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Lichtschwester

Lichtschwester

Titel: Lichtschwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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aufgerissenem Maul, aus dem Zähne wie Messer ragten, nach ihrem Hals.
      Da stieß Sharik ihm den Dolch tief in den Bauch. Haldan grunzte bloß bei diesem Hieb - heulte aber gräßlich auf, als sie ihm mit einem Ruck den Leib aufschnitt, daß ihr sein Blut über Arme und Brust spritzte. Er wälzte sich von ihr und taumelte beiseite. Sie versuchte gleich aufzustehen, um ihm nachzusetzen, aber der tiefe Schnee und die Schmerzen in ihrer Brust bremsten sie. Als Sharik endlich hochkam, hatte Haldan sich schon wieder erholt. Er sprang sie an und verbiß sich so in ihr Bein, daß sie laut aufschreiend in die Knie brach, preßte ihr dann mit den Vorderläufen die Arme an die Seiten und warf sie zu Boden. Sharik spürte seinen heißen, stinkenden Atem im Gesicht. Sie wand sich verzweifelt zur Seite. Seine Zähne gingen ins Leere und schlugen knapp neben ihrem Ohr aufeinander. Er warf den Kopf zurück ... und schon wieder näherte sich, wie in einem Alptraum, das schreckliche Gebiß ihrer bloßen Kehle.
      Aber jetzt traf ihn ein Schlag in den Rücken, ein Schlag so hart, daß Sharik ihn durch ihn hindurch spürte. Er sprang knurrend auf, drehte sich wie rasend um ... Als Sharik sich mühsam in die Hocke aufgerichtet hatte, da sah sie vor sich Ressa stehen. Sie war in irgendein geborgtes Hemdkleid gewandet und hielt ein Schwert so ungeschickt hoch, als ob sie Holz hacken wollte. Haldan gab ein Keuchen von sich, das ebensogut ein Lachen gewesen sein mochte, streckte seine Frau mit einem einzigen Schlag in den Schnee und stürzte sich wieder auf Sharik, um ihr den Garaus zu machen. Aber Sharik sprang mit einem Kriegsschrei auf die Beine und stieß ihm den Dolch durch die Kinnlade und tief ins Hinterhaupt. Haldan röchelte, die Klinge im Schlund, überschlug sich und fiel auf den Rücken. Sharik landete auf ihm und legte dann ihr ganzes Gewicht auf ihren Dolch, um ihn noch tiefer hineinzutreiben. Und als sie seinen blutbeschmierten Griff mit aller Kraft hin und her drehte, hörte sie Knochen krachen und sah, wie Haldan gleich erschauerte und erschlaffte.
      Da blickte Sharik mit wildem Lächeln zu Ressa hinüber, die immer noch zitternd im Schnee lag und krank aussah. Trin erteilte laut Befehle, und das ganze Gesinde kam herbeigelaufen. Ein Blutfleck leuchtete im Schnee wie das Muttermal in Ressas Gesicht. Und ein Funkeln von Stahl lenkte Shariks Blick zu dem Schwert, das neben Ressa lag.
      »Aber das ist doch mein Schwert!« protestierte sie noch schwach, als man sie auf die Füße stellte.
      Zwei Tage danach kamen vier Reisende zum Falkinnennest. Es waren drei Männer und eine Frau, zu Fuß. Ihre Spur führte vom Waldrand quer über die Straße, durch den Schnee, der für ein Pferd zu tief war. Als Sharik sie von dem kleinen Fenster ihrer Dachkammer aus näherkommen sah, wußte sie sofort, daß es Tierleute waren. Denn ihre Haltung, ihr Gang waren von Haldans lässiger, animalischer Anmut.
      Nun mußte sie sich rasch anziehen. Aber das fiel ihr trotz der Hilfe der von ihr dazu verdonnerten Zwillinge schwer ... Sie trug einen Brustverband zur Schienung ihrer gebrochenen Rippen, und ihre Beinwunden waren gut vernäht. Aber wenn sie sich bückte, streckte oder zu schnell bewegte, raubten ihr stechende Schmerzen den Atem. Ihr Hemdkragen bedeckte die Krallennarbe am Hals, aber natürlich nicht den fingerlangen Schmiß, der sich vom Kinn fast bis zum Ohr zog. Sie musterte ihn für eine Weile in dem kleinen Handspiegel, den ihr eines der Mädchen hielt, und tat ihn dann mit einem Achselzucken ab ... Als Falkin gewöhnt man sich an Narben, hatten ihre Lehrerinnen gesagt, und diese war ja nichts im Vergleich zu manchen anderen, die sie gesehen hatte.
      Als Sharik endlich ihr Schwert gegürtet hatte, stieg sie humpelnd die Treppe hinunter. Trin erwartete sie schon im Flur. »Sie waren hinter Haldan her ...«, begann die ältere Falkin ohne Umschweife. »Sein Stamm hatte von den Morden in Pard's Ridge irgendwie Kunde erhalten. Zwei sind mit Emry eben zur Scheune, um sich die Leiche anzusehen. Die anderen sind da drin bei Ressa.«
      »Du traust ihnen?« fragte Sharik, die noch ganz wackelig auf den Beinen war.
      »Was bleibt mir anderes übrig?« sagte Trin und nahm ihren Arm, um ihr in die Schankstube zu helfen.
      Ressa saß, mit Dreyan im Schoß, am Tisch und war mit der Frau und dem Mann in ein ernstes Gespräch vertieft. Als Trin nun Sharik in den Lehnstuhl am Ofen half und dicht hinter ihr dann Platz nahm,

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