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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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der Harfe wandern. Er hatte nicht die Absicht, noch einmal aufzuhören. Er sah Will an und schüttelte stumm den Kopf, gleichzeitig erstaunt und reumütig und fragend.
    Will hockte sich auf den Boden und nahm Cafalls Schnauze zwischen die Hände. Er bewegte den Kopf des Hundes sanft von einer Seite zur anderen. »Cafall, Cafall«, sagte er verwundert, und über die Schulter zu Bran:
»Gwynt Traed y Meirw,
heißt es so? Der Graue König hat uns den Nordwind in all seiner uralten Kraft geschickt, den Wind, der um die Füße der Toten weht, und bei den Toten wären wir jetzt, wenn Cafall nicht gewesen wäre — hinweggeblasen in eine Zeit, die in der Zukunft liegt. Bevor wir nur einen einzigen Baum sich hätten beugen sehen, hätte er uns erwischt, denn er kam von hoch oben herunter, und kein menschliches Auge hätte ihn sehen können. Aber dein Hund ist der Hund mit den silbernen Augen und solche Hunde können den Wind sehen ... Er hat ihn gesehen und wusste, was er anrichten würde, und hat uns zurück in den Schutz des Spalts getrieben.«
    Bran sagte schuldbewusst: »Wenn ich nicht aufgehört hätte zu spielen, hätte der Brenin Llwyd vielleicht den Wind gar nicht auf uns jagen können. Die Zauberkraft der Harfe hätte es verhindert.«
    »Vielleicht«, sagte Will. »Vielleicht auch nicht.« Er fuhr noch einmal über Cafalls Kopf, dann richtete er sich auf. Der weiße Schäferhund blickte zu Bran auf, mit heraushängender Zunge, als grinse er, und Bran sagte liebevoll zu ihm:
»Rwyt ti'n gi da.
Braver Junge.« Aber seine Finger hörten nicht auf, über die Harfe zu gleiten.
    Langsam kletterten sie über die Felsen nach unten. Obwohl es inzwischen mitten am Vormittag war, war der Himmel nicht heller, sondern grau und wolkenbedeckt; es regnete nur leicht, doch es war klar, dass es sich allmählich einregnen würde. Dem Tal drohte jetzt keine Feuergefahr mehr. Der Berghang in der Nähe, der Vogelfelsen und der Rand des Tales waren schwarz und verkohlt und hier und da stiegen immer noch Rauchfetzen empor. Aber alle Funken waren jetzt erloschen, die Asche erkaltet und feucht, und das grüne Weideland würde in diesem Jahr nicht noch einmal Gefahr laufen zu verbrennen.
    Bran fragte: »Hat die Harfe den Regen gebracht?«
    »Ich glaube schon«, sagte Will. »Ich hoffe nur, dass sie sonst nichts bringt. Das ist das Problem mit der Hohen Magie — wie etwa beim Benutzen der Alten Sprache. Sie beschützt dich, aber sie macht dich auch zur Zielscheibe, macht es leicht, dich zu finden.«
    »Bald werden wir im Tal sein.« Aber während er sprach, glitt Bran auf dem nassen Felsen aus, stolperte zur Seite und griff nach einem Busch, um nicht hinzustürzen. Dabei ließ er die Harfe fallen. Im gleichen Augenblick, da die Musik abbrach, reckte Cafall den Kopf hoch und begann, wie wild zu bellen, in einer Mischung aus Wut und Herausforderung. Er sprang auf einen hervorspringenden Felsen, stand hoch aufgerichtet da und sah sich nach allen Seiten um. Dann verwandelte sein Bellen sich plötzlich in ein wütendes dumpfes Heulen, wie das Gebell eines Jagdhundes, und er sprang.
    Der große graue Fuchs, der König der
milgwn,
machte mitten in der Luft einen Bogen und kreischte gellend. Er war Hals über Kopf vom Vogelfelsen hinter ihnen hergeschossen und von oben auf sie zugesprungen, sich Brans Kopf und Nacken zum Ziel nehmend. Aber Cafalls heftiger Sprung hatte ihn aus der Bahn geworfen und sich überschlagend stürzte er den Felsen hinunter. Er kreischte wieder, ein unnatürlicher Laut, der die Jungen entsetzt zusammenzucken ließ, und blieb nicht stehen, um sich zur Wehr zu setzen, sondern jagte wie rasend den Berghang hinunter. Cafall nahm triumphierend die Verfolgung auf.
    Und Will, auf dem kahlen Fels im grauen Nieselregen, ergriff im gleichen Augenblick so übermächtig die Vorahnung eines drohenden Unheils, dass er, ohne nachzudenken, die goldene Harfe ergriff und Bran zurief: »Halte Cafall auf! Halte ihn auf! Halte ihn auf!«
    Bran warf ihm einen kurzen erschrockenen Blick zu. Dann stürzte er hinter Cafall her, rennend, stolpernd und immer wieder verzweifelt rufend. Will kletterte mit der Harfe unter dem Arm vom Felsen herunter und sah, wie Brans weißer Kopf sich rasch über das nächste Feld bewegte, und vor ihm eine voranschießende graue Wolke: Cafall, der den Fuchs verfolgte.
    Voll böser Vorahnungen begann auch er zu laufen. Noch immer auf dem Berghang, sah er zwei Felder weiter unter sich die Dächer von Caradog Prichards Hof

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