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Liebe auf den zweiten Kuss

Liebe auf den zweiten Kuss

Titel: Liebe auf den zweiten Kuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Crusie
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eine Art jammerndes Schnurren, das trotzdem bedrohlich wirkte. Doch an der Art, wie Marlene im Mondlicht auf dem Bett kauerte, war nichts Merkwürdiges. Es war das erste Mal, dass Nell sie als einen richtigen, echten Hund wahrnahm.
    »Was ist denn?« Auf ihr Flüstern hin duckte sich Marlene noch tiefer und knurrte lauter.
    Nell saß regungslos und lauschte und hörte schließlich ebenfalls, was Marlene gehört hatte: ein leises Schlurfen im untersten Stockwerk, so leise, dass sie ganz genau hinhören musste. Irgendjemand war dort unten und öffnete Schubladen und Schränke.
    »Schsch«, sagte sie zu Marlene und nahm sachte den Telefonhörer ab. Dann wählte sie den Polizeinotruf. Als sie mit der Zentrale verbunden wurde, flüsterte sie. »Bei mir ist jemand in der Küche.«
    Nachdem sie alle Informationen in den Hörer geflüstert hatte, befahl ihr die Stimme in der Zentrale, in der Leitung zu bleiben. Sie setzte sich auf ihre zerwühlten Decken, die Hand auf der immer noch angespannten Marlene und betete, dass, wer auch immer es war, so lange dort unten bleiben würde, bis die Polizei kam oder aber er das finden würde, wonach er suchte …
    Sie setzte sich etwas weiter auf. Wonach suchte er? Sie besaß noch nicht einmal ein Fernsehgerät oder eine Stereoanlage. Jeder Einbrecher hätte mittlerweile erkannt, dass bei ihr nichts zu holen war und sich wieder davongemacht. Es sei denn, der Einbrecher war gar kein Einbrecher. Es sei denn …
    Sie unterbrach die Leitung zur Notrufzentrale und drückte die Kurzwahltaste fürs Büro. Sie war sich ziemlich sicher, dass Gabe oben in seiner Wohnung dieselbe Nummer hatte.
    »Wer ist da?«, meldete sich Gabe nach dem dritten Klingeln und klang halb schlafend, halb wütend.
    »Hier ist jemand«, flüsterte sie in den Hörer.
    »Was?«
    »Hier spricht Nell«, flüsterte sie.
    »Ich weiß, dass Sie es sind«, schnappte er. »Warum flüstern Sie denn um drei Uhr morgens?«
    »Hier ist jemand. In der Wohnung. Unten.«
    »Himmel noch mal, rufen Sie die Polizei.«
    »Das habe ich schon«, erwiderte Nell entnervt. »Halten Sie mich für einen Idioten? Aber ich dachte, weil doch Lynnie früher hier gewohnt hat...«
    Marlene fing wieder an zu knurren. Nell hielt inne und legte ihre Hand auf Marlene, um sie zu beruhigen und um selbst besser lauschen zu können.
    Jemand kam die Treppe herauf.
    »Was ist los?«, fragte Gabe. »Verdammt, Nell...«
    »Ich glaube, er kommt die Treppe herauf«, Nells Stimme zitterte. »Und ich habe wirklich Angst.«
    »Machen Sie das Licht an«, sagte Gabe. »Jetzt, sofort. Warnen Sie ihn, dass Sie wach sind. Ist die Tür zu Ihrem Schlafzimmer abgeschlossen?«
    »Die Tür hat kein Schloss.«
    »Stellen Sie irgendetwas davor.«
    »In Ordnung«, sagte Nell, legte auf und stieß die Bettdecke zurück. Ihre Hände zitterten, und als sie die letzte Decke abschütteln wollte, verfing sich ihr Fuß in Marlenes Chenilledecke und sie stolperte. Als das Telefon laut scheppernd vom Bett fiel, wurde Marlene völlig hysterisch. Nell versuchte, sich am Nachttisch fest zu halten, fiel aber gegen die Tür und stieß mit dem Kopf gegen den Türknauf, als sie zu Boden ging. Noch im Fallen hörte sie, wie jemand die Treppen hinunterrannte.
    »Schsch«, zischte sie Marlene zu, die sich jetzt laut knurrend gegen die Tür warf und diese wie wild mit ihren Krallen bearbeitete. Sirenen ertönten, dann glitt Flutlicht über die der Straße gegenüberliegende Wand und Nell hörte, wie ihre Hintertür zugeknallt wurde. Sie rieb sich kurz den Kopf, dann krabbelte sie über den Boden zum Telefon. »Gabe? Es ist alles in Ordnung, glaube ich. Gabe?« Aber er war nicht mehr am Apparat.
     
    »Herzlichen Dank, dass Sie mich zwanzig Jahre meines Lebens gekostet haben«, bemerkte Gabe eine Stunde später, nachdem die Polizei gegangen war. Er saß auf dem Bettsofa in Nells Wohnzimmer, trank Glenlivet und versuchte, seinen Puls wieder unter hundertzwanzig zu bekommen, bevor er sie anbrüllte, wie sie ihn derart in Angst versetzen konnte.
    »Ich dachte mir, Sie wollten vielleicht Bescheid wissen«, erwiderte Nell. »Schließlich war es vorher Lynnies Wohnung.«
    »Ich wollte Bescheid wissen, weil es Ihre Wohnung ist«, sagte Gabe. Sie trug einen Pyjama aus leuchtend blauem Stoff, der jede ihrer Bewegungen mitmachte und ihre roten Haare noch wilder aussehen ließ, besonders im Kontrast zu der vielfarbigen Beule, die ihre Stirn zierte. Sie schien sich weder des Pyjamas oder der Beule bewusst, noch

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