Liebe auf eigene Gefahr Roman
tätschle ihr den Kopf und vergesse einen Moment lang das Mieder, das mir auf die Taille rutscht. Schnell reiße ich die Hände vor die nackte Brust. »Tja, hier würden wir beide reinpassen, und alle unsere Enkelkinder dazu.«
Sie steht auf, nimmt das pfirsichfarbene Kleid vom Bügel und schiebt mich zu meiner Kabine. »Probier das an. Das sieht bestimmt süß an dir aus. Außerdem hat es Spaghettiträger, vielleicht gar keine schlechte Idee.«
»Du gibst also zu, dass ich keine Möpse habe.«
»Ich sage nur, dass Spaghettiträger deinen Möpsen besonders schmeicheln würden.« Sie lächelt zuckersüß, bevor sie meine Tür schließt. »Also, was ist jetzt mit Craig?«, ruft sie.
Ich denke über ihn nach, während ich den schweren Satinstoff abschüttle und das Cocktailkleid vom Bügel nehme. »Er ist ganz süß, schätze ich.«
» Und nett. Und intelligent.«
Ich steige in die kratzige Krinoline. »Ich habe bloß noch nie auf die Art über ihn nachgedacht.«
»Auf welche Art? Auf die Jake-Sharpe-Art?«
Ich stecke meinen Kopf zur Tür hinaus. »Ja.«
Sie schaut mich aus zusammengekniffenen Augen an. »Katie, wir können nicht zulassen, dass alle außer uns einen Freund haben, bloß wegen Rick Swartz und Jake Sharpe. Wir müssen uns weiterentwickeln.« Mit gesenktem Blick wickelt sie das Haarband doppelt um ihr Handgelenk. »Ich frage jedenfalls Randy Bryson.«
»Echt?«
»Ja. Ich glaube, seine Augen passen gut zu diesem Blumenmuster.« Sie hebt ihren Rock und arrangiert ihn anmutig um ihre Beine. »Also, mach jetzt dieses Kleid zu und lass uns das hier endlich abhaken.«
Meine gesamte Energie ist auf das eine Haar konzentriert, das partout nicht wie die anderen liegen will, die mit Haarspray zusammengedreht und mit einer pfirsichfarbenen Schleifenspange aus Satin festgesteckt sind. Ich bin drauf und dran, mir das widerspenstige Haar einfach auszureißen, als die Tür zur Damentoilette aufgeht und laute Musik hereinschwappt, gefolgt von Kristi Lehman.
Sie zwängt sich in eine Kabine und zerrt lagenweise weiße Spitze hinter sich her. »Du bist mit Craig hier, stimmt’s?«, ruft sie heraus.
»Ja!« Mit der Hand an der Tür bleibe ich stehen, weil ich
nicht sicher bin, ob sie schon mit mir fertig ist, schließlich will ich die Königin nicht beleidigen.
»Er ist nett. Hat mal bei mir um die Ecke gewohnt.«
»Ja klar, er ist wirklich nett«, sage ich, obwohl er eigentlich gar nichts wirklich ist, soweit ich das beurteilen kann. Er hat in der Sozialkundestunde das Ja-Kästchen angekreuzt, und jetzt sitze ich hier mit einem Jungen, der seit sieben Uhr abends nichts anderes getan hat, als schüchtern zu lächeln und mich um den Brotkorb zu bitten.
Die Kabine geht auf, und sie kommt heraus und rückt sich das trägerlose Kleid über ihrem berühmten großen Busen zurecht. »Tja, ich bin mit Jake hier. O verdammt, du stehst auf ihn, stimmt’s?« So heißt es zumindest. »Du hasst mich doch jetzt nicht, oder?« Ohne sich für eine Antwort zu interessieren, dreht sie sich zum Spiegel, um ihre Lippen nachzuziehen. »Wir gehen jetzt miteinander. Du weißt schon, offiziell.«
Ich fühle mich, als hätte sie mir alle zehn ihrer aufgeklebten Fingernägel in die Rippen gebohrt. »Das ist toll! Nein, ich – wirklich super.«
Sie hält einen Moment inne, und der geriffelte Silberstift schwebt über ihrem Mund, während sie mich im Spiegel mustert. »Du bist süß.«
»Ihr zwei seht echt gut zusammen aus«, höre ich mich hinzufügen. »Also, viel Spaß noch!«
Ich schiebe mich zurück in heulende Gitarrenklänge und steuere schnurstracks auf den Trinkwasserbrunnen zu. Vornübergebeugt presse ich die Hand gegen die Brust, damit mir keine Perversen in den Ausschnitt gucken, und tue so, als würde ich trinken. In Wirklichkeit schaue ich nur, wie das Wasser Kreise zieht und im Abfluss verschwindet. Jake Sharpe hat es also nach ganz oben geschafft. Ohne auch nur ein Wort zu mir gesagt zu haben.
Ich lasse den Metallknopf los, richte mich auf und halte
die Schultern gerade, damit mein ganzer Rückenausschnitt zu sehen ist. Dann umrunde ich die Gruppe in Blazer gekleideter Lehrer, um auf der Tanzfläche, wo sich die Jungs gegenseitig wie die Wahnsinnigen mit ihren abgenommenen Krawatten verkloppen, nach Craig Ausschau zu halten. Nicht ganz das tänzerische Niveau von Dirty Dancing .
Ich gebe meine Suche sofort auf, als ich Laura und die anderen Mädchen entdecke, die es ebenfalls aufgegeben haben und allein in
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