Liebe auf den ersten Klick
Tür hinter mir und lasse mich erschöpft dagegensinken. Ich fühle mich, als wäre ich vor einem Rudel Wölfe geflohen. Wieso musste ich auch rausgehen, wo ich offenbar vor Kummer wie von Sinnen bin und nicht länger im Einklang mit dem Universum stehe?
Ich wünschte, ich hätte ein Haustier. Eine hübsche kleine Katze mit einem Glöckchen um den Hals, die angelaufen kommt, sobald sie den Schlüssel im Schloss hört. Das wäre schön und würde meiner Einsamkeit etwas von ihrem Schrecken nehmen. Ich würde ihr auch immer leckeres Gourmetfutter kaufen so wie in der Werbung, und wir könnten uns zusammen aufs Sofa kuscheln und fernsehen. Andererseits – das Katzenklo mit all den kleinen, mit Granulat panierten Kotknödeln … igitt! Nein, ich glaube, ich bleibe doch lieber allein mit meinem Schmerz.
Inzwischen habe ich den Entschluss gefasst, mit Rob Kontakt aufzunehmen. Die Dinge in die Hand nehmen – das wird mir guttun. Ich werde ihm eine Mail schreiben. Ich stelle meine Handtasche ab und fahre den Computer hoch. Der Bildschirm erwacht zum Leben, und mein Posteingang piept. Mehrere Mails sind eingegangen – zwei von Christie, eine von einem Katalogversand und eine von ihm! Ich schlucke und beuge mich mit klopfendem Herzen vor.
Hallo, Viv,
ich hoffe, du hast dich inzwischen von Samstag erholt. Das war ja ein ziemlicher Auftritt!
Ich bin froh, dass du Sam kennengelernt hast. Offenbar hat sie dir ja erzählt, dass wir es amtlich machen wollen. Tut mir leid, dass du es so erfahren musstest. Ich wollte es dir schon die ganze Zeit sagen und hatte mir überlegt, ob wir vielleicht zusammen essen gehen. Es ist so viel passiert in der letzten Zeit.
Wünschst du mir trotzdem Glück?
Rob
Die Worte auf dem Bildschirm sind wie ein Schlag ins Gesicht. Ich setze mich hin und beginne eilig zu tippen:
Hi, Rob,
Glückwunsch! Deine Verlobte ist bestimmt ein sehr interessanter Mensch.
Essen gehen ist eine gute Idee. Ich würde dir gern persönlich Glück wünschen.
Viv
Eigentlich sollte ich mir mit der Antwort Zeit lassen und erst in Ruhe darüber nachdenken. Der Mauszeiger schwebt über dem »Senden«-Button. Ich klicke darauf, und weg ist sie. Gut. Wenigstens ist der Kontakt wiederhergestellt. Ich zittere vor Anspannung. Er ist der einzige Mann auf der Welt, den ich will, und nun möchte er eine andere heiraten – und teilt es mir per Mail mit. »Wir wollen es amtlich machen«, schreibt er so lapidar, als wären die letzten fünf Jahre, in denen wir unsere Hochzeit geplant hatten, nichts als die Generalprobe für das eigentliche Ereignis gewesen.
Er antwortet sofort.
Wo und wann?
Er will mich also trotz allem noch sehen. Das ist ein gutes Zeichen. Und dass er so schnell antwortet, muss doch bedeuten, dass er die ganze Zeit nur darauf gewartet hat, etwas von mir zu hören, überlege ich aufgeregt. Also, wohin gehen wir am besten? Ein Restaurant? Nein – viel zu förmlich. Und auch nichts, wo wir früher schon einmal waren – zu sentimental. Ein cooler, ungezwungener Pub, das wäre genau das Richtige.
Ins Shy Horse in der King Street? Ich habe viel Gutes darüber gelesen. Sagen wir Freitag um halb acht?
Zack – senden.
Fünf Minuten lang warte ich mit angehaltenem Atem, doch nichts passiert. Also öffne ich Christies Mails, die beide nichts mit der Arbeit zu tun haben. In der ersten schreibt sie, dass sie mich vermisst und in der Mittagspause in unserer Lieblings-Sandwichbar war, um sich eines der legendären »Brötchen des Tages« zu kaufen. Doch dann hätte sie gelesen, dass die Kalorienzahl in etwa dem Tagesbedarf eines Gorillas entspricht, und es sich lieber verkniffen. In der zweiten Mail steht nur, dass sie hofft, mich morgen wieder im Büro zu sehen, weil der Ausverkauf anfängt.
Gerade als ich eine Antwort tippen will, höre ich das leise Ping einer eingehenden Mail. Aber sie stammt nicht von Rob, sondern vom Hochzeitsfotografen mit einem Link zu den Aufnahmen von Janes und Hugos Hochzeit. Ich hole tief Luft und klicke ihn an: Braut und Bräutigam in unterschiedlichen Posen vor der Kirche, gefolgt von einigen ziemlich lächerlichen Aufnahmen – Hugo bei einem begeisterten Luftsprung, Jane, wie sie im Wind ihrem Schleier nachjagt, und eines, auf dem sie sich über ein nachträglich eingefügtes Glückwunschbanner hinweg küssen. Als Nächstes entdecke ich ein Foto von Rob und Sam vor der Kirche. Sein Haar glänzt golden im Sonnenschein, und Sam sieht wie ein Model aus – ein Bein vorgestellt, Bauch
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