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Lichterfest

Lichterfest

Titel: Lichterfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sunil Mann
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mit dem Verkauf der Liegenschaften …«
    »Verkauf?«
    »… oder mit der Renovation derselben. Und Graf wäre fein raus gewesen, so hätte er nichts mehr damit zu tun gehabt. Das ist der Grund, weshalb Sie die Fotos nie veröffentlicht hätten, als er noch lebte. Das hätte ihn die Wahl gekostet. Und Sie ein Vermögen.«
    Blanchard sah mich abschätzend an. »Er war ein Freund«, bemerkte er schließlich und schmatzte leise dazu.
    »Ja, natürlich. Sie mussten also die Fotos unbedingt wiederfinden, bevor sie in falsche Hände gerieten. Doch als Graf überraschend starb, brauchten Sie die Fotos plötzlich aus einem ganz anderen Grund: Jetzt wollten Sie sie unbedingt veröffentlichen. Man stelle sich vor: Graf hatte kurz vor seinem gewaltsamen Tod eine kleine Affäre und lässt sich mit seiner angeblichen Geliebten am helllichten Tag an der Langstrasse blicken. Das wäre ein Skandal gewesen, die Auflage wäre explodiert und Sie hätten die Geschichte tagelang weiterziehen können.«
    Ironisch spitzte Blanchard seine feucht glänzenden Lippen. »Die bösen, bösen Medien wieder mal.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Denen nehme ich nur übel, dass sie mich permanent zwingen, mir Leute wie Jörg Kachelmann beim Sex vorzustellen.«
    »Sehen Sie deswegen so übernächtigt aus?«
    Wider Willen musste ich grinsen. »Jetzt brauchen Sie nicht einmal bis nach den Wahlen abzuwarten, um die Wohnungen aufzumotzen.«
    »Wollen Sie damit etwa sagen, ich hätte Graf auf dem Gewissen?«
    Ich sah ihn abschätzend an. »Das glaube ich kaum. Obwohl ich Ihnen die Kaltblütigkeit durchaus zutrauen würde. Aber wozu sollten Sie ihn auch umbringen? Ob er lebt oder tot ist, Sie machen ohnehin Gewinn.«
    »Werfen Sie mir das vor?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich würde zu gern, aber es würde nichts bringen. Die Pläne sind gemacht, die Architekten engagiert. Nichts würde Sie aufhalten.«
    »Panta rhei.«
    »So ist es wohl, alles ist im Fluss, besonders der Geldstrom in Ihre Taschen. Man kann den Lauf der Welt nicht aufhalten.«
    Blanchard grinste zum ersten Mal. Es war kein angenehmer Anblick.
    Ich ordnete meine Unterlagen. »Ich kann Ihnen verraten, wo sich Rosie aufhält, wenn Sie sie als tüchtige Putzfrau wiederhaben wollen. Wenn Sie allerdings von ihr wissen möchten, wo die Fotos sind, wird sie Ihnen auch nicht weiterhelfen können. Denn sie weiß es nicht.«
    Blanchard sah mich alarmiert an. »Sie hat sie nicht mehr?«
    »Nein. Aber ich verfolge zurzeit eine Spur, die mich zu den Bildern führen wird.«
    »Verdammt! Diese Fotos dürfen unter keinen Umständen in die falschen Hände geraten!« Er sprang erregt auf. »Besorgen Sie mir die Aufnahmen so schnell wie möglich!«
    »Nicht so schnell«, erwiderte ich ruhig. »Mein Auftrag lautete, Rosie zu finden. Der hiermit erledigt wäre. Was Sie jetzt von mir wollen, ist etwas ganz anderes.«
    Blanchard sah mich verständnislos an.
    »Das Honorar ist fällig und für den neuen Auftrag muss erst noch ein neues ausgehandelt werden.«
    Ich glaubte, in seinem verblüfften Blick so etwas wie Achtung entdecken zu können, als er sich zögernd wieder setzte.
    »Das muss dieser ausgezeichnete Geschäftssinn sein, den man Indern immer nachsagt. Davon könnte selbst ich mir eine Scheibe abschneiden«, stieß er gepresst zwischen den Zähnen hervor und zückte seine Brieftasche.
     
    Offensichtlich hatte die Göttin Lakshmi, die man zu Diwali um Reichtum anflehte, meine Gebete erhört. Nachdem sich meine finanzielle Lage schlagartig und vor allem nachhaltig verbessert hatte, gönnte ich mir zur Feier des Moments endlich einen Schluck Amrut. Während ich ihm unverzüglich weitere folgen ließ, schlug ich die Zeitung auf und betrachtete nochmals das Foto, auf dem Alice Graf und Martin Schluep zu sehen waren. Wie immer war Frau Graf äußerst geschmackvoll gekleidet. An der Kindergarteneinweihung hatte sie ein kornblumenblaues Deuxpièces getragen, dazu elegante, cremefarbene Schuhe und eine Kette aus Perlen, die so opulent waren, dass die bedrängten Austern es wohl vorgezogen haben mussten, aus ihren Schalen auszuziehen. Ein bisschen kam mir Alice Grafs Stil vor wie Sex and the City für Senioren. Eingehend studierte ich die beiden auf dem Foto, während ich mir in Gedanken den Weg der Bilder vergegenwärtigte.
    Nachdem Fernando am Samstagabend Rosie die Fotos entrissen hat, fährt er zu den Grafs hinauf, trifft allerdings nur Alice Graf und Martin Schluep an. Denen er im Verlauf des hitzigen

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