Lichtpfade - Die Chroniken der Akkadier II (Gesamtausgabe)
ein Tanz des Todes, den sie vollführte.
Als würde dem Laich die Flüssigkeit entzogen werden, bildete er sich immer weiter zurück. Gab knisternde Geräusche von sich. Öffnete den Raum. Die einstige Masse zog sich wie verbrannt zusammen und blieb nur als dunkler Schatten auf den Außenwänden zurück.
Plötzlich entdeckte Ju auf der anderen Seite der Halle Danicas Körper, den das Halbblut scheinbar mitten im Nest abgelegt hatte. Sie bewegte sich nicht. Eine weitere Erfahrung für die Unsterbliche, die es zu verarbeiten galt. Mitten im Laich einer Tarykkönigin zu liegen – Thanju wusste in diesem Moment nicht, ob er hoffte, dass sie noch lebte. Vielleicht würde der Tod ihre einzige Erlösung bleiben. Vielleicht wurden solche Erlebnisse irgendwann zu viel für den Verstand.
Und als von den Eiern nicht mehr als eine grausige Erinnerung übrig war, tänzelte die Seele zurück zu ihrem Körper und schlich sich durch Selenes Mund wieder hinein. Roven ging auf die Knie und zog sie an sich. Ihre Hautfarbe gewann die Natürlichkeit zurück. Schließlich umarmte er seine Gefährtin mit einer Dankbarkeit, die der Tibeter mittlerweile nachvollziehen konnte. Auch die Tränen auf seinem Gesicht schwächten Jus Achtung nicht. Roven war ein Krieger. Dies wusste er heute mehr denn je zu schätzen. Sie hätten allesamt draufgehen können. Wenn er genauer darüber nachdachte, war es wahnwitzig gewesen, sich zu viert in ein Nest zu begeben. Hätte Ju vorher gewusst, was sie hier erwartete, wäre er Danica unter keinen Umständen gefolgt. Nicht mit Elín. Nicht zu viert. Ein Himmelfahrtskommando!
Auch wenn sich seine kleine Isländerin exzellent geschlagen hatte, jetzt wollte er nur noch mit ihr allein sein und sich um sie kümmern.
Kapitel 27
Selene drehte ihren krampfenden Körper von Rovens Schoß herunter und übergab sich.
Sie erbrach alles, was sich in ihr nach Verwesung anfühlte. Diese verzehrende Dunkelheit war einfach zu viel. Erst zum zweiten Mal hatte ihre Seele einen Taryk getötet, die Eier nicht zu vergessen. Und das volle Ausmaß tobte soeben wie ein Dämon durch ihre Adern.
Sie schrie auf, als Naham ihren Oberarm zurück ins Gelenk schob und suchte mit der linken Hand Kontakt zu Roven, während die Krämpfe ihrem Körper alles abverlangten. Er nahm sie und spendete ihr Trost. In diesem Moment hasste sie die Tatsache, eine Akkadia zu sein.
Tatsächlich hatte sie es sich einfacher vorgestellt, die Heldin zu spielen. Nicht auszudenken, wie Roven reagieren würde, wüsste er, dass sie das geplant hatte.
„Lebt er?“, brachte sie röchelnd hervor und konnte den wütenden Blick ihres Marasch auf sich fühlen. „Roven?“ Selene drehte sich auf den Rücken und sah zu ihm auf.
„Wäre besser für ihn, wenn nicht“, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Sie schloss die Augen und holte vorsichtig Luft. „Wir wollten ihn retten. Schon vergessen?“
Da legte sich die Erkenntnis wie ein eisiger Schatten auf sein hartes Gesicht. „Du hast –“ Er brach ab und mahlte mit dem Kiefer, schaute zur Seite und sah sie wieder an. Die Züge wirkten kantig und eingefallen, die tiefblauen Augen waren zu Schlitzen verengt. „Darüber reden wir noch!“
Roven stand auf und ging zum Halbblut hinüber, musterte es, öffnete die Lider mit seinen Fingern und prüfte schließlich den Puls am Hals.
Auf Selenes fragenden Blick hin, nickte er schwach. „Noch lebt er.“
Dann hörte sie Jus heisere Stimme über sich. „Roven?“
Dieser stand auf und kam die wenigen Schritte zurück.
„Erst die Frauen, dann holen wir den Rest.“ Elín hing schlaff im linken Arm des Tibeters und erinnerte Selene daran, was für einen fürchterlichen Fehltritt sie sich geleistet hatte.
Wie sollte sie sich dafür entschuldigen? Das mit dem Schwert in deiner Brust war nicht so gemeint? Eher nicht.
Die Akkadia wurde von ihrem Mann hochgehoben, doch er sah sie nicht an, als er sie beide teleportierte. Schaute stattdessen stur geradeaus. Das würde ein verdammt langes Gespräch werden.
Nachdem Roven und Ju ihre Gefährtinnen sicher nach Avenstone gebracht hatten, kehrten sie zu den Überresten des unterirdischen Schlachtfelds zurück und suchten erneut die angrenzenden Kanäle nach Taryk ab. Doch diesmal hatten sie scheinbar alle erwischt.
Beide standen neben dem leblosen Körper des Halbbluts, das wohl keines mehr war, und betrachteten den Feind. Das ausgetretene Blut war verschwunden. Und obwohl er sich
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