Liebe auf Arabisch
an Bord ihren zukünftigen Geliebten oder Ehemann kennenzulernen. Ihnen ging es nicht um die Reise und der Zielort war völlig egal, es ging einzig und allein darum, das richtige Portmonnaie zu finden, um ihre Zukunft zu sichern. Mit schicker Frisur und hautengen Jeans tun sie so, als würden sie lesen, während sie eigentlich nur den nächstbesten Nabob anvisieren, dessen Blicke sie mit einem Lächeln erwidern. Allzu häufig sah ich, wie am Ende des Fluges eine Visitenkarte auf ihren Knien landete; die aggressivsten Jägerinnen unter ihnen beendeten ihren Flug im Sitz neben ihrer Beute und verließen gemeinsam mit ihm den Flughafen. Ihre Rechnung war aufgegangen.
»Aha, du hast also Konkurrenz, meine Liebe. Du musst dir eine Strategie überlegen, wie du ihnen die Show stiehlst.«
»Das wäre ja gar nicht so schwer, die Probleme fangen hinterher an. Hat der Kerl auch wirklich ernsthafte Absichten? Für die meisten sind Stewardessen doch nur gut, um in zehntausend Metern Höhe rumzumachen, nicht um auf dem Erdboden eine Familie zu gründen.«
»Mit der Einstellung wirst du als alte Jungfer enden«, seufzte Salma.
»Sie ist doch noch jung«, protestierte Soha.
»Mit achtundzwanzig ist man nicht mehr so jung. Wärst du eine Saudi, würde dich niemand mehr ansehen und deine Familie würde sich für dich schämen. Unsere Mädchen werden mit dreizehn verheiratet.«
»Bei uns wird jetzt immer später geheiratet, weil die Frauen ihr Studium beenden oder eine Arbeit aufnehmen
wollen. Außerdem gibt es ein rechtliches Mindestalter. Bei uns kann man keine Zwölfjährige verheiraten.«
»Aber warum? Ihr seid doch auch Muslime. Der Prophet hat Aïcha geheiratet, da war sie gerade mal neun Jahre alt«, rief Soha.«
»Zwölf«, korrigierte Salma.
»Nein, neun, du solltest etwas öfter ins heilige Buch schauen.«
»Ja, aber der Prophet hat sie ein paar Jahre nicht angerührt, um ihr Zeit zu geben, erwachsen zu werden«, schaltete sich Joumana ein.
»Außerdem war es eine andere Zeit, als der Prophet lebte, Allahs Segen und Heil auf ihn. Die Mentalität war damals eine andere«, fügte Salma hinzu. »Damals waren die Frauen sicherlich psychologisch so weit entwickelt, mit einem Mann zusammenzukommen, eher noch als die Frauen heutzutage.«
»Und dabei gab es kein Internet und keine versauten Filme«, amüsierte sich Farah.
»Es reicht, hört auf«, sagte Soha. »Wenn uns einer unserer Ehemänner hört, klagt er uns wegen Gottelästerung an. Religion und Gesetze sind Männersache. Kümmern wir uns lieber um Fragen des Herzens und des Körpers.«
»Du überraschst mich immer wieder«, sagte Joumana mit mehr als einem Hauch Ironie in der Stimme.
Wir kamen auf das Thema Kinder zu sprechen und plötzlich waren sich alle einig, dass man nicht nur jung heiraten, sondern auch Kinder bekommen musste. Meine Freundinnen konnten jede Meinung gelten lassen, außer der Weigerung eine Nachkommenschaft zu zeugen. Selbst die sonst so militante Joumana teilt diese Ansicht. Ich verstehe ihre Bedenken, es sind die meiner Mutter: »Was wirst du tun, wenn du alt bist? Niemand wird sich
um dich kümmern, du wirst auf der Straße landen. Kinder sind die Krönung deines Lebens und dein Glück in schlechten Tagen. Ohne Kinder hast du niemanden, über den du wachen kannst, um den du bangen kannst. Und wenn du eines Tages stirbst, wer soll dich beerdigen, hm? Was bleibt von dir, wenn du nicht mehr bist?« Salma kam wieder mit ihrem religiösen Wissen aus zweiter Hand:
»Allah sagt, dass Reichtum und Kinder die schönsten Dinge im Leben sind.«
Sogar Farah ließ sich zu einem Kommentar hinreißen:
»Du kannst es eines Tages bereuen, ein falsches Risiko eingegangen zu sein, einen Liebhaber genommen oder ein Abenteuer erlebt zu haben. Aber du wirst es niemals bereuen, ein Kind bekommen zu haben! Und außerdem gehört es dir. Die Männer denken gar nicht erst darüber nach, ob ihr Kind ihr Kind ist.«
»Aber es stimmt auch, dass man nicht mit irgendwem ein Kind zeugen sollte. Es muss ein Sohn aus gutem Hause sein«, erklärte Soha, wobei sie zu vergessen schien, dass ihre Familie gegen ihre eigene Hochzeit gewesen war.
Die gleiche Leier wie in Marokko, dachte ich, die Sorge um verschiedene Klassen, um eine reine Abstammung, die Garantie eines Stammbaumes, aus dem bereits alle Geisteskranken und alle Flittchen rausgeschüttelt worden waren. Ein Scherif hier, ein vermögender Nachfahre da und schon hat man einen Ould ayla, den Sohn aus gutem Hause,
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