Lichtlos 3 (German Edition)
mich in Zeit und Raum verschleppt, als existierte dieses Land durch die Kraft der außerirdischen Erscheinung mehr auf dem Ursprungsplaneten des Geschöpfes als hier auf der Erde, als lebte ich jetzt nicht weniger als zwei Jahre nach dem Verlust von Stormy, sondern weilte stattdessen in der finsteren Zukunft, am Vorabend des Endes der Welt, das die Geschichte des Universums erklären wird.
Der Flur im Erdgeschoss ist wie ein Tunnel ins Jenseits in einem Film über Nahtoderfahrungen, eine schattige Bahn, die sich teleskopartig zu einem geheimnisvollen Licht erstreckt, doch das Versprechen am anderen Ende ist weder hell noch einladend, sondern fahl, frostig und ungewiss. Mit einem Schalter lassen sich drei Deckenlampen bedienen. In der zweiten und dritten sind die Glühbirnen ausgebrannt.
Im Einfall des Lichtes steht direkt rechts von mir eine Tür auf einem Absatz offen, hinter der Stufen in erbarmungslose Dunkelheit hinabführen. Ein Gestank steigt von dem auf, was dort unten liegt, ein Hexentrunk aus ranzigem Fett, verfaulten Pflanzen, Urin und unbekannten Fäulnisgerüchen. Etwas bewegt sich in diesem tiefen, feuchten Dunkel; es könnten schwere Füße mit hornhäutigen Fersen sein, die sich pochend und scharrend über einen Betonboden bewegen, und eine Stimme stößt einen gespenstischen trillernden Laut aus.
Instinktiv drücke ich auf den Wandschalter, den ich auf dem Absatz finde, aber er ruft kein Licht herbei. Ich ziehe die Tür zu. Sie hat einen Riegel, den ich vorschiebe. Falls ich später doch noch in diesen Keller gehen muss, werde ich eine ordentliche Taschenlampe brauchen. Aber vorher muss ich die Räume in den beiden oberirdischen Stockwerken erkunden, und ich kann nur hoffen, dass ich diese Inspektion überlebe.
Ich bewege mich im Sonnenschein, der von dünnen Stores zwischen offenen Gardinen gefiltert wird, durch ein seit langer Zeit unbenutztes Esszimmer, durch ein Arbeitszimmer, in dem Schwärme fetter Nachtfalter von den dünnen Stores an den Fenstern aufgeschreckt werden und in dunklere Ecken flattern, als ob die Schatten sie vor mir retten würden, kehre dann in den Flur zurück und setze meinen Weg zur Diele und den vorderen Räumen fort.
Ich fürchte mich nicht weniger, aber meine Furcht wird jetzt durch einen gesunden Abscheu und die Überzeugung gemäßigt, dass meine Mission in etwas noch Wichtigerem besteht als darin, die Familie Harmony von diesem Fluch zu befreien.
In einem grundlegenden Sinne bin ich hier, um einen Exorzismus durchzuführen.
23
Hier sind wir jetzt also, im Inneren von Wyvern, und von der Hilfe her gesehen, die wir ihm geben können, könnten wir ebenso gut tausend Meilen weit von Oddie entfernt sein. Wir hören ihn, wie geplant, in das Haus krachen, aber direkt danach verlieren wir den Kontakt zu ihm, weil der Wagen wahrscheinlich total kaputt ist und so. Ed sagt, der Jeep sendet immer noch ein Signal aus. Es ist wohl das Smartphone. Er ist sicher, dass Odd gesund und munter ist. Okay, dann ist Ed also supergescheit, aber das heißt noch lange nicht, dass er alles weiß, er ist nicht wie Gott oder so. Wie ihr euch vorstellen könnt, will ich dieses Telefon anrufen und sehen, ob bei Oddie alles in Ordnung ist, aber Ed sagt, noch nicht, lass Oddie Zeit, sich zu orientieren, wir wollen ihn nicht in einem kritischen Moment ablenken.
Eine unserer drei großen Sorgen, falls wir sie auf drei begrenzen können, ist die, dass der laute Knall, als Oddie wie eine Rakete in das Haus geschossen ist, die Feuerwehrleute alarmiert hat und die nun zum Haus eilen. Hiskott kann sich nicht leisten, dass sie sehen, was sie dann sehen würden, und daher würden viele Menschen sterben, ehe es vorbei ist. Aber Ed überwacht den Funkverkehr auf der Notfrequenz und zusätzlich sämtliche Anrufe von Telefonen und Handys irgendwo im Winkel, und er sagt, niemand scheint es bemerkt zu haben. Die Sirenen, der Wind, das Feuer und der generelle Aufruhr müssen Oddie genügend Deckung gegeben haben.
Der Gedanke macht mich fast krank, aber eine unserer anderen größten Sorgen ist die, dass Hiskott ein Mitglied meiner Familie dafür benutzen wird, Oddie zu töten, oder dass Oddie sich gezwungen sehen wird, ein paar Angehörige von mir zu töten, falls er angegriffen wird. Versteht ihr, so oder so ist es, als könnte ich selbst sterben, wenn das passiert, und wenn ich nicht sterbe, dann wird etwas in mir sterben, und ich werde nie mehr dieselbe sein und es auch gar nicht mehr sein wollen.
Wenn
Weitere Kostenlose Bücher