Liebe auf den ersten Klick
könnte. Er streicht sein Haar und sein T-Shirt glatt und zieht sich die Hose hoch.
»Und, was liegt an?«
»Ich hatte bloß Lust, dich zu sehen.«
»Toll. Tja, man soll eben immer seinen Eingebungen folgen.« Einen Moment lang stehen wir wortlos da. »Willst du reinkommen?« Ich nicke wie ein verstocktes Kind. Er legt den Arm um mich und führt mich in seine winzige Küche. »Alles klar?«, fragt er.
»Ich … ich … nein.« Er sieht mich an und greift nach dem Korkenzieher in Form einer nackten Frau, um eine Weinflasche zu öffnen. Ich sehe zu, wie er ihre Beine zusammendrückt und wieder loslässt, während der Korken aus dem Flaschenhals springt.
»Gott, wäre die Frau echt, würde sie jetzt im Krankenhaus liegen.«
»Wäre die Frau echt, hätte sie Millionen damit verdient.« Er zwinkert mir zu und sieht sich nach Gläsern um. Schließlich greift er nach einem Kaffeebecher und einer kleinen kelchförmigen Blumenvase. Er schenkt ein und reicht mir die Vase. Der Wein schmeckt ziemlich herb, trotzdem nehme ich dankbar einen großen Schluck.
»Also, was ist passiert?«, fragt er.
»Bin ich eigentlich ein netter Mensch?«
»Na ja, ich bin natürlich voreingenommen … aber, ganz ehrlich? Du bist ein absolut schrecklicher Mensch.«
»Ich fühle mich so … kaputt … innerlich zerbrochen. Abserviert. Wie ein zermatschtes Ei.«
»Aha.«
»Es ist, als wäre meine Schale angeknackst, und etwas Riesiges, Abscheuliches würde gleich aus mir herausbrechen.«
»Kotz ruhig los, Baby.« Er grinst.
Ich starre auf seine Brust und habe das Gefühl, als würde ich von einem gewaltigen Zyklon erfasst und durch die Lüfte geschleudert. Dann hebe ich den Kopf, sehe ihm ins Gesicht und fange an zu weinen. Mit einem einzigen Schritt ist er neben mir und lässt seine Tasse fallen, um mich aufzufangen.
Wir sitzen mit den Kartons vom Thai-Lieferservice vor dem Fernseher und sehen uns die zweite Halbzeit an. Dave sitzt zu meinen Füßen und sieht voller Hoffnung zu, wie ich meine Frühlingsrolle in die süße Chilisauce tunke.
Ich spüre Max’ Herzschlag an meinem Rücken, und der Seifengeruch seiner Hände steigt mir in die Nase, während er meinen Nacken massiert. Sein Atem kitzelt an meinem Ohr. Ich spüre, wie ich eine Gänsehaut bekomme und sich die Härchen auf meinen Armen aufrichten. Sein Körper versteift sich, als ein Aufschrei durch die Menge im Stadion geht.
»Hey, Leute, bitte! Scheißverteidigung!«, brüllt er und drückt meine Schulter eine Spur zu heftig.
Ich kann nur staunen, welche Tränenmenge ich vergossen habe. Wir haben nebeneinander auf dem Küchenboden gesessen und den restlichen Wein vernichtet, und nun bin ich müde und völlig erschöpft. Seufzend schließe ich meine verquollenen Augen. Ich habe völlig vergessen, wie schön es sich anfühlt, den Körper eines anderen Menschen zu spüren, die Festigkeit von Muskeln und Knochen. Plötzlich erscheint mir »das da draußen« gar nicht mehr so schlimm. Ich genieße das Gefühl, atme den Geruch von Moschus und Tabak ein, der seinem T-Shirt entströmt, lasse mich treiben und empfinde tatsächlich für einen kurzen Augenblick so etwas wie Frieden.
»Aufwachen, Viv. Es ist schon spät.« Ich schlage die Augen auf. Max kniet neben dem Sofa. Der Fernseher ist aus, die leeren Essenskartons weggeräumt. »Soll ich dir ein Taxi rufen?«
Ich setze mich mühsam auf. Igitt – mit dem Taxi nach Hause fahren, meine leere Wohnung betreten … Ich sehe meinen besten Freund an, lasse den Blick über sein Kinn und seine dunklen Brauen wandern, die wie zwei schwarze Pinselstriche aussehen, und weiß: Ich schaffe das nicht. »Bitte zwing mich nicht, da rauszugehen.«
»Dann bleib hier«, flüstert er. »Ich schlafe auf dem Sofa.«
»Kann ich nicht mit dir im Bett schlafen? Kann ich nicht einfach für eine Weile du sein? Viv zu sein ist so einsam und schrecklich.«
Er lächelt. »Du kannst jederzeit mit mir schlafen, Viv, das weißt du doch.«
»Ich rede nicht von Sex.«
»Du kannst bei mir schlafen, wann immer du willst. Ob mit Sex oder ohne.«
»Das ist sehr großzügig von dir.«
Wir gehen in sein Schlafzimmer, wo er die Bettdecke glattstreicht und ein T-Shirt für mich heraussucht. »Ich hole nur eine Flasche Wasser«, sagt er, während ich mich ausziehe und zwischen die kühlen Laken schlüpfe. Ich drehe mich mit dem Gesicht zur Wand, schließe die Augen und genieße die beruhigende Gewissheit, heute Nacht nicht allein sein zu müssen. Kurz darauf
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