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Lichtschwester

Lichtschwester

Titel: Lichtschwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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nun keine Zeit mehr, ihr Ritualzelt aufzuschlagen. Die Frauen würden die Schreie ihrer Männer also ungedämpft hören und das frisch vergossene Blut riechen. Aber Reila schob die schreckliche Vorstellung beiseite, um die für ihren Zauber nötige Konzentration erlangen zu können.
      Schon rückten die Hrogi mit ihrer üblichen Wildheit vor, ganz als
ob sie die kleine Schar so rasch und gründlich vernichten wollten
wie die zwölf Inseldörfer, die sie schon ausgelöscht hatten. Die
Invasoren waren den Insulanern zahlenmäßig vierfach überlegen.
      »Kämpft bis zum Letzten«, rief die Großhexe Maer den Kriegern wie ihren Schwestern zu. »Wenn wir unsere Haut teuer genug verkaufen, bleiben ihrer nur so wenig, daß sie für das Herzland keine Gefahr mehr sind.«
      Reila warf einen letzten Blick auf Kelf, ihren Mann. Er hatte ihr schon den Rücken zugekehrt, stand hoch erhobenen Schwerts bereit, jedem Angreifer entgegenzutreten.
      Da schloß sie die Augen, faltete die Hände im Schoß und verbannte jeden störenden Gedanken aus ihrem Geiste. Und siehe da, die Erde wehrte sich nicht, als sie nun nach deren Essenz spürte.
      Demnach hatte die Großhexe richtig geraten - dieser Grabhügel mußte einst ein Ort gewaltiger Macht gewesen sein.
  Ja, nun überblickte sie mit geschlossenen Augen das Schlachtfeld,
wie von hoch über dem Hexenkreis, und fühlte doch unter sich den
harten Markstein des Grabs. Es waren also, außer dem Sehvermögen, all ihre Sinne in ihrem Körper verblieben.
  Alle Hexen hüllten jetzt ihre Männer in ihre schützende Aura ein.
  Damit waren die Insulaner kampfbereit.
      Und die Angriffswelle der wilden Hrogi brach sich an ihrer Mauer
aus Schilden, Panzern und Waffen.
      Kelf schlug seinem Gegner die drohend gereckte Speerspitze ab
und lähmte ihm mit einem Fußtritt das Knie, fand aber nicht die
Zeit, ihm einen tödlichen Streich zu versetzen. Denn schon stürzte
sich ein halbes Dutzend Hrogi mordlüstern auf ihn, und die Ge-
fährten zu seiner Linken und Rechten waren viel zu sehr mit ihren
Gegnern beschäftigt, um ihm beistehen zu können.
  Eine Streitaxt traf ihn in die Seite. Die Klinge schälte Haut und
Muskel von den Rippen, und zerbrochene Glieder seines Ketten-
hemds durchbohrten ihm die Adern. Er taumelte benommen.
Aber Reila nahm seine Schmerzen in sich auf. Sie schrie laut auf,
wie immer, bei seiner ersten Verwundung in einer Schlacht. Und
Kelf stieß, vom Schmerz erlöst, dem Axtkämpfer die Spitze seines
Schwerts durchs Panzerhemd mitten ins Herz.
  Reila leitete ihre Schmerzen so schnell wie möglich in die Erde ab -
was ihr aber wie immer zu langsam zu gehen schien —, und die
Göttin schickte ihr dafür jäh Genesungskraft und neue Stärke. Ihr
Energiestoß traf sie wie ein machtvoller Kuß. Sie formte ihn neu
und sandte ihn Kelf zu.
      Nun wuchsen die durchgetrennten Muskeln des Bundkriegers
wieder zusammen, sein Leib spie die Metallsplitter aus, und seine
Haut schloß sich über der Wunde. Und das alles erfolgte so rasch,
daß Kelf schon fast wieder heil und unversehrt war, als er mit
einem Ruck sein Schwert zu lösen suchte.
      Aber die Klinge saß so fest im Kettenhemd des Axtkämpfers, daß
es Kelf Zeit kostete, sie herauszuziehen. Schon streifte eine Keule
seinen Helm, trafen Breitschwerter seine Oberarmschienen.
      Reila ließ das Dröhnen und Klingen in seinem Kopf verstummen
und nahm den Schwerthieben ihre Wirkung - die Schläge hatten
ihn zwar nicht verletzt, waren aber so wuchtig gewesen, daß sie
seine Arme ohne ihr Eingreifen für eine Weile gelähmt hätten.
  Einer der Hrogi, der Kelfs Benommenheit ausnutzen wollte und
zum Hieb seine eigene Deckung öffnete, bezahlte die Keckheit mit
dem Leben.
      Reila sog noch mehr von Kelfs Schmerzen ab - das strengte sie so
an, daß ihr der Schweiß ausbrach und ihr das Haar näßte und von
der Nase troff. Die Göttin gab ihr großmütig noch mehr von ihrer
Essenz. Und sie leitete die Gabe an ihren Mann weiter.
  Sie nahm, obwohl auf Kelf konzentriert, doch das ganze Gesche-
hen wahr: Die Hrogi stürmten von allen Seiten an. Schon lagen
einige sterbende Inselkrieger zwischen den Heidekrautbüschen
und Steinen und Grasbüscheln. Aber die fünf Bundkrieger teilten
unbeirrt ihre Hiebe aus und bremsten so den Ansturm. Und doch
zogen die Feinde ihren Kreis um den Grabhügel immer enger,
wenn auch nur um einen hohen Preis an Blut und Menschen-
leben.
      Als aber die Hrogi sahen, daß

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