Liebe auf eigene Gefahr Roman
Vorstellung bewusst alle Klischees verdrängt. Aber wie kann es sein, dass dort drüben tatsächlich ein Typ in einer Toga steht und Bier durch einen Trichter trinkt?«
»Lass uns einfach die Tatsache feiern, dass er dort drüben ist«, schlage ich vor. Als Beth und ich mit den Plastikbechern anstoßen, rinnt mir die schaumige bernsteinfarbene Flüssigkeit das Handgelenk hinunter und durchnässt den Ärmel meines geliehenen Bodys. Ich beobachte, wie Laura und die Phi-Mu-Mädels das Bierfass kreisen lassen und wie Laura fachmännisch den tropfenden Hahn in den Mund nimmt, während ihre Beine von ihren Mittrinkerinnen in die Luft gehoben werden. Beth und ich beschließen, stattdessen weiter aus unseren relativ hygienischen Bechern zu schlürfen, und warten zusammen mit dem Rest des überfüllten Raums ungeduldig darauf, dass das Gebräu endlich seinen berühmten Rosa-Brillen-Effekt entfaltet und zehn Jahre Scheußlichkeit von den Wänden schrubbt.
»Hör mal!« Als ich die Eröffnungstakte von George Michaels »Freedom ‘90« erkenne, lege ich die Hand auf Beths leopardengemusterten Unterarm. Mit geweiteten Augen greift sie ebenfalls nach meinem Arm, und wir pflügen uns eilig durch die anderen Körper, die auf dem sägemehlbedeckten Boden zwischen Tischtennisplatte und Sofa herumzappeln.
Plötzlich brüllt mir Laura den Text ins Gesicht und nimmt meine Hand. Zusammen werfen wir die Arme hoch und singen mit, denn trotz des Lochs, das Jake in mein Herz gerissen hat, habe ich immer noch das, meine Freiheit. Ich könnte tun, was immer ich will, mit wem ich will. Mit geschlossenen Augen bewege ich die Hüften, und als ich die Augen wieder aufmache, lächle ich beim Anblick der Mädchen um mich herum, die alle selig das Gleiche tun, während ihr Kreis für einen Augenblick von Laura komplettiert wird.
Ich kann nicht einschlafen, weil der gewohnte Vier-Uhr-morgens-Wirbel in meinem Brustkorb immer stärker wird, also starre ich den Stuck an der Decke an. Lauras Atem hört sich an, als würde sie ersticken. »Laura«, flüstere ich. Noch mehr Schniefen. »Laura«, versuche ich es noch einmal und spähe auf den Teppich zwischen Beths und meinem Bett hinunter, wo sie ausgestreckt daliegt, den rechten Arm immer noch um den Plastikpapierkorb geschlungen. Ich setze mich auf und strecke den Fuß aus, um ihre auf dem Bauch liegende Gestalt anzustupsen. »Laura!«
Blinzelnd öffnen sich ihre Augen, bevor sie sich auf mich richten. »Hä?«
»Hi.«
»Hi.« Ihre Lider schließen sich flatternd, und ihre Atmung verlangsamt sich, gewinnt wieder an Resonanz. Ich ziehe die Knie unter mein T-Shirt hoch und starre auf das Stück Welt hinaus, das zwischen Jalousie und Fenstersims sichtbar ist. Der Schmerz in meiner Brust breitet sich in meine Gliedmaßen aus, bis ich friere und mir das Deckbett um die Schultern ziehe. »Wo ist er?«
»Hm.« Sie steckt die linke Hand unter ihr Kissen.
»Wo ist er? Wo ist er, Laura?« Ich beuge mich über die Bettkante. »Wo ist er hin?«
»Nein«, sagt sie, und ihre Stimme ist leise und kratzig vom Mitgrölen, Rauchen, Erbrechen. »Schlaf … weiter.« Sie rollt sich von mir weg.
»Ich kann nicht.«
Murmelnd tastet sie nach dem zweiten Kissen und zieht es sich über den Kopf. »Sam … diese verdammte Postkarte …«
»Was?!« Ich lasse mich auf den Teppich fallen, und die Decke rutscht mir von den Schultern, als ich ihr das Kissen wegreiße. » Welche Postkarte? «
»Ich hab’s dir nicht erzählt, weil sie …«
»Was? Weil sie was?«
Sie stemmt sich auf die Ellenbogen hoch und holt tief Luft, ihr Blick wird wieder klarer. »Weil sie ein großes Nichts ist. ›He, was geht ab? Hoffe, in der Uni ist alles gut. Vermisse dich, Mann.‹ EIN GROSSES NICHTS«, wiederholt sie angewidert.
»Von wo?«
»L.A. Hat aber nirgendwohin geführt.« Sie lässt sich zurückfallen. »Nicht, dass Sam sie nicht nach Hinweisen abgesucht hätte.«
»Hat er sie noch? Kann ich sie sehen?«
»Gott im Himmel! Ich habe doch nicht dreizehn Stunden lang in einem Bus gesessen, um über Jake Sharpe zu reden, wenn ich das auch in meinem eigenen Bett tun könnte!« Plötzlich kauert sie sich auf die Knie und krümmt sich über den Papierkorb. Ich strecke die Hand aus, um ihr das Haar aus dem Gesicht zu schieben. Als der Anfall vorbei ist, stützt sie die feuchte Stirn auf ihren Arm, der auf dem Eimerrand liegt. »Acht Monate später – acht Jahre später – kriegt er immer noch nichts auf die Reihe.« Ihre Stimme
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