Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren
Entscheidungen, einzelne Handlungen zu. Auf diese kurze Distanz war ihre Perspektive ausgezeichnet, ihr Potenzial tödlich.
»Waren Sie verhext, oder haben Sie meinem Mann diesen Talisman vorsätzlich gebracht? Und wenn ja, in wessen Diensten? Sind Sie jetzt auch verhext, oder haben Sie Fejelis vorsätzlich geschützt? Wissen Sie das überhaupt?«
Eins weiß ich jedenfalls, dachte Floria. Dir gehöre ich nicht.
»Bis gestern hätte ich gesagt, dass Sie meinem Mann ergeben waren. Ohne Sie wäre er schon vorher mindestens ein Dutzend Mal tot gewesen. Sie hätten sich von ihm das Herz herausschneiden lassen. Dann wiederum hätte er niemals einen Haftbefehl gegen Sie ausstellen lassen. Ich war doch sehr überrascht, als Fejelis es tat.« Sie tippte mit dem Zeigefinger an ihre Oberlippe und fragte dann: »Ging das auf den Einfluss dieses Magiers zurück? War er eifersüchtig?«
Floria schnaubte, eher ärgerlich als amüsiert. Helenjas Stimme redete auf sie ein, drohte, ihre Konzentration zu sprengen, ihren Kampfgeist zu verwirren. Sie schätzte die Entfernung ihrer Hand zum Knauf ab, die Entfernung der Spitze zu Helenjas Herz. Nur dass in Gegenwart eines Magiers die Ermordung nicht mehr als eine Geste wäre.
»Oder wusste er davon, wie Fejelis behauptet?« Zum Magier sagte Helenja: » Ist diese Frau verhext?«
Bevor der Magier einen Schritt in ihre Richtung machen konnte, hatte Floria ihr Rapier gezückt. »Er kann von dort aus antworten, wo er steht, oder gar nicht.«
»Hoheit!«, protestierte der Magier, wandte sich um und welkte, als Helenjas Blick ihn traf. »Ich spüre keinerlei Magie.«
»Aber Sie stammen aus einer der Blutlinien«, sagte Helenja. »Ich frage mich, wie die Antwort ausfiele, wenn ich diese Frage meiner Tochter stellen würde.«
Sie hörte auf, Floria zu umkreisen, und lehnte ihre breiten Hüften an einen Tisch. Trotz ihres Umfangs bewegte sie sich noch immer wie eine junge Frau, die hochmütige Wüstenreiterin, die Isidore geehelicht hatte. »Sie hassen mich verständlicherweise. Ich war noch ein Mädchen, als ich an diesen Hof kam, dumm, ungehobelt und stolz. Ich brachte ehrgeizige Männer und Frauen mit, und ich glaubte, mit ihnen im Rücken könnte ich diesen Hof regieren. Stattdessen haben sie mich regiert und Dinge getan, die mich teuer zu stehen kamen – nicht zuletzt habe ich die Achtung meines Sohnes verloren. Jetzt sehe ich, dass meine Tochter denselben Fehler begeht.
Begreifen Sie, wessen Sie da drinnen eben Zeuge wurden, Mistress Weiße Hand? Durch Perrin besitzen die Magier die Kontrolle über das Prinzentum. Wie lange sie es schon geplant haben, weiß ich nicht, obwohl ich vermute, dass ursprünglich nur eine kleine Gruppe innerhalb des Tempels am Werke war und ohne den nachtgeborenen Wahnsinn niemals Erfolg gehabt hätte. Doch Prasav will die Prinzenhaube für sich selbst, und wenn nicht, dann für Ember. Ich bezweifle, dass er sie bekommen wird. Ob es ihm bewusst ist oder nicht: Sollte er etwas unternehmen, kann er von Glück sagen, wenn er überlebt. Ember ist da findiger. Ich zweifle nicht daran, dass sie bereits Allianzen geschmiedet hat.«
Floria fand ihre Stimme wieder: »Ich diene weder Prasav noch den Magiern. Ich bin Mitglied der Prinzengarde. Ich diene dem rechtmäßigen Prinzen.«
Helenja hörte das »rechtmäßig« und lächelte. »Dann haben wir anscheinend nicht nur ein gemeinsames Anliegen, sondern auch gemeinsame Feinde. Ich bin bereit, davon auszugehen, dass Sie verhext wurden – ob durch einen unserer Magier oder einen Schattengeborenen – und sich jeglicher Anteil an Isidores Tod Ihrer Verantwortung entzieht. Ich möchte Ihnen meinen Schutz anbieten und den Schutz meiner Magier – wenn sich deren Wert auch erst beweisen muss. Im Gegenzug werden Sie mir helfen, meine Söhne zu finden. Dann werden wir entscheiden, wer von beiden Prinz wird. Können wir uns darauf einigen?«
Fejelis
Eben lag er noch auf der Matte und sah die Bolzen in der Zimmerdecke, schon befand er sich auf hartem Boden und dichter Heide und blickte in gleißendes Weiß. Orlanjis befreite sich aus seinem Griff und setzte sich mit wildem Blick auf. Fejelis kam hoch und zeigte die gleiche Miene.
»Wo … «, begann Orlanjis.
Das Licht war weiß und richtungslos. Seine Kleider und Haare wurden augenblicklich klamm. War das die Abenddämmerung? Sollte das die Qual drohender Zersetzung sein, so spürte er nicht mehr als einen dumpfen Krampf in seinen Gliedern, nicht schlimmer, als liefe
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