Lichtraum: Roman (German Edition)
zum Vorschein traten.
Das Dröhnen wurde intensiver, drängte sich tiefer in seinen Geist und erschwerte es ihm, klar zu denken. Ungewollt durchlebte er in Gedanken noch einmal wichtige Ereignisse in seinem Dasein, blitzartig und detailliert wie bei einer Halluzination, als zöge der Mos Hadroch sie aus seinem Unterbewusstsein, in dem Versuch, auf eine nicht menschliche Art zu begreifen, wen und was er darstellte.
Eine Maschine, die Urteile fällt. So hatte er damals in Ascension Lamoureaux und Willis das Artefakt beschrieben. Der Mos Hadroch wollte herausfinden, ob er seiner würdig war.
Er durchlebte noch einmal seine Zeit in dem geheimen Forschungs- und Entwicklungskomplex; die Feier, als der von der Legislatur unterstützte Angriff gegen die Uchidanischen Territorien fehlschlug; das Gefühl, verraten worden zu sein, als seine Uchidanischen Herren beschlossen, ihn an die Legislatur auszuliefern.
Trotz seines Entsetzens über das, was mit ihm passierte, lachte Ty. Die Situation entbehrte nicht der Ironie. Er selbst hatte
sich unglaublich bemüht, das Artefakt zu verstehen, jedoch ohne Erfolg. Dafür verstand das Artefakt ihn umso besser.
Er atmete auf, als der Mos Hadroch sich schließlich wieder in etwas zurückverwandelte, das annähernd seiner normalen Form glich. Derweil hatte sich der fürchterliche Lärm, der die Verwandlung begleitete, ein wenig gelegt.
Ty erinnerte sich an das Zeremonialmesser. Er legte die rechte Hand flach und mit abgespreizten Fingern auf die Konsole und hielt mit der linken die Klinge über den Finger, an dem der Datenring steckte.
Wenn er nur schnell genug handelte, hatte der Ring vielleicht keine Gelegenheit mehr, ein Signal durch sein Nervensystem zu schicken. Er musste nur zuschlagen, ein einziger Hieb, und alles wäre vorbei …
Seine Hand zitterte, als eine Woge aus eiskalter Angst ihn überrollte. Er fing an zu schluchzen und ließ das Messer los, außerstande, diesen Akt der Selbstverstümmelung zu begehen, denn ihm war klar, dass dies seinen Tod bedeuten konnte.
Schließlich tastete er mit seinen bebenden Fingern über die Konsole und stellte sie auf Aufzeichnen, dann fing er an zu sprechen. Er gab sein Bestes, um seine Entdeckung zu schildern und zu erklären, womit sie es seiner Ansicht nach zu tun hatten. Immer wieder verhaspelte er sich, aber er sprach tapfer weiter, obwohl er wusste, dass er ins Plappern geriet, denn er befürchtete, sein Verstand könnte ihm gestohlen werden, ehe er mit seinem Bericht fertig war. Ihm war klar, dass das Monster in seinem Kopf jederzeit zurückkommen konnte.
Ty nahm die Kommandostruktur, die er aufgestöbert hatte, und fügte seine Nachricht und die Videoaufnahmen von der plötzlichen Verwandlung des Artefakts hinzu. Dann verteilte er zahlreiche Kopien über sämtliche Netzwerke des Schiffs. Währenddessen ließ er die Konsole weiter aufzeichnen.
Selbst wenn es dem Monster gelang, ein paar Kopien der Kommandostruktur aufzuspüren, konnte es niemals alle finden oder löschen. Jetzt musste Ty nur noch …
Unvermittelt blitzte ein Licht am Rande seines Blickfelds auf, wie ein Sonnenstrahl, der von Glas reflektiert wird.
Das Monster war aufgewacht.
Ty angelte nach dem Messer und legte wieder die rechte Hand mit abgespreizten Fingern auf die Konsole; in diesem Moment hörte er, wie die schwere Tür hinter ihm aufging. Er festigte den Griff um das Messer und rüstete sich, seinen Finger abzuhacken.
Etwas hinderte ihn daran, und er schrie auf. Er hatte das Gefühl, als hätte sich die Luft rings um ihn verfestigt und blockiere jede seiner Bewegungen.
Er hörte noch, wie jemand seinen Namen rief, doch da kroch das Monster auch schon in seinen Schädel zurück.
Kapitel Dreiunddreißig
Das Komm-Terminal in Dakotas Quartier fing beharrlich an zu piepsen. Sie verschaffte sich Zugang zum Datenraum und stellte fest, dass Corso ihr ein Signal der höchsten Dringlichkeitsstufe schickte. Nach kurzer mentaler Navigation ortete sie ihn auf Deck C, ganz in der Nähe des Labors.
Lucas. Was gibt’s?
›Dakota. Wo steckst du?‹
In seiner Stimme schwang eine Spur von Panik mit.
In meinem Quartier.
›Ich brauche dich sofort auf Deck C, die nächste Transportstation ist die Nummer 55. Du musst dir was ansehen.‹<
Warum erzählst du mir nicht einfach, was es ist?
›Komm hier herunter, Dakota. Beeil dich.‹
Er kappte die Verbindung. Dakota prüfte die Zeit und vergegenwärtigte sich mit einem leisen Stöhnen, dass sie nicht einmal
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