Liebe ahoi
Schuhe kaufen können.«
Sie wartete auf seinen Gegenangriff, aber der blieb aus. Jetzt verstand sie endlich, warum er beruflich als knallharter Verhandler galt. Diese ruhige, eiskalte Art war der Grund für seinen Geschäftserfolg. Einen Moment sehnte sie sich nach dem lauten, ungestümen Piers.
»Ganz ruhig, Mona«, sagte er mit schneidender Stimme. »Denn wenn das jetzt hier persönlich wird, würde ich dich darauf aufmerksam machen müssen, dass du aufhören solltest, es zu nahe von zu Hause mit anderen Männern zu treiben. Mir ist längst zu Ohren gekommen, dass du die Hälfte aller fünfundzwanzigjährigen Glasgower inzwischen durchhast, und was diese Reise hier betrifft … du hast deinen Ohrring in der Kabine des Amerikaners verloren, mit dem du ein Stelldichein hattest. Er hat ihn gestern zurückgebracht. Ich habe ihm zwanzig Euro angeboten, weil er sich die Zeit genommen hat, ihn zurückzubringen. Er hat sie angenommen.«
Mit ungerührter Miene machte Piers Dimas, Griechenland, ein Zeichen und bat um die Rechnung.
»Ich glaube, das nennt man einen Patt, Mona. Keiner von uns beiden ist unschuldig. Allerdings lege ich Wert auf die Feststellung, dass ich mit Emily erst etwas angefangen habe, als du die vierte oder fünfte Affäre hattest. Ich glaube, es war Danny, dieser zweiundzwanzigjährige Soap-Star.«
Oh. Verdammte. Scheiße. Woher wusste er das alles? Und er redete immer weiter.
»Ich frage mich wie gesagt nur, wo jetzt dein Sinneswandel herkommt. Wieso machst du plötzlich auf Mutter Teresa und tust so, als wäre alles eitel Sonnenschein? Was ist los, Mona? Nach der Nummer mit dem Amerikaner und so wie du David umschwirrst, hätte ich geglaubt, unsere Ehe wäre das Allerletzte, was dich im Moment interessiert. Also, was ist passiert? Hat David dir einen Korb gegeben?« An ihrer Reaktion sah er, dass er genau ins Schwarze getroffen hatte. »Ah, das ist es also. Er will dich nicht mehr, habe ich recht?«
In Monas Kopf rasten die Gedanken. Das hier passierte nicht wirklich. Sie bebte vor Wut und vor Angst. Nein, das durfte einfach nicht sein. Es stand so viel auf dem Spiel. Sie hatte so viel zu verlieren. Einen Versuch musste sie noch wagen, auch wenn es ihr den letzten Rest an Würde raubte.
»Piers, ich weiß, dass ich mich dumm benommen habe. Es tut mir wahnsinnig leid, ehrlich. Du musst mir verzeihen. Ich habe vor ein paar Tagen mit angehört, wie du mit ihr Schluss gemacht hast. Du hast gesagt, du wüsstest nun, was du willst, und hofftest, es sei noch nicht zu spät. Es ist nicht zu spät für uns, Piers.«
So. Jetzt war es raus. Aber irgendwie schien ihn das völlig zu überraschen. Er brauchte einen Moment, um zu verstehen, dann schüttelte er langsam den Kopf.
»Du hast recht, Mona, ich weiß jetzt, was ich will. Aber damit habe ich nicht dich gemeint.«
*
Beth lag im Bett, tief versunken in die letzten Kapitel ihres Buchs. Sie war am Morgen ein paar Stunden durch Genua gelaufen und hatte sich zum Mittagessen in einem kleinen Straßencafé ein Panini und einen starken Kaffee gegönnt. Nachdem sie aufs Schiff zurückgekehrt war, hatte sie den Nachmittag in der ruhigen Umgebung der Bibliothek verbracht, wo sie auf einen Marian-Keyes-Roman gestoßen war, den sie noch nicht kannte. Damit war die Frage, was sie mit dem Rest des Tages anfangen würde, beantwortet gewesen. Und es war absolut göttlich! Keine Hektik, kein Stress, keine Dramen, nur sie, Marian und ein bequemer Polstersessel in einem wunderbar stillen Raum mit herrlichem Blick auf das Meer.
Plötzlich kam Beth ein Gedanke. Sie schaute auf die Uhr. Mitternacht. Eliza sollte eigentlich schon seit einer halben Stunde zurück in der Kabine sein. Ihre Tochter genoss jede einzelne Sekunde dieser Kreuzfahrt und versuchte offenbar gerade, noch ein bisschen mehr Genießerzeit rauszuschlagen. Sechzehn war ein schwieriges Alter. Alt genug, um zu heiraten. Reif genug, um die meisten Entscheidungen allein zu treffen. Und doch noch so jung, dass man sich an die von den Eltern gesetzten Regeln halten musste. Beth hatte gehofft, in dieser Woche mehr Zeit mit Eliza verbringen zu können, aber ihre Hoffnung hatte sich zerschlagen. Sie wusste, dass sie das nicht persönlich nehmen durfte. Als sie damals in dem Alter war, hatte Patsy sich auch ständig bemüht, mit ihr etwas zu unternehmen, aber sie hatte hartnäckig vor dem Telefon gesessen und gehofft, der aktuelle Boy der Stunde würde sie endlich anrufen.
Beth wandte sich wieder ihrem Buch zu,
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