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Liebe auf den letzten Blick

Liebe auf den letzten Blick

Titel: Liebe auf den letzten Blick Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L Beck
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zu holen. Dass sie dabei auch den Joint entdeckt, kann ich an ihrem zufriedenen Grinsen erkennen.
    Nachdem alle mit eiskaltem Prosecco versorgt sind, ergreift Otto das Wort.
    »Liebe Freunde …« Er hält inne, wohl um der Spannung willen. Betont langsam nimmt er den Hut ab und wirft ihn mit eleganter Geste aufs Fensterbrett. »Für euch beginnt mit eurer WG ein neuer Lebensabschnitt, und ich blicke auf einelange Karriere zurück. Für einige meiner Arbeiten muss ich mich nicht schämen, und nun endlich …«
    Irma vollendet Ottos Satz. »… wird dein Gesamtwerk mit dem ›Shakespeare‹ gekrönt.«
    »Ahhh!«, entfährt es ihm, wobei er sich an die Brust fasst und knallrot anläuft, als erleide er eine Herzattacke. »Irma-Schatz, keine Vorschusslorbeeren. Das bringt Unglück!« Er rollt die Augen, fährt sich in gequälter Manier durchs schüttere Haar und streckt dabei die andere Hand weit von sich weg. »Nein, nein, nein! Eine Nominierung ist natürlich eine pikfeine Sache, nur ein saftiger Sexskandal könnte das toppen –«
    »Ich wollte auch immer zum Film«, mischt sich Amelie ein. »Gibt es eigentlich die Besetzungscouch noch?«
    Otto stutzt. »Selbstverständlich, aber leider nicht für alte Säcke wie mich!«, antwortet er.
    »Entspann dich,
alter Sack
«, fordert Irma ihn mit sanfter Stimme auf und zündet den Joint an. »Jetzt wird’s gemütlich.«
    »Immer her damit«, sagt Otto, als Irma ihm den Joint hinhält. Er nimmt einen tiefen Zug und reicht ihn weiter.
    Die Stimmung steigt, als Otto uns mit dem neuesten Tratsch aus der Filmbranche unterhält und von den Macken der Schönen und Reichen berichtet.
    Schon bald laufen Amelie Lachtränen übers Gesicht, ich hingegen werde bei den Geschichten über das Leben jenseits von Geldsorgen wehmütig.
    »Wenn ich nicht im Lotto gewinne, werde ich in diesem Leben nicht mehr reich«, seufze ich.
    Irma hebt ihr Glas und prostet mir zu. »Tröste dich, Mathilde. Ich stamme aus einer mittellosen Arbeiterfamilie, da gibt es nicht einen einzigen Silberlöffel zu erben.«
    Otto springt auf, reißt sich den roten Schal vom Hals, wirftihn vor Irma aufs Parkett und sinkt auf die Knie. »Teuerste! Würdest du mir die Ehre erweisen, mich zu beerben?«
    Erstaunt reißt Irma die Augen auf. »Ist das von Goethe? Oder probst du für eine neue Rolle?«
    »Nein, meine über alles geschätzte Freundin. Das ist ein stinknormaler Heiratsantrag!«
    »Ach, Otto-Schätzchen!« Irma beugt sich etwas vor und küsst ihn auf die Stirn. »Du bist mal wieder in Höchstform.«
    »Irma!«, entgegnet Otto in gespielter Entrüstung. »Das war kein Scherz.«
    Das »Publikum« klatscht begeistert.
    »Und warum sollten ausgerechnet wir zwei heiraten?«, fragt Irma.
    Otto erhebt sich ächzend. »Weil du die Einzige bist, die mich ehrlich liebt, ohne es auf mein Vermögen abgesehen zu haben. Denn erst wenn man genug Geld hat, weiß man, dass Liebe nicht käuflich ist!«
    »Ach, Otto, das hast du schön gesagt.« Gerührt wischt sich Irma eine Träne weg.
    »Das ist ein Zitat von Jack Nicholson!«, erklärt Otto mit Nachdruck.
    »Dann hat Jack das eben schön gesagt«, entgegnet Irma. »Aber bei mir kannst du wirklich ganz sicher sein, ich würde dich auch als armen Schlucker nehmen.«
    »Sag ich doch, Irma-Schatz. Du liebst den ollen Otto wie er ist.« Liebevoll küsst er sie auf beide Wangen.
    Ich erhebe mein Glas. »Auf die Liebe!«

5
    Nadelfeine Stiche hinter den Augen, ein Brummschädel und ein seltsam kehliges Geräusch wecken mich am nächsten Morgen.
    Orientierungslos blicke ich mich um, lausche angespannt in die Stille. Nichts. Vermutlich habe ich geträumt und selbst gestöhnt. Würde mich nicht wundern. Mein Körper fühlt sich zentnerschwer an wie ein Kartoffelsack, und meine Zunge klebt am Gaumen, als hätte ich drei Flaschen Portwein auf ex geleert. Wieso eigentlich? Ach ja, die Party!
    Träge angle ich mir den Wecker. Zehn Uhr? Ich habe verschlafen! Unmöglich, seit ich denken kann, ist mir das noch nie passiert. Doch der Kontrollblick bestätigt mir das Unglaubliche. Tatsächlich!
    Ich wollte immer schon mal verschlafen. Manche Menschen träumen von weißen Sandstränden, andere von großen Erbschaften (war da nicht was gestern Abend?) und ich vom Verschlafen. Dank unserer Party und einem dicken Joint ist es mir endlich gelungen. »Da sag noch mal einer, Drogen wären ungesund«, grummle ich halblaut vor mich hin. Scheint, als wäre ich doch noch nicht ganz nüchtern. Könnte aber

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