Liebe auf eigene Gefahr Roman
Wasserreservoir im Central Park, damit die Paparazzi dich jagen können. Du joggst doch, hab ich recht? Egal – dein Adrenalin wird dir schon Beine machen. Dann verbringen wir alle den Tag damit, biodynamisch einzukaufen, vegan zu essen, eine Kletterwand zu besuchen und uns eine Darmspülung machen zu lassen. Am Ende des Tages wird jede Zeitschrift hinreißende Fotos von dieser jugendlichen, gesunden jungen Frau haben.«
»Äh, nein. Nein, nein, nein, absolut auf gar keinen Fall, nur über meine Leiche.«
Jocelyn knallt ihre Mappe auf die Marmorarbeitsfläche. »Hör zu, du Yoko-Ono-Verschnitt vom Lande, hier ist das Update: Das Album kommt in zwei Wochen heraus. Jake, der sich mit seiner verloren geglaubten Liebe wiedervereint, bringt mir genau einen Nachrichtenzyklus. Einen. Wir müssen dich also verdammt noch mal aufbauschen.« Sie macht eine Pause. »Wir könnten dir ein Kind anhängen.«
»Nein.«
»Siehst du, jetzt bist du einfach nur fies.«
»Jetzt bin ich einfach nur eine Frau, die im Bademantel in einer fremden Küche sitzt und erfährt, dass sie mit dem amerikanischen Volk Square-Dance tanzen soll, während ihr Freund sich den Rotz analysieren lässt.«
»Aber Jake ist nicht nur dein Freund, oder?« Jocelyn legt den Kopf schief. »Du liebst ihn. Du willst nur das Beste für ihn. Und du hast beschlossen, Teil seines Lebens zu sein.«
Ich halte ihrem Blick stand und lasse ihre Worte auf mich wirken. »Okay, ich gebe euch einen Tag. Einen.« Ich drehe mich zu Kirsten um. »Keine Zigaretten, kein Red Bull. Aber auch keine Darmspülung, keine Flucht vor den Paparazzi und kein, und ich meine es ernst, Baby. Ganz sicher nicht in diesem Nachrichtenzyklus.«
Jocelyn konsultiert ihren Zeitplan. »Sehr gut. Heute Abend triffst du dich mit Chris und Gwynnie zum Essen.«
»Paltrow?«
»Vor dem Restaurant werden Paparazzi lauern, also denk dran: gesund!«
Um Mitternacht klicke ich endlich auf »Senden«, um meinem Boss die Mea-Culpa-E-Mail zu schicken, zu der ich mich erst nach vier Tagen New York durchringen konnte. Ein butterfarbenes Rechteck erscheint am unteren Bildschirmrand: » Drahtloses Netzwerk nicht verfügbar. « Genervt stehe ich mit dem leuchtenden Laptop von Jakes Bett auf und gehe im dunklen Zimmer herum, um wieder eine Verbindung zu dem schwachen Signal zu bekommen. »Komm schon, komm schon«, murmele ich, denn ich kann es kaum erwarten, dass mein Chef mein leidenschaftliches Plädoyer liest und erfährt, warum er weiterhin ein Klatschpressen-Flittchen beschäftigen sollte.
Ich öffne die Tür und gehe unsicher den dunklen Gang entlang, wobei ich auf irgendein Anzeichen für Empfang warte und bete, dass die Batterien so lange durchhalten.
Dann öffnet sich auf halber Höhe eine Tür und wirft ihr Lichttrapez auf den schwarzen Zementboden. »Hallo?«, rufe ich.
»Hi«, antwortet eine von Jakes ständigen Mitarbeiterinnen, als ich das Büro betrete. Sie klappt den Kragen ihres Mantels herunter und fährt die Computer herunter.
»Hi, ich hab gar nicht mitgekriegt, dass noch jemand hier ist.«
»O ja«, sagt sie und lässt mit klappernden kanariengelben Holzarmreifen einen Stapel Aktenmappen in ihre weiße Lackleder-Tragetasche gleiten. »Wir befinden uns auf der Zielgeraden.« Während der Bildschirm ihres Macs schwarz wird, greift sie hinter sich, um eine Fünf von einem postergroßen Kalender an der Wand abzureißen, hinter der eine Vier zum Vorschein kommt.
»Ach, die Anzahl der Tage, bis die Asientour beginnt«, sage ich und nicke verstehend.
»Nein.« Sie zieht sich das Gummi aus dem Pferdeschwanz und steckt es sich zwischen die Zähne. »Na ja, das auch. Aber eigentlich ist das unser -«, sie schwenkt den Arm durchs Büro, »Countdown, bis wir unser Leben zurückkriegen.« Sie nimmt das Gummi und bindet sich wieder die Haare zusammen. »Ich meine, es ist alles total aufregend, aber wenn er in der Stadt ist, gibt es keine Verschnaufpausen. Dieser Mann hat den Arbeitsethos der Pilgerväter.«
»Echt?«, frage ich. »Ich dachte, das Plattenlabel diktiert dieses Tempo.«
»Nicht doch.« Sie knipst die Schreibtischlampen aus. »Wenn er nicht gerade im Studio ist, ist er auf Tour. Während er im Tourbus sitzt, liest er Drehbücher, wenn er dreht, prüft er Verträge, und während er Promotion macht, recherchiert er jedes globale Problem, das man sich nur vorstellen kann. Und er pflegt sich geradezu krankhaft.« Sie schüttelt den Kopf wie eine Mutter beim Elternabend. »Der Mann
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