Lichtschwester
wird. Wenn er uns schlägt, wird sein Gebiet vielleicht bis an euren Fluß reichen. Und daß er euch dann ungeschoren läßt, würde ich nicht beschwören.«
»Grimull hat aber gelobt, Riverwer in Frieden zu lassen«, sagte Kayli.
»Dann muß ich euch wohl die Heimkehr gestatten«, versetzte Troy schließlich, »wenn ihr euch dazu in der Lage fühlt.« »Am besten jetzt gleich«, sagte Kayli. »Mit geht es schon wieder recht gut.«
»Bringt Hughs Pferd und auch eines für Kayli!« Roger flog nur so, Troys Befehl auszuführen. Die Menge zerstreute sich schon wieder.
»Nun nehme ich also erneut Abschied von dir, Bruder«, sagte Hugh, »und habe Dank dafür, daß du mir meine Frau wiedergabst.«
Kayli traute ihren Ohren nicht - so sarkastisch hatte sie ihren Mann noch nie reden gehört.
»Komm nun, Kay«, drängte Hugh, »wir sind zu Hause, ehe du dich's versiehst.«
Da machten sie kehrt und gingen.
DIANA L. PAXSON
Eine regelmäßig in diesen Anthologien vertretene Autorin -die auch in der Science-fiction und anderen Genres großen Erfolg hat — ist Diana. Sie hat nach ihrer Heirat mit meinem Bruder (der unter dem Pseudonym »Jon de Cles« publiziert) offenbar entdeckt, daß das Schreiben gar nicht so schwierig ist, und hat inzwischen einige Romane über das fiktive Land Westria und einen wunderbaren historischen Roman mit dem Titel ( The White Raven) geschrieben. Ihr neuestes und wirklich herzzerreißendes Buch (The Serpent's Tooth) basiert auf den irischen Legenden, aus denen William Shakespeare seinen König Lear schuf. Ich bin stolz darauf, sie unter meine Schützlinge zählen zu dürfen, und freue mich, jetzt die Kriegerin Shanna, die erste Serienheldin in dieser Reihe, erneut begrüßen zu können. - MZB
DIANA L. PAXSON
Ytarras Spiegel
Es war während der dritten Nachtwache. Der fleckige Spiegel des abnehmenden Mondes warf ein fahles Licht auf den Nebel, der die schiefen Ladenfronten des alten Kaufmannsviertels von Bindir verschwimmen ließ. Als Shanna aus der Tür trat, ließ die feuchte, rauhe Luft sie so sehr frösteln, daß sie am liebsten kehrtgemacht hätte. Früher, als sie die Handelskarawanen noch als Söldnerin begleitete, wäre sie, ohne zu erschauern, in den allerärgsten Sturm hinausgeeilt. Aber vor meiner Gefangennahme durch Sklavenhändler, dachte sie mit einem Funken wiederkehrenden Humors, wäre ich auch kaum so töricht gewesen, eine Einladung zum Essen am warmen Feuer auszuschlagen.
Sie hatte sich schon halb wieder umgedreht, als im Haus der dünne Schrei eines Neugeborenen erklang. Da krampfte sich ihr der Bauch reflexhaft zusammen ... und sie ließ die Tür hinter sich zufallen und sog die feuchte Luft mit vollen Zügen ein. Aber als der Mond eine Handbreit tiefer gesunken war, kam Tara aus dem Haus. Sie strahlte vor Freude und Stolz über die geglückte Entbindung, und in dem Lederbeutelchen an ihrem Gürtel klimperte leis ihr Hebammenlohn.
Als sie nun den Heimweg antraten und überaus erleichtert die gepflasterte Straße hinabschritten, hörte Shanna das Baby erneut schreien. Da hakte sie Tara unter und trieb sie zur Eile. »Tut mir leid, daß ich dir das zugemutet habe«, sagte Tara, schon etwas außer Atem, »aber wir brauchen das Geld, und ich mußte dem Ruf gehorchen.« Sie faßte sich an die linke Brust, wo sie, unter dem Hemd verborgen, die Halbmondtätowierung der Mondmütter trug.
Auch als entflohene Sklavin, die sich vor den Häschern verbergen mußte, konnte sie noch einen Teil der Arbeit leisten, zu der sie geboren worden war, und ihr Heilerinneneid verbot es ihr, denen Hilfe zu verweigern, die ihrer bedurften.
Und ich? dachte Shanna. Welcher Eid bindet mich denn noch? Aber sie unterdrückte den Gedanken und faßte Tara noch fester unter. »Nein ... ich muß mich entschuldigen, dafür daß du jetzt meinetwegen im Dunkeln heimgehen mußt. Dabei hatte ich gedacht, diesmal würde ich es ertragen können. Wenn ich die Schreie der Gebärenden höre, bin ich immer froh, daß die Dunkle Mutter mich unfruchtbar gemacht hat. Aber bei dem Geschrei der Neugeborenen ist das anders.«
Sie schämte sich. Tara hatte sie aufopfernd gepflegt während der Entziehung von der Droge, mit der die Adlige, an die man sie verkauft
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