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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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Rauschgold- und Lamettafäden, um die Lücken zu füllen, und dann waren die Schachteln leer.
    Aber nicht ganz leer. Will hatte in einem alten Karton, der beinahe größer war als er selber, noch einmal sorgfältig das zerknüllte Seidenpapier durchwühlt und ein kleines, flaches Döschen gefunden, nicht viel größer als seine Handfläche. Es rappelte darin. »Was ist das?«, sagte er und versuchte neugierig, den Deckel zu öffnen.
    »Du lieber Himmel«, rief Mrs. Stanton, die mitten im Gewühl in ihrem Sessel saß. »Lass mich mal sehen, Kind. Es ist... ja, das ist es! War es in dem großen Karton? Ich dachte, es wäre vor Jahren verloren gegangen. Sieh doch mal her, Roger. Sieh, was dein jüngster Sohn gefunden hat. Es ist Frank Dawsons Buchstabenkästchen — «
    Sie drückte eine Feder am Deckel des Kästchens, es sprang auf und Will erblickte darin einige zierliche kleine Gegenstände, aus einem hellen Holz geschnitzt, das ihm unbekannt war. Mrs. Stanton hielt einen in die Höhe: der Buchstabe S in Form einer sich windenden Schlange, mit einem schön ausgearbeiteten Kopf und einem schuppigen Körper, der sich an einem fast unsichtbaren Faden drehte. Dann ein anderer: ein M, das aussah wie die Doppeltürme einer Märchenkathedrale. Die Schnitzerei war so fein, dass man nicht erkennen konnte, wo die Fäden befestigt waren.
    Mr. Stanton kam von der Trittleiter herunter und schob vorsichtig mit dem Zeigefinger den Inhalt des Kästchens hin und her. »Nein, so was«, sagte er, »unser kluger alter Will.«
    »Ich hab das noch nie gesehen«, sagte Will.
    »Doch«, sagte seine Mutter, »aber es ist schon so lange her, dass du dich nicht mehr erinnerst. Es war seit Jahren verschwunden. Und dabei hat es die ganze Zeit auf dem Boden des alten Kartons gelegen.«
    »Aber was ist das eigentlich?«
    »Natürlich Christbaumschmuck«, sagte Mary, die der Mutter über die Schulter lugte.
    »Bauer Dawson hat ihn für uns gemacht«, sagte Mrs. Stanton. »Du siehst, wie schön die Sachen geschnitzt sind — und genauso alt wie die Familie. An unserem ersten Weihnachtstag in diesem Haus machte Frank ein R für Roger« — sie fischte es heraus — »und ein A für mich.«
    Mr. Stanton zog zwei Buchstaben heraus, die beide an einem Faden hingen. »Paul und Robin. Dies Paar kam ein bisschen später als gewöhnlich. Wir hatten keine Zwillinge erwartet ... Wirklich, es war sehr lieb von Frank. Ich möchte wissen, ob er heute noch Zeit für so etwas hat.«
    Mrs. Stanton drehte immer noch die kleinen geschnörkelten Dinger in ihren schmalen, kräftigen Fingern hin und her. »Ein M für Max und ein M für Mary ... Frank war sehr böse auf uns, weil wir denselben Buchstaben zweimal hatten, das weiß ich noch ... Oh, Roger«, sagte sie plötzlich mit weicher Stimme. »Sieh mal hier.«
    Will stand neben seinem Vater und schaute. Es war der Buchstabe T in Form eines reizenden Bäumchens, das zwei Äste ausstreckte. »T?«, sagte er. »Aber keiner von uns fängt mit T an.«
    »Das war Tom«, sagte seine Mutter. »Ich weiß eigentlich nicht, warum ich euch anderen nie von Tom erzählt habe. Vielleicht, weil es so lange her ist ... Tom war euer Bruder, der gestorben ist. Etwas mit seiner Lunge stimmte nicht, eine Krankheit, die Neugeborene manchmal haben. Er lebte nur drei Tage nach seiner Geburt. Frank hatte den Buchstaben schon geschnitzt, denn es war unser erstes Kind und wir hatten die Namen schon gewählt: Tom, wenn es ein Junge, Tess, wenn es ein Mädchen würde ...« Ihre Stimme klang ein wenig verschleiert und Will tat es plötzlich Leid, dass er die Buchstaben gefunden hatte. Er tätschelte ihr ungeschickt die Schulter. »Lass nur, Mama«, sagte er.
    »Du meine Güte«, sagte Mrs. Startton munter, »ich bin nicht traurig, mein Herzchen. Es ist schon so lange her. Tom wäre jetzt ein erwachsener Mann, älter als Stephen. Und schließlich« — sie schaute sich mit einer drolligen Geste im Zimmer um, das mit Menschen und Schachteln überfüllt war — »eine Brut von neun sollte jeder Frau genügen.«
    »Das kannst du noch einmal sagen«, sagte Mr. Stanton.
    »Das kommt daher, dass du bäuerliche Vorfahren hattest, Mama«, warf Paul ein. »Die hatten gern große Familien. Viele kostenlose Arbeitskräfte.«
    »Da du von kostenlosen Arbeitskräften sprichst«, sagte sein Vater, »wo sind James und Max hingegangen?«
    »Sie holen die anderen Schachteln.«
    »Guter Gott. Was für eine Tatkraft!«
    »Weihnachtsgeist«, rief Robin von der

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