht ihn nötiger.«
Während Levarda den Apfel kaute, schlenderten sie aus den Ställen zurück zum Haupthaus. Ein viel zu kurzer Ausflug, aber allein die Sonne auf ihrer Haut zu spüren und den Wind im Gesicht, war der pure Genuss.
An der Treppe löste sie ihre Hand von Lemars Arm. Er nahm ihre Hand, führte sie an seinen Mund, blinzelte ihr zu und drückte einen Kuss darauf.
Levarda schüttelte in gespieltem Tadel den Kopf. »Ihr seid
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